MC und Z.n. Kolektomie

Neu im Forum? Hier könnt Ihr Euch vorstellen. Im eigenen Interesse bitte keine richtigen Namen nennen.
Antworten
Regenschirm
ist öfter hier
Beiträge: 26
Registriert: Di 3. Aug 2021, 18:12

MC und Z.n. Kolektomie

Beitrag von Regenschirm »

Hallo und guten Tag liebe Forumteilnehmer,

nachdem ich immer wieder mal Eure Beiträge mitgelesen habe, möchte ich mich hier heute als 56 jährige mit 25 Jahren MC "outen".

Zunächst einmal Danke für das tolle Engagement, das einige hier zeigen. Ich selbst habe in meiner seit 1996 existierenden MC-Karriere in den leider nie wirklich langen Remissionszeiten immer wieder den Wunsch verspürt, die Krankheit auszublenden. Umso mehr ziehe ich den imaginären Hut vor allen, die sich so ausdauernd mit dieser Thematik auseinandersetzen und Informationen weitergeben.

Ich habe eine MC-Form die bisher zwar auf den Dickdarm beschränkt war und ohne Fisteln und Abzesse verlief.
Mein Verlauf war jedoch therapie-refraktär und obendrein von diversen extraintestinalen Manifestationen (Haut, Augen, Gelenke, Gallengänge) geprägt, so dass ich mich im Oktober 2019 nach Subileus und Pancolitis nicht mehr gegen die Kolektomie wehren konnte. Nun habe ich ein endständiges Ileostoma, mit dem ich nicht so recht froh werde und ringe seit Monaten um eine Entscheidung, ob ich eine RV , also Anschluss des Dünndarms an Hartmannstumpf wagen sollte. Hier im Forum habe ich viele Beitrãge zu Kolektomie bei CU und Pouchanlage gefunden. Die vollständige Dickdarmentfernung bei MC scheint doch eher sehr selten zu sein. Vielleicht utopisch, aber ich wüsste zu gerne, ob es einen Trend gibt, hinsichtlich Verbesserung der empfunden Lebensqualität bei Betroffenen, die ohne Colon und ohne Pouch mit Anschluss des T E ans Rektum leben. Hat da jemand Erfahrungen oder kennt jemanden, der welche hat?

Viele Grüße und Danke schon mal
P.S. sollte ich vielleicht eine andere Rubrik wählen, damit ich "treffsicherer" adressiere?

Benutzeravatar
neptun
Inventar - wird täglich mit abgestaubt
Beiträge: 5498
Registriert: Do 20. Dez 2012, 19:58

Re: MC und Z.n. Kolektomie

Beitrag von neptun »

Hallo Regenschirm,

ich kenne nur eine Frau mit Kolektomie bei mc. Auch da ließ der Verlauf keine Wahl.
Ob nun der Hartmannstumpf/Rektum bei Anschluß noch lang genug und geeignet ist, den Stuhl etwas zu entwässern und zu speichern, ich weiß es nicht.
Auch nicht, welche Stuhlfrequenz mit dem dünnflüssigen Stuhl im allgemeinen dann möglich wäre.
Ich denke, da kannst Du Dich wohl nur an eine Spezialklink wenden und dort nachfragen, welche Erfahrungen vorliegen. Hier ist ja fast nur aktuelles Publikum, und daher sehe ich die Chance gering, weitere Betroffene mit genau solch speziellem Problem zu finden.
Vielleicht wissen die Dres. Heuschen als Viszeralchirurgen mehr:
https://www.st-vincenz.de/medizinische- ... echstunde/

Ein Pouch wird wohl abgelehnt wegen der allgemeinen Gefahr, der mc geht da hinein.

Ist Dein Stoma denn irgendwie ungeschickt angelegt worden?
Wir geben immer den Tip, man soll vor der OP mit einer versierten Stomakraft die für einen richtige Stelle finden und anzeichnen, aufgrund der Körperstruktur, bei Bewegung und der Vorliebe, welche Kleidungsstücke getragen werden.

Vielleicht hilft der Link Dir weiter.
Es gibt noch weitere Koryphäen, an die Du Dich wenden kannst.

