von Trüffel » So 2. Jun 2019, 23:02
Was ich euch schreibe, begleitet mich schon über einen langen Zeitraum, aber jetzt brennt es so sehr, dass es einfach mal raus muss...
Ihr kennt es bestimmt auch: Man ist draußen unterwegs, ein kleiner Spaziergang, ein Einkauf... Und dann trifft man wen und bekommt die Frage gestellt: "Wie geht's dir denn jetzt inzwischen?"
Ja - und was soll ich da sagen?
Inzwischen sage ich bei den meisten nur: "Ja, gut, passt schon." Weil was anderes wollen die ja sowieso nicht hören.
Schlimmer ist die Aussage: "Man merkt, dass es jetzt endlich aufwärts geht!" - Das habe ich zu einem Zeitpunkt zu hören bekommen, als ein Medikament nach dem anderen versagt hat, ich nur noch ein Gerippe war, mehrere OPs in wenigen Monaten hatte und selbst nicht mehr wusste, wie ich mich noch irgendwie auf den Beinen halten soll.
Habe ich ehrlich geantwortet, musste ich mich rechtfertigen.
Wollen meine Mitmenschen nicht wahrhaben, wie es mir geht? Oder sehen sie es gar nicht? Sind sie selbst komplett überfordert mit der Situation?
Das Letzte, das ich brauche, ist jegliche Form von Mitleid. Aber Vorwürfe sind genauso schlimm. Ich habe mir meine Krankheit ja nicht selbst ausgesucht! Ich wäre auch froh, ich hätte sie nicht. Aber ich kann es nicht ändern.
Ich habe über die Jahre hinweg meinen Schmerz und auch meine Ängste in mich hineingefressen. Nur die Menschen, die mir sehr nahe stehen, wissen, wie es mir wirklich geht. Das In-sich-Hinein-Fressen macht sehr einsam und ich fühl mich oft allein. Auch wenn ich eine Familie habe, die hinter mir steht, kann und will ich sie nicht so sehr belasten.
Es kostet mich mehr Kraft, zu sagen wie es mir wirklich geht, als einfach ein künstliches Lächeln aufzusetzen und zu sagen: "Passt alles." Und offenbar ist mein Gegenüber auch zufriedener mit einer gelogenen Antwort als mit der Wahrheit, denn da bekomme ich dann keine blöden Kommentare und Anschuldigungen.
Ich würde gerne sagen, was Sache ist, wie ich mich fühle, wie es mir geht. Aber mir fehlt die Kraft dazu.
Nenne dich nicht arm, weil deine Träume nicht in Erfüllung gegangen sind;
wirklich arm ist nur, der nie geträumt hat.
(Marie von Ebner-Eschenbach)