Niedergeschlagenheit, "schwarzes Loch"

Psychologischen Aspekte im Zusammenhang mit CED.
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Adnil
neu hier
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Registriert: Fr 11. Nov 2016, 21:49

Niedergeschlagenheit, "schwarzes Loch"

Beitrag von Adnil »

Hallo :)

Ich bin neu hier und ich habe schon einige Beiträge in diesem Forum gelesen.
Wahrscheinlich oder ziemlich sicher geht bzw. gibg es Allen hier schonmal wie mir momentan, wenn nicht noch schlechter.
Trotzdem habe ich das Gefühl, mir einfach mal einen Teil, den ich so mit mir gedanklich rumschleppe, loswerden und teilen zu müssen.

Ich bin 20 Jahre alt, vor über drei Monaten hatte ich starke, unregelmäßige Bauchschmerzen und Durchfälle. Nach längerem Prozedere bekam ich einen Termin zur Darmspiegelung: Diagnose Morbus Chron. Habe dann Budenofalk und Claversal genommen, danach Kortison. Dies zeigte leider bis auf die Nebenwirkungen (Gewichtszunahme, Mondgesicht, Herzrasen, Schlaflosigkeit...) keinen Erfolg. Habe heute meine zweite Intyvioinfusion bekommen, bis jetzt ohne Besserung - was sich laut meines Arztes bald ändern sollte.

Ich fühle mich momentan einfach sehr überfordert mit der Situation. Die Krankheit an sich macht mir schon zu schaffen, die Nebenwirkung (besonders die, die man mir ansehen kann) belasten mich genauso wie die ständigen und langen Arzttermine. Meine Niedergeschlagenheite wirkt sich leider auch auf mein Studium aus, ich bin ziemlich unmotiviert, mir ist einfach alles "zuviel". Mit meinem Freund ist es auch nicht so ganz einfach, ich bin oft schlecht gelaunt und er weiß nicht, wie er mit mir über die Krankheit reden soll usw. Ich glaube, der Aspekt belastet mich mit am Meisten.
Es ist blöd zu beschreiben, ich habe einfach das Gefühl, ich versinke in Selbstmitleid, Ängsten und Zweifel und würde die Krankheit am liebsten von mir abschütteln.

Ja, ich habe die Diagnose noch nicht lange und man muss lernen, damit umzugehen. Nur weiß ich nicht, ob ich noch in "normalen" Maße besorgt und verunsichert bin, oder ob ich mir evtl. professionelle Hilfe suchen sollte. Ihr könnt mir das auch nicht beantworten, aber ich wäre sehr dankbar, wenn ich erfahren könnte, wie ihr euch besonders nach der Diagnose gefühlt habt, wie ihr damit umgegangen seid und wann bzw. wie ihr aus diesem Loch wieder herausgekommen seid. Ich habe nämlich echt Angst, ich drehe noch völlig durch...

Das war ein ziemlich langer Text, ich bedanke mich schonmal bei denen, die sich Zeit nehmen, ihn zu lesen!

Moyomochi
ist öfter hier
Beiträge: 20
Registriert: Mo 9. Mai 2016, 18:01

Re: Niedergeschlagenheit, "schwarzes Loch"

Beitrag von Moyomochi »

Hallo Adnil,

ich bin selber noch ein echter Frischling hier. Ich bekam meine Diagnose MC Anfang Mai. Ich bin aktuell in meinem ersten ausklingenden Schub.
Alles gerät durcheinander. Das Loch ist mir bekannt. Man strampelt sich aber immer wieder ein Stück frei. Ich habe in meiner aktuellen Reha eine gute Therapeutin die
mir Kopfmäßig gut hilft. Auch nach der Kur werde ich mich um Unterstützung eine/r/s Psychologen bemühen. Ich glaube damit kann man viel erreichen und sollte früh damit anfangen.
Auch eine Reha kann ich dir ans Herz legen. Du kommst aus allem raus, hast Zeit Dich mit Dir und der Situation auseinander zu setzen und kommst durch die Therapien auf andere Gedanken.
Von der Wesens und Körperlichen Veränderungen durch Corti kann ich auch ein Lied singen. Eine ganz wichtige Sache die ich sehr schwer und lange habe lernen müssen ist das du dir Zeit geben mußt.
Es ist keine Grippe, die nach drei tagen wieder verschwindet. Der ganze Mist beutelt Dich und Du brauchst Zeit, Energie und Ruhe. Gib sie Dir. Ich hoffe Du hast Familie und Freunde die Echtes Verständnis haben und dich unterstützen.
Hier gibt es auch einen Chat. Ich selbst habe ihn seid meiner Diagnose besucht, Freunde und viel Unterstützung gefunden. Denn wirklich komplett verstehen können Dich nur Betroffene.

