OP(Ileozökalresektion) vs. Biologika

Austausch zu medizinischen Aspekten von Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und mikroskopischen Kolitiden.
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GW
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OP(Ileozökalresektion) vs. Biologika

Beitrag von GW »

Hallo Forum,

ich habe einen seit 2001 bekannt Morbus Crohn und seit 2004 eine hochgradige Stenose im Terminalen Ileum. Insgesamt hatte ich einen sehr milden Verlauf mit 3-4/Jahr für 1-2 Tage Beschwerden (Schmerzen und aufgeblähter rechter Unterbauch/ starke Müdigkeit). Stärkere/längerdauernde Beschwerden 2005/2008 ließen sich durch Budenofalk schnell beruhigen.
Diese sehr stabile Situation(für die ich sehr dankbar bin) hat sich nun verschlechtert:
Seit Anfang des Jahres alle 2-3 Wochen meine bekannten Bschwerden. Seit Juli habe ich mehrmal die Woche aufgeblähten Bauch, Müdigkeit, teilweise starke Schmerzen auf der rechten Bauchseite
Behandlung: Einnahmen von Mesalazin 3000 mg (seit Mitte Juli) / Budenofalk 9mg seit Mitte September ergaben eine Besserung(etwas weniger oft & weniger starke Schmerzen) aber keine Beschwerdefreiheit.
Nach Spiegelung im November Erbrechen & hohem Fieber. Verdacht auf ein Peforation im Darm hat sich nich nestätigt. Eher ein subileus der sich im KH konservativ aufgelöst hat.
Gewichtsverlust seit Jahresbeginn 11 kg.

Medizinsche Dignose:
MRT Sellink: 11 cm Stenose im terminalen Ileum mit präsenostischer Aufweitung. Entero-enterale Fistel. Sonst nur geringradide entzündliche Wandveränderungen ohne Stenosenbildung.
Spiegelung: Dickdarm ohne Entzündung. Nur geringe Entzündung in der Stenose(Labor). Durchmesser am Anfang der Stenose 3-5 mm.
Labor: Calprotectin September: 200. Ende November(direkt nach KH) 500.

Empfehlung des Gastro ist die Ileozökalresektion.
Begründung: Ursache der Beschwerden ist hauptsächlich die Stenose und nicht die entzündliche Aktivität. Aufrgund meines Alters ist auch die Gefahr eines erneuten Aufflammens der Entzündung eher gering, der Crohn hat sich ja auch die letzten 20 Jahre nicht ausgebreitet.
Meinung zu Biologika: Wenn ich mich für Biologika entscheiden will, würde er es auch mitgehen, falls ich der Meinung bin, ich muss alles versuchen den Darm zu erhalten. Der Erfolg der Behandlung ist aber aufgrund der geringen Entzündung fraglich.

Persönlichen Gedanken:
Die Argumentation ist für mich recht schlüssig. Die Nebenwirkungen der Biologika sind nicht ohne: Hautkrebs, Infektanfälligkeit mit kleinen Kindern...

Frage: Gibt es Aspekt die ich übersehen haben, die gegen eine OP sprechen?
Falls OP, was sind die kritischen Punkte die ich mit dem Chirurgen besprechen sollte?

Vielen Dank, GW

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neptun
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Re: OP(Ileozökalresektion) vs. Biologika

Beitrag von neptun »

Hallo GW,

willkommen im Forum.

Ich gehe mit Deinem Gastro konform.

Eine Dilatation vor einer Stenose ist eine absolute OP-Indikation, weil eine Perforation droht und damit auch eine Sepsis. Und es wäre dann auch keine geplante OP mehr.

Die Stenose scheint schon deutlich vernarbt, wobei es immer einen zeitlichen Übergang von Entzündung zu Vernarbung gibt. Aber die Wandverdickung ist gering, also nicht mehr durch Entzündung mit Bluteinfluß merklich aufgeweitet. Das Lumen ist normal im Dünndarm ca. 20 mm weit, bei Dir 3-5 mm, also schon recht gering. Deshalb auch die Dilatation, die durch den Druck des Nahrungsbreis entsteht.

Du hast eine Fistel von Darmschlinge zu Darmschlinge, die ganz sicher beseitigt oder verschlossen werden sollte. Kommt sie aus dem Bereich der Stenose, wäre sie ohnehin zu resezieren.

