Panamericana mit dem Rad - trotz Morbus Crohn

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Freeclimber
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Registriert: Fr 24. Feb 2017, 10:29

Panamericana mit dem Rad - trotz Morbus Crohn

Beitrag von Freeclimber »

Hallo zusammen,
ich war vor einigen Jahren schon mal kurz hier im Forum. In den letzten zwei Jahren ist viel passiert. Vor etwa 2 Jahren ist mein MC komplett entgleist, weil ich mich mehr auf die Komplementärmedizin verlassen habe, als auf die Ärzte. Glücklicherweise haben mich die Schulmediziner wieder aufgefangen. Allerdings habe ich mir unter Einnahme von Immunsupressiva einen Noro-Virus, eine Pleuritis und eine Nierenbeckenentzündung eingefangen. Alles gleichzeitig. Mir ging es richtig dreckig. Ich habe in 6 Wochen 16 Kilo verloren. Als die Infektionen abgeklungen waren, begann ich mit Humira. Das hat wunderbar gewirkt. Keine Schmerzen, kein Schub. Den Gewichtsverlust hatte ich durch Fressattacken bald wieder ausgeglichen. Mein Körper war der Meinung, es müsse noch ein kleines Polster dazu - nur für den Fall, dass ich nochmal 16 Kilo abnehme. Innerhalb von einem halben Jahr habe ich 32 Kilo zugenommen. Und dann kam der nächste Schub: Ich hatte Antikörper auf Humira gebildet. Das nächste Mittel war Inflectra. Das hat ebenfalls ein halbes Jahr gewirkt. Dann bekam ich eine allergische Reaktion. Als nächstes habe ich Entyvio bekommen. Das soll ja bekanntlich erst verzögert wirken. Ich hatte mäßig Probleme mit dem MC, drei bis fünf Stuhlgänge pro Tag bei leichten Schmerzen. Aber dann... dann hat sich meine Frau von mir getrennt. Neue Wohnung, neuer Job, viel Streß. Und schon war ich im nächsten Schub. Nach 7 Monaten und 18 kg Gewichtsverlust habe ich die Therapie abgebrochen. Jetzt bin ich wieder beim guten, alten Cortison und mache bald einen zweiten Versuch mit Azathioprin.
Ich muß raus aus dem Streß, brauch Ruhe. Erwerbsminderung? Frührente? Mit 45? Das sind auch keine rosigen Zukunftsaussichten. Ich erfülle mir lieber einen alten Jugendtraum: Die Panamericana mit dem Rad! Meinen Job habe ich bereits gekündigt. Mein Hab und Gut steht zum Verkauf. Wenn (falls?) ich zurückkomme bin ich wahrscheinlich total pleite und wohnungslos. Aber das ist es mir wert.
Und dannach? Ich hoffe, dass ich mich erstmal mit Vorträgen ("Panamaricana", "MC - Was man trotz chronischer Erkrankung schaffen kann", "Teambuilding - wie stelle ich mich schnell auf andere Menschen ein", "Probleme lösen - Tipps für das mittlere Management") finanziell über Wasser halten kann. Ich bin gerade dabei, einen Blog einzurichten auf dem ich zum einen von der Reise berichte, als auch vorab Werbung für meine Vorträge mache. Dann sehe ich unterwegs ja schon, wie groß das Potential ist. Im Zweifelsfall muß ich die Tour abbrechen, bevor mir das Geld ganz ausgeht.

Kaja
könnte auch hier einziehen
Beiträge: 954
Registriert: Mo 5. Okt 2015, 13:39
Diagnose: MC

Re: Panamericana mit dem Rad - trotz Morbus Crohn

Beitrag von Kaja »

Hallo Freeclimber,

ja, das sind auch in letzter Zeit meine Gedanken gewesen. Frührentner? Isoliert zuhause sitzen mit wenig Geld? Und so fertig bin ich glücklicherweise noch nicht ganz. Dennoch ist auch häufig die Arbeit eine Qual.

Ich kann nur sagen: Respekt vor Deinem Mut!

Job kündigen, Zelte abbrechen.

Ich wünsche Dir eine traumhafte Fahrt, tolle Erlebnisse und beste Gesundheit!

Sollen Deine Wünsche kompl. in Erfüllung gehen.