Leider kann ich nicht sagen wann, aber ich kann sagen dass es besser wird.

Ich hoffe ich konnte ein wenig helfen.
Bis dann Moyo

Summmmmm
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Beiträge: 11
Registriert: So 27. Sep 2015, 10:23

Re: Niedergeschlagenheit, "schwarzes Loch"

Beitrag von Summmmmm »

Hallo ihr zwei Neulinge ;)

Ich habe meine Diagnose seit bereits 13,5 Jahren. Ich war damals 13 und habe sehr viel und gerne Sport gemacht. Als ich die Diagnose bekommen habe hatte ich schon ein Jahr lang sehr untypische Beschwerden für Morbus Crohn, aber die Vermutung war schon länger da. Als ich damals also als kleines Mädchen die Diagnose mc bekam habe ich geweint. Lange und viel. Meine Mama stand mir ab da an sehr intensiv zur Seite. Bis dahin dachte ich Sport ist das ohne dem ich nicht leben könnte, aber plötzlich sollte ich keinen Sport mehr machen. Man hat damals noch gedacht das Sport sich lediglich negativ auf den Crohn auswirkt... so war es bei dir damals, aber ich würde dir gerne etwas mit auf den Weg geben, respektive euch zwei ;)

Ihr solltet euch erst einmal im Klaren sein was ihr wollt für euch und eure Gesundheit. Das glingt banal aber das wichtigste war für mich immer ein Ziel vor Augen zu haben etwas woran ich mich fest halten kann wofür es sich lohnt zu kämpfen, durchzuhalten... Und wieviel ihr über die Erkrankung wissen wollt. Es gibt die Sorte an Patienten die alles noch das kleinste Detail wissen wollen und es gibt die Sorte die besser damit umgehen kann wenn sie es einfach auf sich zukommen lassen.

Ich bin zwei Jahre nach meiner Diagnose zur Kur gefahren. Es hat mir für die Erkrankung an sich nicht viel gebracht aber es hat mir in so fern etwas gebracht zu wissen nicht alleine zu sein. Das hat mir damals sehr geholfen

Das mit deinem Freund ist so eine Sache... Ich lebe jetzt seit sieben Jahren in einer glücklichen Partnerschaft und es gibt Momente wo ich denke das kann doch nicht sein ernst sein er will sich doch nicht durch mich das Leben versauen ich bin doch gerade wenn ich Schübe habe oder operiert wurde ein Klotz am Bein und er macht sich nur Sorgen und... Und dann wenn die Phase vorbei ist dann sehe ich auf das zurück was wir erreicht haben. Wir sind zusammen ausgewandert. Haben mehrfach schöne Urlaubstage erlebt haben einen Freundeskreis aufgebaut und haben auch beide beruflich einiges erreichen dürfen... Soetwas brauchst du.

Du sagtest du denkst über einen Psychologen nach. Klingt komisch aber mach es so schnell wie möglich. Er kann dir auch Tipps geben wie du mit Freunden und Familie später auch Arbeitskollegen kommunizieren kannst oder willst. Das ist mein größtes Problem. Ich kann mit Mitleid nicht umgehen u d das ist das erste was dir gegenüber gebracht wird, aber auch für Verständnis musst du reden :roll:
Ich habe erst durch meinen Partner den Mut gefunden jetzt wirklich zum Psychologen zu gehen aber ich denke es geht mir gut damit und du redest ja nicht permanent über deinen Crohn. Aber du das wichtigste ist das du mit deinem Therapeuten auf einer Wellenlänge bist

Ich hoffe es hilft dir etwas.
Ansonsten hier hat immer ein offenes Ohr

Summmmmmmmm

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Aral
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Diagnose: CU und PSC seit 2005
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Re: Niedergeschlagenheit, "schwarzes Loch"

