Erfahrung mit Remsima

Austausch zu medizinischen Aspekten von Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und mikroskopischen Kolitiden.
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MG
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Registriert: Sa 1. Mai 2021, 11:44

Erfahrung mit Remsima

Beitrag von MG »

Hallo zusammen,

kurz zu mir, ich bin 27 Jahre alt und bekam letztes Jahr im Oktober nach Wochenlangen Durchfällen (am Ende blutig) die Diagnose Morbus Chron.

Nach einer Behandlung mit Budenofalk war das Ergebnis das es mir viel besser ging allerdings noch eine kleine Stelle im Darm entzündet ist. Seit Januar diesen Jahres bin ich ohne Medikamente und habe nur leichte Beschwerden. Diese sind zusammengefasst morgens Grummeln im Bauch, Abends leichtes Bauchweh und ab und zu ganz wenig Schleim im Stuhl. Durchfall oder gar schlimmeres habe ich nicht.

Mein Arzt hat mir nun empfohlen mit Remsima den letzten Teil der Entzündung zu behandeln. In Anbetracht der Nebenwirkungen (vor allem erhöhtes Krebsrisiko, Infektanfälligkeit usw.) habe ich kein gutes Gefühl bei der Sache. Zumal ich aktuell ein normales Leben mit leichten Beschwerden führe. Ich kann sogar 4-5 mal die Woche Sport machen, teilweise auch sehr intensiv.

Natürlich ich dauerhaft eine bestehende Entzündung auch nicht gesund, daher bin ich hin und her gerissen...

Gibt es Leute die Erfahrung mit dem Medikament hatten? Gab es Nebenwirkungen? Wielebt ihr damit? Meidet ihr das öffentliche Leben (auch vor Corona?)

Danke im Voraus für eine Antwort.

Liebe Grüße!

PhilSE
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Registriert: Fr 15. Mai 2020, 15:35

Re: Erfahrung mit Remsima

Beitrag von PhilSE »

Hallo MG,
Remsima ist ein Infliximab-Biosimilar. Ich habe von Dezember 2018 bis Mai 2020 ebenfalls ein Infliximab-Biosimilar bekommen: Inflectra. Wirkung, Nebenwirkungen, Risiken etc. sind da identisch.
Ich kann dir nur sagen, dass ich zu Beginn der Behandlung sehr ähnliche Bedenken hatte. Ich habe mir dann von mehreren Fachärzten Rat geholt, ob ich das wirklich machen soll - wie auch du hab ich meinen Chron Verlauf als weniger dramatisch angesehen.
Der Ausschlag war dann ein Prof. in München der mir gesagt hat:
"Ja sie haben die Risiken, aber wenn sie nichts machen fangen wir in ein paar Jahren an Ihnen Teile vom Darm rauszuschneiden und sie haben wegen der ständigen Entzündungen ein erhörtes Darmkrebsrisiko. Es ist Ihre Entscheidung ein Risiko haben Sie in beiden Fällen."

Hab mich dann für das Medikament entschieden. Für mich persönlich war es die beste Entscheidung, ich hatte die besten 1,5 Jahre seit langem und war sehr deprimiert, als "ich" (bzw. mein Körper) im Mai 2020 Antikörper gegen den Wirkstoff gebildet hatte und ich auf einen anderen Wirkstoff umgestellt werden musste. Dabei handelt es sich auch wieder um eine Anti-TNF Alpha Therapie. Die Wirkung ist gefühlt nicht ganz so toll, aber dennoch deutlich vorhanden.
Seit 2,5 Jahren ist mein Chron überwigend im Ruhezustand, ich war noch nie so gesund (auch Allgemeinzustand: Hatte seitdem nichmal mehr ne stärkere Erkältung) und habe mich in keinster Weise in meiner Lebensführung einschränken müssen.

Aber ja die Nebenwirkungen können heftig sein und du wirst hier bestimmt auch jemand finden der nicht glücklich damit geworden ist. Für mich war es die richtige Entscheidung. Letztlich musst du es für dich abwägen - hol dir auf jeden Fall eine zweite fachärztliche Meinung.