LG Neptun

Regenschirm
ist öfter hier
Beiträge: 26
Registriert: Di 3. Aug 2021, 18:12

Re: MC und Z.n. Kolektomie

Beitrag von Regenschirm »

Guten Tag Neptun,
und herzlichen Dank für Deine Antwort. Du bestätigst meine Befürchtung, dass es sehr schwer ist, Menschen mit dieser Thematik zu finden. Hier in der SHG der Stadt wußten sie auch niemanden. Die Frau, die Du erwähnst, lebt mit Stoma? Mein Stoma ist, glaube ich ganz ordentlich. Aber seit der Op bin ich in einem seelischen Loch und schlecht darin, mich mit den Gegebenheiten abzufinden. Ich staune oft, wenn ich lese, mit welchem Enthusiasmus gerade junge Betroffene ihr Leben mit Stoma angehen. Das ist ja gut und sinnvoll. Ich habe nun so viele Jahre versucht, meinen Darm eher als Seismographen zu sehen, der mir zeigt, dass ich was ändern sollte und zwischendurch gab es Zeiten, da er so mustergültig gearbeitet hat, dass ich immer wieder Hoffnung geschöpft habe, auf einem guten Weg zu sein. Nun wird es diese Zeiten nie wieder geben und das fühlt sich so nach Trauer an für mich. Und dann hadere ich mit mir, denn ich muss zugeben, dass mit der OP auch die Erytheme an meinen Beinen abgeheilt und bisher nicht wieder gekommen sind. Darüber könnte ich eigentlich froh sein. Aber ich fühle mich nicht frei im Agieren, da ich nie frei von Angst vor einem Stomaunfall bin. Die vielen geschlossenen Toiletten während des Lockdowns light haben bewirkt, dass ich mich kaum noch aus dem Haus getraut habe. Meine ganzes Empfinden ist irgendwie so verschoben seit der Op, dass ich mich manchmal frage, ob mit dem Anteil des Mikrobiom auch ein Teil meiner Persönlichkeit verloren ging. Aber das führt jetzt ins Endlose. Auch alles was vorher in Bezug auf Ernährung gut und richtig war, scheint jetzt auf den Kopf gestellt. So hatte ich rausgefunden, dass viele Ballaststoffe sehr bekömmlich waren, wenn sie nicht gemeinsam mit leicht verdaulichen Kohlehydraten gegessen habe . Aber jetzt führen sie nur noch dazu, dass der Beutel in noch kürzeren Abständen geleert werden muss. Und ich finde auch diese Abhängigkeit bzw. dieses nicht vollständig Sein ohne künstliche Hilfsmittel erschreckend. ( Bei Feueralarm o.ä. als erstes einen Karton mit Stomaversorgungen ansacken?) Ich habe leider zu viel negative Fantasie. Ich weiß, vieles ist Kopfsache . Manchmal ist die Vorstellung, wieder auf dem Bauch liegen zu können, einen Rucksack tragen zu können, dessen Gewicht der Hüftgurt abfängt, nicht mehr ständig kontrollieren zu müssen, ob noch alles dicht ist(weil ich es einfach wieder spüren kann) , wieder essen zu können ohne schon dabei daran zu denken, wie schnell es wieder da ist oder wie es dann riecht so ein Wunschdenken. Manche Menschen sagen, dass der letzte Abschnitt des Dünndarms lernen würde , den Stuhl wieder einzudicken.
Ich weiß nicht , was da dran ist, naja und dann ist halt die Frage, ob der Crohn dann nicht doch eher im Dünndarm wieder aktiv wird.
Dankeschön auf alle Fälle auch für den Link. Werde ihm gleich mal nachgehen.

Herzliche Grüße
Regenschirm

Benutzeravatar
neptun
Inventar - wird täglich mit abgestaubt
Beiträge: 5498
Registriert: Do 20. Dez 2012, 19:58

Re: MC und Z.n. Kolektomie

Beitrag von neptun »

Hallo Regenschirm,

wahrscheinlich kennst Du das Stomaforum. Sicher eine gute Plattform.
Die Frau hat ein Stoma und kommt sehr gut damit zurecht.

Möglicherweise kannst Du es mal mit Colestyramin versuchen, ein Harz, welches die Gallensäure bindet.
Und symptomatisch gäbe es z.B. Loperamid, um die Peristaltik einige Zeit zu lähmen.
Und hast Du mal Budesonid, also Entocort oder Budenofalk versucht? Es könnte die Resorption von Wasser verbessern.
Vielleicht sprichst Du mit dem Arzt mal über diese Dinge.

Und es ist toll, daß anscheinend die Erythema nodosum Geschichte sind bei Dir.
Andere Begleiterscheinungen, wurden die auch besser?

Daß Du das Haus quasi nicht oder kaum mehr verlassen hast, das ist krass. Ist bei Stoma auch wohl selten. Eher beim imperativen Stuhldrang wird das geschildert, weil man da von einem Augenblick zum nächsten den Stuhlgang nicht mehr kontrollieren kann, also für einen Moment inkontinent ist. Was man eigentlich nur bei Demenz, Krebs, etc. kennt.