Medikamente helfen nur bei Entzündung, nicht bei Vernarbung. Ein Behandlungserfolg ist nicht wahrscheinlich.

Zu klären wäre die Art der OP, also minimalinvasiv oder Bauchschnitt.
Wo verläuft die Fistel und wäre es ein Abwasch?

Umfang der OP.
Welche Strecke vom terminalen Ileum wird reseziert? Wie sieht es mit der Ileozökalklappe und etwas Colon ascendens aus?

Was weder Gastro noch Chirurg fast nie erwähnen, die OP kann Folgen haben.

Diese wären ein Gallensäureverlustsyndrom und ein Vitamin B12-Mangel, weil diese beiden Dinge im terminalen Ileum resorbiert werden. Beides kann als Folge eingeschränkt oder gar nicht mehr möglich sein und die resezierte Länge, die dazu führt, ist individuell.
Meist wird gesagt, kann gar nicht sein bei der kurzen Länge, aber es ist oft Thema im Forum.
Das eine führt zu chologenen Durchfällen, die man dann mit Colestyramin stoppen kann, ein Harz, das die Gallensäure bindet.
Das Vitamin muß monatlich mit Spritze substituiert werden. Wenn die Mängel auftreten.

Fehlt die Klappe, es kann zu Fehlbesiedelung im Dünndarm mit Dickdarmbakterien kommen, weil die natürliche Barriere dann fehlt, also ein Rückfluß leicht möglich ist.

Es sollte ein CED-versierter Chirurg sein, der sich mit dieser Art OP sehr gut auskennt, ebenso mit der Problematik von Fisteln. Es muß sein tägliches Geschäft sein. Nur dann bist Du in sicheren und guten Händen.

Gutes Gelingen und LG Neptun

GW
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Re: OP(Ileozökalresektion) vs. Biologika

Beitrag von GW »

Hallo Neptun,

vielen Dank für Deine Ausführliche Antwort und die Deine Expertise. Ich bin morgen bei in der Sprechstunde des Chirurgen und werde die Fragen mitnehmen.
Die Stenose scheint schon deutlich vernarbt, wobei es immer einen zeitlichen Übergang von Entzündung zu Vernarbung gibt. Aber die Wandverdickung ist gering, also nicht mehr durch Entzündung mit Bluteinfluß merklich aufgeweitet.
-> Das mit der geringen Wandverdickung/nicht mehr durch Entzündung aufgeweitet hast du rausgelesen, weil es nicht erwähnt wird oder? Sonst hätte ich da so nicht explizit geschrieben gesehen. Das ist der ausführliche Text:
"Narbige Raffung des terminalen Ileums an der Einmündung auf Höhe der Bauhinschen Klappe mit angrenzend langstreckig reduziertem Lumen und verbreiteter Wand des terminalem Ileums mit ausgeprägter vermehrter Kontrastmittelaufnahme und streifig gerade Mehrperfusion des angerenzenden Mesenteriums"
Wo verläuft die Fistel und wäre es ein Abwasch?[/u]
-> Damit meinst Du, dass die Fistel mit der OP mitversorgt wird oder? Ich denke die Fistel ist in der Stenose. MRT: "Kranialisierung des päterminalen Ileums unter Ausbildung einer Schlaufe mit enteroenteraler Fistel ins terminale Ileum"
Diese wären ein Gallensäureverlustsyndrom und ein Vitamin B12-Mangel, weil diese beiden Dinge im terminalen Ileum resorbiert werden. Beides kann als Folge eingeschränkt oder gar nicht mehr möglich sein und die resezierte Länge, die dazu führt, ist individuell.
Meist wird gesagt, kann gar nicht sein bei der kurzen Länge, aber es ist oft Thema im Forum.
Das eine führt zu chologenen Durchfällen, die man dann mit Colestyramin stoppen kann, ein Harz, das die Gallensäure bindet.
Das Vitamin muß monatlich mit Spritze substituiert werden. Wenn die Mängel auftreten.
-> Gallensäure und B12 wurdent tatächlich vom Gastro erwähnt. Die Fehlbesiedelung nicht, aber dagegen kann man nicht wirklich etwas machen oder?
Es sollte ein CED-versierter Chirurg sein, der sich mit dieser Art OP sehr gut auskennt, ebenso mit der Problematik von Fisteln. Es muß sein tägliches Geschäft sein. Nur dann bist Du in sicheren und guten Händen.
Klinik macht wohl 150-200 MC Operationen/Jahr. Bei mir würde der Chefarzt "mitoperieren"/wäre dabei.Mehr geht wohl in der GKV nicht. Ich habe eine kleine Chance, dass ich über eine Anwartschaft noch eine private OP Versicherung abschließen, die eine Chefarztbehandlung einschließt. Die Klärung wird allerdings nicht kurzfristig klappen und ich müsste länger warten. Ich tendiere dazu nicht weiter zu warten...

