Hallo aus dem Norden - Proktitis und jetzt ausgebreitet ?!

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Usta20
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Hallo aus dem Norden - Proktitis und jetzt ausgebreitet ?!

Beitrag von Usta20 »

Moin aus dem Norden,

kurzes zu mir und meinen Bedenken.
Vor fast genau 2 Jahren habe ich (mit 26) nach meiner ersten Darmspiegelung die Diagnose „Proktitis“ erhalten. Nach mehreren (verschiedenen) Arztbesuchen habe ich dann etwa 2 Monate nach der Diagnose mit einer Therapie begonnen (2x täglich 500mg Mesalazin Zäpfchen). Die Therapie soll soweit ca. 2 Jahre gehen und müsste bald (hoffentlich) vorbei sein.

Ende letzten Jahres ging es mir etwas schlechter. Wobei ich sagen muss, dass ich nie die „richtig typischen“ Symptome hatte. Also kaum Durchfälle und „nur“ 1-2 mal blut im Stuhl. Jedoch häufiger Schleim dabei.

Deshalb habe ich im Januar 2021 meine 2. Darmspiegelung erhalten. Diese war leider erneut als aktive Entzündung ausgewiesen. Diesmal jedoch nicht im Enddarm sondern direkt am Blinddarm (nicht Appendix). Anschließend habe ich erst einmal 3g Granustix verschrieben bekommen und nach wenigen Wochen (nach deutlichen Besserungen) auf 1,5g pro tag reduziert. Seit nun etwa 1-2 Monaten hat mein Arzt die Dosis erneut auf 3g erhöht und für 2 Wochen Budenofalk hinzugefügt, da ich immer wieder Schmerzen am rechten Unterbauch habe. Die Schmerzen sind mal stärker und mal überhaupt nicht zu spüren. Stuhlgänge sind mal normal und mal breiig, etwas schleimig. Eine erneute Stuhlprobe war nicht auffällig, sodass ich das Budenofalk wieder abgesetzt habe.

Nehme weiterhin 2x täglich die Zäpfchen + 1x morgens 3g Granustix. Schmerzen habe ich jedoch weiterhin immer wieder mal.

Das sind auch meine Bedenken bzw. Ängste. Habe große Angst, dass sich die Krankheit weiter ausbreitet bzw. dass die Entzündung weiterhin stark aktiv ist, da Schmerzen vorhanden.

Werde mich zeitnah erneut meinem Arzt vorstellen. Doch dieser hatte mir telefonisch bereits gesagt, dass es unwahrscheinlich ist, dass die Schmerzen vom Darm ausgehen, da die stuhlprobe negativ war.

Gerade Heute waren die Schmerzen erneut sehr stark am rechen unterbauch. Deshalb habe ich wieder stärker gegooglet und bin auf die dccv gestoßen.

Habt ihr tipps oder Erfahrungen ?

Mir macht es außerdem Sorgen, dass „nur“ Blinddarm und Enddarm betroffen sind. Auf meine Frage, ob es nicht doch Morbus Crohn sein könnte, meinte mein Arzt anhand der Laborergebnisse nein - es ist eine seltenere Form von Colitis Ulcerosa.

Vielen Dank und liebe Grüße aus Bremen

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neptun
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Re: Hallo aus dem Norden - Proktitis und jetzt ausgebreitet ?!

Beitrag von neptun »

Hallo Usta,

willkommen im Forum.
Eine Proktitis ist im Rektum lokalisiert, kann in der Ausbreitung so zwischen 5cm und 16 cm liegen. Da ist es nicht verwunderlich, keinen Durchfall zu haben. Dafür müßte mindestens noch das Sigma betroffen sein, denn im absteigenden Dickdarm wird der Stuhl am meisten entwässert. Was durch Entzündung eingeschränkt sein kann.