Viele Grüße

Kaja

Polly
ist öfter hier
Beiträge: 48
Registriert: Fr 15. Aug 2014, 18:51

Re: Panamericana mit dem Rad - trotz Morbus Crohn

Beitrag von Polly »

Hallo Freeclimber,

es gibt ja durchaus Geschichten von erkrankten Menschen, die durch eine radikale Veränderung ihres Lebens, was meist bedeutet, endlich das zu machen, was man schon
immer machen wollte, Genesungen erfahren haben. Ich kenne solche Geschichten im Wesentlichen von an Krebs erkrankten Menschen. Dass dies ein Automatismus ist, kann
man sicher nicht unterstellen - zudem gibt es nur wenige solcher Geschichten, weil es nur sehr wenige Menschen schaffen, ihr Leben radikal zu verändern.

Ich wünsche dir von Herzen, dass du mit deinem Vorhaben und deinem Mut eine positive Erfahrung machen wisst.

Faszinierend finde ich bei deiner Geschichte ja auch Folgendes: Recht viele von uns CED-lern, scheint mir, erleben ja, dass Stress immer wieder eine Rolle spielt, auch schubauslösend
wirken kann. Sehr typische Situationen sind ja da gerade Probleme in der Partnerschaft/Trennung, Probleme/Mobbing in der Arbeitswelt. Tatsächlicher oder drohender Verlust
der Wohnung, erst recht aktuell, gehört sicher auch dazu. Sind ja tatsächlich alles drei existenziell bedeutsame Faktoren. Und für manchen von uns CED-lern vielleicht
auch zu bedeutsam und dementsprechend hochgradig stressend. Du nun gehst und planst den Weg, bewusst genau auf die Dinge zu verzichten, deren tatsächlicher oder
drohender Verlust eigentlich sehr (und auch dich) stressen. Und das Faszinierende könnte sein, dass du auf deinem neuen Weg feststellst, dass der Verlust dieser Dinge in
Wahrheit gar nicht so zerstörend, existenzvernichtend ist, wie das vielleicht manche von uns empfinden.

Ich würde dir trotzdem raten, dich nicht zu sehr auf einen Rundum-Erfolg deines neuen Weges zu fixieren und für dich rechtzeitig ein Stop zu setzen, wenn du merken müsstest,
dass du dich überforderst.

Viel Glück wünsche ich dir,
Polly

Freeclimber
neu hier
Beiträge: 3
Registriert: Fr 24. Feb 2017, 10:29

Re: Panamericana mit dem Rad - trotz Morbus Crohn

Beitrag von Freeclimber »

Erstmal vielen Dank an die beiden, die mir Glück für meine Reise gewünscht haben. Ich habe auf der Reise fast mein ganzes Geld verpulvert, bin bis nach Mexico gekommen und eher durch Zufall kurz vor dem ersten Lockdown 2020 zurückgekommen. Kaum hatte ich meine Bilder sortiert und bearbeitet und meine Vorträge vorbereitet, waren öffentliche Veranstaltungen verboten.
Ganz nebenbei: Auf meiner Reise hatte ich kaum Probleme mit dem Morbus Crohn. Nur wenn mich hier und da mal etwas getriggert hat, wenn mir traumatische Kindheitserlebnisse durch den Kopf gingen, dann habe ich für ein paar Tage Cortison gebraucht. Das ist in fünf Monaten drei oder vier mal passiert. Zu Hause hätte ich locker das zehnfache "konsumiert".
Dank des Lockdowns bin ich also wieder in "geregelter" Arbeit gelandet. Also im Streß und im Schub. Für mich gibt es (außer Cortison) nur noch Stellara als Medikament. Wie erkläre ich meiner Krankenkasse, dass es günstiger wäre, mir eine Radreise zu finanzieren? Was mache ich, wenn Stellara nicht wirkt? Lebenslang am Cortison hängen? Mit all seinen Nebenwirkungen?
Möglicherweise könnte ich über einen Blog (evtl. einen, der speziell chronisch Kranke anspricht?), genug Geld zum Reisen auftreiben. Aber leider bin ich nicht besonders medienaffin. Ich hadere gerade mit mir selbst und mit dem Rest der Welt. Selten war ich so unzufrieden, selten habe ich so viel Cortison gebraucht.

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