Niemals aufgeben! Vorstellung / Meine Geschichte

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moe_b
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Beiträge: 6
Registriert: Fr 5. Jan 2018, 19:56

Niemals aufgeben! Vorstellung / Meine Geschichte

Beitrag von moe_b »

Hallo liebe Forengemeinde,

nachdem ich schon einige Monate mehr oder weniger regelmäßig und mehr oder weniger passiv das Treiben hier verfolgt habe, möchte ich mich kurz vorstellen.

Mit knappen 30 Lebensjahren sind Verdauungsbeschwerden und -krankheiten seit ca. 10 Jahren Teil meines Lebens, eine diagnostizierte Colitis Ulcerosa seit ca. 5 Jahren.

Meine Vorgeschichte: nachdem ich die ersten 20 Jahre meines Lebens bis auf ein paar Unverträglichkeiten und Allergien keine gesundheitlichen "Auffälligkeiten" hatte, war eine Gastroenteritis durch einen Krankenhauskeim (Klebsiellen) für mich der Startpunkt in eine lange und beschwerliche Zeit. Nachdem ich mich einige Jahre mit klassischen "funktionellen Darmbeschwerden" (Verdauungsbeschwerden, Unverträglichkeiten, unerklärliche Schwäche und Empfindlichkeit) oder einem "postinfektiösem Reizdarmsyndrom" herumgeschlagen habe, entwickelte ich ca. 2013 die ersten Colitissymptome. Nach einer Phase der Verunsicherung (teilweise auch durch unsensible Ärzte befördert) arrangierte ich mich vergleichsweise gut mit meiner Krankheit, las viel und entwickelte schrittweise meinen eigenen Umgang damit, der es mir ermöglichte, vergleichsweise wenig Medikamente zu nehmen (meistens nur Mesalazin in niedrigen Dosen). Die Einschränkungen im Alltagsleben waren durch ein umfassendes "Krankheitsmanagement" (Ernährung, Anpassung des Lebensstils, Bewegung, Entspannung etc.) vergleichsweise erträglich. Dass mein eigener Umgang mit der Krankheit und nicht etwa einfach "Glück" oder ein "minderschwerer Fall" der relativ milden Verlaufsform zugrundelagen, zeigte sich (nach meiner Erfahrung) dadurch, dass ich bei verschiedenen Einflussfaktoren (z.B. der Ernährung) mehrere Male genau beobachten konnte, wie Verschlechterungen in meinem Gesundheitszustand sehr deutlich mit Veränderungen meiner Gewohnheiten zusammenhingen.

Einen jähen Dämpfer verpasste mir Anfang 2017 eine erneute bakterielle Darmentzündung (eine Salmonellenenteritis), die sich aufgrund des ohnehin schon empfindlichen Darms selbst für meine Ärzte unerwartet schwer und lange äußerte - binnen eines Monats hatte ich mindestens 10-15 Kg abgenommen, meine bisher als Proktitis (Entzündung nur des letzten Darmabschnitts) eher harmlose Darmentzündung wuchs sich binnen kurzer Zeit zu einer Pancolitis aus (beides durch Spiegelung diagnostiziert), ich hatte eine schwere Anämie und solide Mangelzustände entwickelt. Obwohl meine Krankheit davor 4 Jahre lang nicht in Schüben verlaufen war und für mich der Zusammenhang zwischen einer "Vorschädigung" und einer Infektion, die dadurch ggf. deutlich mehr Schaden anrichten kann, als normal, sehr nahelag, waren einige meiner Ärzte der Meinung, dass ich "wahrscheinlich nur einen schweren Schub gehabt hätte".
Der Weg hier heraus und wieder hin zu einem "normalen" Leben, den in ähnlicher Weise sicher viele hier schon (vielleicht auch mehrmals) gegangen sind, war schwer und von einigen Erfolgen und Rückschlägen geprägt. Nach einer Eisenbehandlung, einer selbstverordneten Schon- und Aufbaukost, viel langem Atem, einer guten medizinischen Behandlung und vieler Unterstützung durch Familie, Freunde und gute Ärzte habe ich inzwischen nicht nur das verlorene Gewicht wiedergewonnen, sondern auch eine riesige Portion Lebensqualität.

Beruflich bin ich Sozial- und Verhaltenswissenschaftler, seit diesem Jahr an einer mittelgroßen deutschen Uni angestellt. Aufgrund meiner eigenen Geschichte ist Gesundheit sowohl beruflich, als auch privat zu einem absoluten Steckenpferd von mir geworden. Sowohl als begeisterter Wissenschaftler, als auch aus meiner eigenen Erfahrung heraus bin ich der Meinung, dass man durch Lebensstilveränderungen und Sensibilität den eigenen Bedürfnissen gegenüber einen massiven Einfluss auf das eigene Krankheitsgeschehen haben kann. Inwieweit ein beschwerdefreier oder -armer Zustand erreicht werden kann, hängt sicher von einer Vielzahl von Faktoren ab, ich bin aber absolut der Meinung - wie der Titel schon sagt - NIE AUFGEBEN und sich nach Rückschlägen immer wieder "aufrappeln" und weitermachen.

Meine Überzeugungen:
- sowohl die Einflussfaktoren und (Mit-)ursachen von Krankheiten, als auch die Möglichkeiten des Krankheits- bzw. Gesundheitsmanagements sollten umfassend an verschiedenen Bereichen menschlichen Lebens (körperliche, geistige, soziale Aspekte) ansetzen,
- wenn man die Geschichte der Medizin anschaut, können wir davon ausgehen, dass auch schwere und bisher scheinbar unheilbare Krankheiten wie Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa immer besser verstanden werden und damit möglicherweise auch Therapie- und Einflussmöglichkeiten bekannt werden, die bisher für schwer möglich gehalten wurden. Ein Arrangieren und Auseinandersetzen mit der eigenen Krankheit ist denke ich wichtig; ein Abfinden mit einem "Stempel" und einer Diagnose einer "unheilbaren Krankheit" ist denke ich nicht alternativlos,
- obwohl Anekdoten von Heilung, Fallberichte (case reports) u.ä. einen gewissen Charme haben, sollten Ansätze, die eine Besserung oder Linderung versprechen, einer kritischen Überprüfung standhalten. Auch wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt vielleicht nicht alle Therapieansätze oder auch Grundlagen "nachweisbar" sind, sollte immer danach gestrebt werden, eine so umfassende und gute Evidenz wie möglich zusammenzutragen.

Wenn Ihr Fragen habt oder Anmerkungen, schreibt mir einfach.

Liebe Grüße in die Runde!

Moe_b

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