Die Kombination von Entzündung im Bereich der Ileozökalklappe, bei Dir Zökum, mit dem Rektum ist bei mc nicht selten. Die Aussage, es handele sich um eine spezielle cu, die kann man immer mal lesen. Entbehrt jedoch nach meiner Erfahrung jeglicher Grundlage.
Bei mc ist ganz typisch, es gibt Entzündungsherde oder segmentale Entzündungen.
Und die Art der CED kann man in der Histologie von Biopsien selten nachweisen, weil fast alle Veränderungen in beiden CED auftreten können, nur statistisch in unterschiedlicher Häufigkeit. Einzig das Auffinden von Granulomen weist eindeutig auf mc hin, nur werden diese bei 25-40% der Proben von mc überhaupt gefunden. Also ist kein sicherer Rückschluß möglich.

Wurde über die Stuhlprobe denn der Calprotectinwert als spezifischer Marker für Entzündungen im Magen-Darm-Trakt bestimmt? Wie hoch ist er?

Hast Du denn auch Geräusche im rechten Unterbauch, als wenn Nahrungsbrei gurgelnd zurück läuft, kannst eventuell eine Walze unter der Bauchdecke ertasten oder sehen?

Eine mögliche Stenose/Engstelle entsteht bei mc, weil die Entzündung die gesamte Darmwand betrifft, transmural ist. Daher gibt es eine Darmwandverdickung und das Lumen, der freie Durchgang, verringert sich.
Bei cu ist nur die Darmschleimhaut entzündet und die Darmwand schwillt kaum an.

LG Neptun

Usta20
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Re: Hallo aus dem Norden - Proktitis und jetzt ausgebreitet ?!

Beitrag von Usta20 »

Hallo Neptun,

vielen Dank für die schnell Rückinfo.

Zum Anfang (Juni 2019) war der Calprotectinwert bei knapp 2.000.
Jetzt zuletzt war er bei 200-300 meine ich. Müsste aber noch einmal nachsehen.

Die Geräusche bzw. so ein gluckern habe ich eher am Enddarm. Ab und an habe ich das Gefühl, nicht richtig entleeren zu können.
Es ist so, dass ich eigentlich müsste, aber es dann nicht zur Entleerung kommt, bzw. verzögert. Hinzu kommt, dass ich besonders
morgens stärkere Blähungen habe und über den Tag verteilt die Schmerzen am rechten Unterbauch, die auch bis zur Leiste bzw. Beckenknochen ziehen und sich bemerkbar machen. Wie erwähnt mal stärker und mal kaum bis gar nicht.

So wie es sich anhört kann ich also nur in seltenen Fällen eine genau eindeutige Diagnose erhalten ob CU oder MC richtig ?

Vielen Dank

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neptun
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Re: Hallo aus dem Norden - Proktitis und jetzt ausgebreitet ?!

Beitrag von neptun »

Hallo Usta,

gerne.
Die Histologie ist meist nicht eindeutig, wobei trotzdem viele Gastros den Betroffenen sagen, für eine Diagnose müßten sie gerade auf diese warten.
Wichtiger sind die Symptome (z.B. bei cu ist Blut am Stuhl regelhaft, bei mc deutlich seltener) und Beschwerden und dann vor allem die makroskopischen Zeichen, die der Gastro während der Spiegelung sieht (wie eben die segmentalen Entzündungen oder Entzündungsherde bei mc, während bei cu die Entzündung kontinuierlich ausgebreitet ist mit der stärksten Intensität distal, im Rektum, mit aufgehobener Gefäßzeichnung, tiefrot, etc.).
Leider werden immer wieder merkwürdige Interpretationen angeführt.

Meist ist eine eindeutige Diagnose möglich. Trotzdem tun sich etliche Ärzte schwer. Sie haben wahrscheinlich durch wenige Betroffene in ihrer Praxis auch wenig Erfahrung.
So steht auch in der Leitlinie cu, daß in ca. 10 % der Fälle die Diagnose von cu nach mc wechselt oder ganz verworfen wird. Das ist eine Einbahnstraße, und ich habe dies immer mal wieder zum Thema gemacht im Forum. Ganz verworfen wird wohl recht selten.