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neptun
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Re: OP(Ileozökalresektion) vs. Biologika

Beitrag von neptun »

Hallo GW,

gerne. :)
Wenn es eine Dilatation vor der Stenose gibt, dann wird die Stenose schon länger existieren und voraussichtlich vernarbt sein. Denn sie hält ja dem Nahrungsdruck stand, was zur Aufweitung führt. Eine entzündliche Stenose ist elastisch.
Bei der Kolo war nur geringe Entzündung (feingeweblich, nahm ich an), das Lumen aber ziemlich gering. Da hat die Vernarbung mit den Kollageneinlagerungen alles zusammengezogen.
Und weiter im terminalen Ileum war wohl leichte Entzündung mit geringer Wandverdickung und ohne Stenosierung nach MRT.

Ich meinte, ob eine Mitversorgung der Fistel möglich ist, oder eben nicht.

Fehlbesiedelung kann mal vorkommen, muß es aber nicht. Die Wanderrichtung des Nahrungsbreis bleibt ja vorgegeben, aber eine Ileozökalklappe ist auch nicht nur zum Spaß da.

Für Dich mag noch interessant sein, wie der Anschluß von Dünn- zu Dickdarm erfolgt, also z.B. Seit-zu-Seit-Anastomose.

Vor nicht allzu langer Zeit gab es mal hier die mir damals unbekannte Kono-S-Anastomosetechnik.
Sehr merkwürdig. Aber sieh selbst in diesen beiden Thraeds:
https://forum.dccv.de/viewtopic.php?f=3 ... 718#p52718
https://forum.dccv.de/viewtopic.php?f=3 ... ose#p52729

Alles Gute und LG Neptun

GW
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Re: OP(Ileozökalresektion) vs. Biologika

Beitrag von GW »

Hallo Neptun,

Vielen Dank für die weiteren Antworten.

Das Thema Anastosmose ist mir auch schon aufgefallen. Es gibt wohl inzwischen erste Studien zur Kono-S:
https://www.springermedizin.de/morbus-c ... n/15864564
https://link.springer.com/article/10.10 ... 20-01213-8

Zusätzlich werde ich fragen, ob eventuell eine Strikturoplastik Sinn macht. Trotz eines relativ hohen Rezidivrisikos, wäre ja ein Darmherhalt anstrebenswert.

Danke nochmal für die kompetente Hilfe!
GW

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neptun
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Re: OP(Ileozökalresektion) vs. Biologika

Beitrag von neptun »

Hallo GW,

herzlich gerne.

Üblicherweise stehen 11 cm Länge der Stenose einer Strikturoplastik entgegen. Und es wäre Deine erste Resektion.
Du wirst wohl diese Veröffentlichung kennen?
http://www.newbooks-services.de/MediaFi ... pt_013.pdf

Dazu wird der Chirurg wohl ansprechen, welche zusätzliche Intervention die Fistel mit ihrer Lage erfordert und ob diese einer langen Strikturoplastik entgegen steht.

LG Neptun

GW
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Re: OP(Ileozökalresektion) vs. Biologika

Beitrag von GW »

Hallo Neptun,

Ich kenne das Buch nicht. Ist gerade eine steile Lernkurve...

Danke & viele Grüße,
GW

GW
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Re: OP(Ileozökalresektion) vs. Biologika

Beitrag von GW »

Hier noch weitere Infos zur Kono-S-Anastomose, falls jemand vor der Fragestellung steht. Ich bin noch unschlüssig....
https://www.rosenfluh.ch/arsmedici-2016 ... -operieren

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