Beitrag von Aral »

Hallo,
meine Diagnose von CU bekam ich vor 11 Jahren. Ironischerweise habe ich mir damals noch keinen großen Kopf darüber gemacht. Das kam erst als ich in die neunte Klasse kam, wo ich mich einer Lebertransplantation unterziehen musste. Erst ab diesem Zeitpunkt (das war im Jahr 2010) viel ich in dieses schwarze Loch. Es ging gesundheitlich bei mir nämlich immer rauf und runter. Sobald ich gerade wieder fit war lag ich wieder im Krankenhaus. Das lief eine ganze Weile so. Doch stand eines für mich bombenfest.
Zu einem Psychologen wollte ich nicht, weil es mir noch immer schwer fällt einen Fremden anzusehen und über mich und meine Krankheit zu sprechen. Meine Mutter war immer für mich da und half mir. Immer wenn ich kurz vorm kapitulieren stand hat sie mich aufgebaut.
Ich habe es erst im Mai 2015 geschafft aus diesem Loch herauszukommen. Es klingt vielleicht total dämlich, aber was mich da herausgeholt hat war Nugget. Jetzt wirst du dich fragen wer Nugget ist. Für einen Jungen ist es ein merkwürdiger Name, ja. Nugget ist mein Labrador. Seit er in meinem Leben ist bin ich ein anderer Mensch. Er hilft mir alles zu verarbeiten und zu ertragen einfach in dem er da ist und er selbst ist.
Wenn du Tiere magst ist das vielleicht auch was für dich. Oder du schreibst deine Gedanken, Gefühle, Hoffnungen einfach auf. Einfach für dich und wenn es keiner lesen soll versteck es einfach in deinem Zimmer. Mir hilft das auch.
Hoffentlich konnte ich dir ein wenig helfen. Doch denk immer daran: Nach einem runter kommt immer ein rauf!
Aral

mya.stone
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Re: Niedergeschlagenheit, "schwarzes Loch"

Beitrag von mya.stone »

Hallo Adnil,

der Beitrag ist schon eine Weile her, aber ich möchte mich trotzdem mal dazu äußern.

Ich hab die Diagnose CU letzten Juni bekommen. Ironischerweise wusste ich vorher schon, was CU ist, weil ich genau diese und andere Krankheiten mit einer Freundin für die Gastro-Prüfung gelernt habe und mir immer geschworen habe, dass ich NIE, NIEMALS so was haben möchte - und nun steh ich da :-D

Bei mir ist der körperliche Verlauf eher leicht, aber ich habe Probleme mit der Psyche, die, so meinte meine Hausärztin, sehr viel mit der CU und Stress zu tun haben. Bei mir bestehen zur Zeit große Unsicherheite, wie es weitergeht und das macht mir zu schaffen. Oft fühle ich mich total müde, auch wenn ich 8 Stunden geschlafen habe. Dazu kommt Antriebslosigkeit, keine Lust auf alltägliche Sachen, die mir sonst Freude machen und Angst vor der Zukunft, da alles so unsicher ist im Moment. Das geht immer mal rauf und runter. Und jetzt habe ich es endlich gewagt, mal Psychotherapie anzusprechen. Meine HA gab mir eine Überweiseung und meinte, ich müsse halt sehen, ob das was für mich wäre. Persönlich denke ich, dass es mir sehr gut tun wird, da ich dort endlich mal alles sagen kann, was ich mich sonst nicht traue (sowohl über die CU als auch allgemein). Dazu habe ich Opipramol bekommen (in minimaler Dosis) - habe heute damit angefangen; mal sehen, ob es wirkt.

Ich denke, dass es sehr wichtig ist, mit jemandem über seine Sorgen, Ängste etc. zu reden, und zwar sowohl aus medizinischer Sicht als auch aus alltäglicher Sicht. Und ich persönlich kann das in meinem Umfeld nicht bzw. will ich es auch nicht, weil ich zum einen andere nicht damit belasten will und zum anderen denke, dass ein Psychotherapeut als "Unbekannter" vielleicht nochmal eine ganz andere Sichtweise mitbringt. Daher wäre mein Rat, es unbedingt zu versuchen. Lass uns doch mal wissen, was du für Erfahrungen gemacht hast!

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