War es eine hohe Kolo bis ins terminale Ileum?
Dort gab es keinen Befund?
Du solltest auf jeden Fall alle Befunde in Kopie zu Hause haben, denn eine CED wird man sein Leben lang haben, auch wenn man den Verlauf nicht kennt, und bei Umzug, Arztwechsel hat man dann immer alles beisammen. Und man kann jederzeit alles lesen, denn nicht immer wird vom Arzt ausführlich der Befund kommuniziert, oder man erinnert vielleicht später nicht alles. Dazu kannst Du die Medikation für Dich anführen. Kann hilfreich sein.

Wurde mal eine Sono gemacht vom Bereich der Ileozökalklappe? Wegen Wandverdickung und weil man in der Sono als einziger Methode den Darm in Aktion sehen kann, z.B, ob die Peristaltik in diesem Bereich gestört ist.
Gibt es auch verdickte Lymphknoten in der Leiste?

Die Entleerungsstörung, vielleicht ein verkrampfter Sphinkter?

LG Neptun

Eistee
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Re: Hallo aus dem Norden - Proktitis und jetzt ausgebreitet ?!

Beitrag von Eistee »

Hallo Usta,

Bei mir steht eine Diagnose auch noch vor der Tür. Als ich vor paar Monaten bedingt durch eine Laparoskopie im Krankenhaus war (nach länger ambulanter Gastro-Behandlung), überlegte mein ambulanter Gastroarzt einen Antikörpertest durchzuführen (BAk, pANCA, PAk und ASCA). Leider wurde daraus nichts, da er als Krankenhausarzt diesen Antikörpertest in ambulanter Behandlung nicht durchführen durfte.
Dieser Test wird eigentlich in der Differentialdiagnostik benutzt und nur selten in der eigentlich Diagnostik (zu wenig Aussagekraft), vielleicht aber genau deswegen würde er dir weiterhelfen?

Während CU`ler wenn dann eher Autoantikörper (Ak) gegen Granulozyten (pANCA) und/oder Ak gegen Becherzellen (BAk) aufweisen, weisen Morbus Crohn Patienten eher Ak gegen exokrine Pankreas (PAk) und/oder Ak gegen Saccharomyces cerevisiae (ASCA).

Dieser Test liefert aber kein eindeutiges Ergebnis weshalb eine Diagnose anhand des Tests schwierig ist, zur Differentialdiagnose aber wie gesagt kann dieser Test helfen. Dies liegt daran, dass nicht alle Mc- oder Cu-Patienten diese eben genannten Ak besitzen. Je nach Studie variieret die Anzahl der CED-Patienten mit eben genannten Ak. Die letzten Werte die ich gefunden hatte waren:
Cu`ler: BAk: 28%; pANCA: 67%; PAk: 2%; ASCA: 2%
MC`ler: BAk: 0%; pANCA: 7%; PAk: 39%; ASCA: 67%

Sollte sich mit weiteren anderen Untersuchungsmethoden nichts ergeben und bevor einfach wahllos irgendeine Verdachtstherapie gestartet wird, kannst du diesen Test deinem Arzt ja mal vorschlagen.

MfG Eistee

Usta20
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Re: Hallo aus dem Norden - Proktitis und jetzt ausgebreitet ?!

Beitrag von Usta20 »

Moin Zusammen,

danke für eure Informationen. Möchte die Ärzte ungern direkt auf Tests oder Untersuchungsmethoden ansprechen, da es mir so vorkommt ein Besserwisser, etc. zu sein.

Ehrlich gesagt geht es mir zum Glück recht gut, nachdem ich von weiteren Betroffenen in einer Selbsthilfegruppe deutlich schlimmeres gehört habe.

Die Schmerzen am rechten Unterbauch bzw. Hüfte rechts oder Leiste rechts lassen sich auch irgendwie aushalten (ohne Medikamente, usw.)

Mit dem Wechsel der Stuhl-form komme ich auch soweit gut zurecht. Manchmal kann ich nicht ganz zu ordnen, ob es Schleim oder verursacht von den Zäpfchen ist.