Lies mal wegen der Angst vorm Stomaunfall über den "imperativen Stuhldrang", und was es bedeutet, das Haus nicht mehr zu verlassen, in eine soziale Isolation/Vereinsamung zu kommen. ( Leben in langer Zeit der Arbeitsunfähigkeit oder als Erwerbsminderungsrentner).
Vielleicht verhelfen Dir meine Artikel zu einer etwas anderen Sicht.

https://forum.dccv.de/viewtopic.php?f=3 ... 661#p12661
https://forum.dccv.de/viewtopic.php?f=1 ... ner#p38908

LG Neptun

Regenschirm
ist öfter hier
Beiträge: 26
Registriert: Di 3. Aug 2021, 18:12

Re: MC und Z.n. Kolektomie

Beitrag von Regenschirm »

Hallo Neptun, oje jetzt habe ich bestimmt eine Stunde an ner Antwort geschrieben und die ist plötzlich im Nichts verschwunden. Hm ich nehm es als Omen, das ich sowas nicht ins Forum geben sollte.
Auf alle Fälle vielen Dank an Dich und ich nehme morgen nochmal Anlauf , vielleicht ja als PN. Ich sage erstmal gute Nacht...

floyd
ist öfter hier
Beiträge: 25
Registriert: Fr 19. Feb 2016, 18:28

Re: MC und Z.n. Kolektomie

Beitrag von floyd »

Hallo Regenschirm,

Ich bin 55 Jahre und hatte Sep.2015 meine Kolektomie mit einem Stoma für ein viertel Jahr .Jetzt lebe ich mit einem Pouch , Das Lebeb ist natürlich angenehmer als mit Stoma, aber auch hier geht nicht immer alles Gut aus .Zur Zeit besuche ich das WC so 10 mal ( 06..-24..uhr) und dann noch 1-2 in der Nacht. , zusätslich hatte ich die ersten Jahre eine chronische Pouchits . Viele Medezin ausprobiert , aber was ich sagen will , das Leben mit Pouch ist für mich besser als mit Stoma. Vieleicht konnte ich Dir eun bisschen Helfen, ich bin kein guter schreiber ,aber wenn Du noch Fragen hast bitte . Ich mal wieder im Forum vorbei ,
Bis dahin alles Gute
floyd

Regenschirm
ist öfter hier
Beiträge: 26
Registriert: Di 3. Aug 2021, 18:12

Re: MC und Z.n. Kolektomie

Beitrag von Regenschirm »

Hallo floyd,
vielen Dank , dass Du mir Deine Erfahrung mitteilst ,
Dir auch alles Gute
Regenschirm

Regenschirm
ist öfter hier
Beiträge: 26
Registriert: Di 3. Aug 2021, 18:12

Re: MC und Z.n. Kolektomie

Beitrag von Regenschirm »

Nach langer Zeit melde ich mich an dieser Stelle zurück. Ich hatte mich nach einem sehr ermutigenden Zweitmeinungs- Gespräch an der Charité in Steglitz zur Stomarückverlegung mit Anschluss des Dünndarms an den Hartmannstumpf zu dieser OP entschlossen. Ich lebe in einer Universitätsstadt mit großem Uniklinikum, dass von sich behauptet, zu den Besten zu gehören. Hier haben sich nach jedem chirurgischen Gespräch die Zweifel eher verstärkt und am Ende ( manchmal auch am Anfang) stand stets der Binsensatz, diese Entscheidung könne mir niemand abnehmen. Ach was! Nach Berlin bin ich mit einem A4 Blatt voller Fragen gefahren, um ja nichts zu vergessen. Ich habe nicht eine davon gestellt. Der Doktor erzählte mir nach eingehender Studie meiner mitgebrachten Befunde von seinen Vorschlägen dazu und in meinem Kopf konnte ich ein Häkchen nach dem anderen setzen. Da war klar, vor mir sitzt ein Mann, der die Sorgen und Nöte und Ängste der Crohn-Patienten sehr gut kennt und empathisch damit umgehen kann. Dazu kam das Angebot evtl. noch auftauchende Fragen per Mail zu stellen. Dies und die klare Aussage, dass ich keine Inkontinenz zu befürchten hätte, erleichterten die Entscheidung. Vor zehn Tagen war es nun endlich soweit und nun habe ich die Op glücklich hinter mir. Wer sich also mit dieser Fragestellung ebenfalls konfrontiert sieht, kann sich gern an mich wenden.
Viele Grüße
Regenschirm

Antworten