Jedoch ist die größte Sorge, dass es sich verschlimmern kann, gerade weil die Schmerzen stärker bzw. häufiger vorkommen.

Was meint ihr zu möglichen Verschlimmerung ?

Eistee
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Re: Hallo aus dem Norden - Proktitis und jetzt ausgebreitet ?!

Beitrag von Eistee »

Hallo Usta,

Das mit "Besserwisser" kann ich verstehen, behalt das aber mal im Kopf sollten weitere Untersuchungen nichts ergeben. Ab einem bestimmten Punkt ist es auch völlig normal sich mit der Materie zu beschäftigen. CED`s sind komplex und nicht ohne Grund wird an ihnen noch geforscht. Auch Ärzte können falsch liegen vor allem bei zu wenig Erfahrung mit CED. Es wird auch immer wieder Empfohlen bei triftigem Verdacht auf eine CED sich "ein Netzwerk" aufzubauen (sprich Erfahrungsberichte zu lesen, mit anderen Betroffenen in Kontakt zu stehen/ Kontakt aufbauen, etc...), auch ein gewisses Fachwissen sollte man sich aneignen. Ärzte haben zig Patienten am Tag die lesen sich nicht vor jedem Gespräch alle Berichte nochmal durch, zum Teil machen manche nur wenige Notizen unsw.... Damit möchte ich Aussagen, dass es nicht selten Vorkommt das bestimmte "Puzzelteilchen" übersehen werden und da kommt man selbst als Patient dann ins Spiel.

Eine Chronisch entzündliche Darmerkrankung sollte auf jeden fall immer behandelt werden. Sonst können Langzeitschäden entstehen, die zum Teil auch gravierend sein können. Damit will ich dir keine Angst machen aber optimal ist dein Zustand ja nicht, auch wenn du die Beschwerden aushalten kannst.
Ich kann leider wenig zur Behandlung sagen, da bei mir (noch) kein mc diagnostiziert wurde.

MfG Eistee

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neptun
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Re: Hallo aus dem Norden - Proktitis und jetzt ausgebreitet ?!

Beitrag von neptun »

Hallo Usta,

bei den CED kann jeder denkbare Verlauf eintreten. Auch nach Jahren sind keine Prognosen möglich. Was eine Kurzzeitprognose angeht, da helfen Einschätzungen anderer kaum weiter, weil allein schon das Verständnis, was ein leichter oder schwerer Schub ist, ziemlich konträr beschrieben wird. Und eine wirkliche Definition gibt es nicht. Aber Du kannst mal in meinem Beitrag dazu lesen.
https://forum.dccv.de/viewtopic.php?f=8 ... bes#p12062

Ich hatte viele Jahre einen chronisch aktiven Verlauf meiner Linksseitencolitis, der dann mit schweren Schüben überlagert wurde. Da war es eine kontinuierliche Verschlechterung mit immer stärker werdender Entzündung und entsprechenden Symptomen und Beeschwerden bis hin zu Fieber, heftigen Tenesmen, vielen Stühlen, teils kamen auch nur Blutpropfen. Da war ich dann lange AU geschrieben.

Bei anderen beruhigt sich eine Verschlechterung schon nach Tagen.
Du mußt lesen und Dir selbst ein Bild machen, mit dem Du dann Deinen Zustand vergleichen kannst.

LG Neptun

Usta20
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Re: Hallo aus dem Norden - Proktitis und jetzt ausgebreitet ?!

Beitrag von Usta20 »

Vielen Dank für eure Antworten.
Die Angst mit der Verschlechterung konnte mir bisher kein Arzt nehmen. Hoffe, dass es sich nicht verschlechtert.

Werde die Tage meine Hausarzt besuchen und auch meinen Gastroenterologon informieren. Bin eigentlich immer über 2 Ärzte in Therapie (Hausarzt hat mit den Zäpfchen begonnen) der Gastoenterologe hat nach der 2. Spiegelung mit dem Granulat gestartet.

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