Viele Grüße

MG
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Beiträge: 7
Registriert: Sa 1. Mai 2021, 11:44

Re: Erfahrung mit Remsima

Beitrag von MG »

Hallo PhilSE,

danke für die Rückmeldung. Ich denke ich werde meinen Arzt fragen ob es sinnvoll ist noch einen zweiten Versuch mit Budenofalk zu starten.
Falls das nicht endgültigen Erfolg bringt komme ich um das Medikament wohl nicht herum.

Aber schön zu hören das es tatsächlich "funktioniert" und es dir gut geht.

Hast du schonmal darüber nachgedacht zu versuchen das Medikament abzusetzen? Wenn man schon länger Schubfrei ist könnte man das doch sicherlich versuchen, oder was sagt dein Arzt dazu?

Was mich auch interessieren würde ist wie du mit der Infektanfälligkeit umgehst. Meidest du größere Events wie Dorffeste/Stadtfeste, Fußballstadion, Firmenfeiern usw.?
Und falls du dir mal einen Infekt gefangen hattest, verlief dieser normal?

Viele Grüße!

PhilSE
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Registriert: Fr 15. Mai 2020, 15:35

Re: Erfahrung mit Remsima

Beitrag von PhilSE »

Hallo MG,

vorweg ist mir wichtig nochmal klarzustellen, dass ich medizinisch ein absoluter Laie bin! Ich habe mich lediglich selbst mit dem Thema beschäftigt, als bei mir die Therapie angefangen wurde. Alles was ich schreibe bassiert auf besten Wissen und Gewissen, ist aber nicht weiter fachlich fundiert, sondern allein meine persönliche Erfahrung und Einschätzung!

Also im Moment hab ich keine Ambitionen mein Imraldi (das ist der "Nachfolger" den ich nach Bildung von Antikörpern bekommen habe) abzusetzen. Warum auch, es wirkt, es geht mir gut. Ich habe immer wieder mal "Mini"-Schübe. Ich möchte nicht wissen, wie sie ohne verlaufen würden.
Klar kann man es absetzen, aber es muss auch klar sein: Der Chron wird sich nicht heilen lassen.
Stark vereinfacht formuliert: Im Grunde versuchen alle Therapien bzgl. Chron das gleiche, es wird versucht gegen die Entzündungen anzukämpfen, sie zu minimieren oder zu verhindern. Infliximab- und Adalimumab-Therapien machen das (sehr vereinfacht!) so, dass ihre Wirkstoffe so aufgebaut sind wie bestimmte Eiweißstoffe des Immunsystem, die die Entzündung bekämpfen. Das Medikament baut sich aber wieder ab, darum muss man den Spiegel halten (regelmäßig nachschießen). Lässt man es also weg ist auch bald die Wirkung vorbei. Es gibt aber Fälle, wo nach absetzen die Remission noch lange andauerte.
Aber wie gesagt: Ich halte es da so: "Never change a running System". Vor allem auch, weil ich gelesen habe, dass bei längerem Absetzen und dann Wiederaufnahme das Risiko einer allergischen Raktion deutlich erhöt sein soll. (Im Vergleich zur Erstgabe)

Und ja ich lebe mein Leben genau so wie vorher: Vereinsaktivität, Fußballstadion, Feste, Konzerte etc. Sogar noch viel entspannter, weil nichtmehr jede Nahrungsaufnahme stundenlange Krämpfe bedeutet, oder ggf. eine kurze Distanz zur nächsten Toilette erforderlich macht. Du glaubst gar nicht wie schön es ist, sich zum Beispiel aufm Weihnachtsmarkt a Steacksemmel reinzuhaun, weil du gar nicht mehr daran denken musst, ob eine Toilette in der Nähe ist oder nicht.
Derzeit halt natürlich nicht weil es durch die Corona-Einschränkungen nicht geht, bzw. es ja "nichts" gibt. Aber sobald das wieder möglich ist bin ich am Start!

Ich denke deine Sorgen bzgl. "Kontakte" / "Infektanfälligkeit" etc. liegen an dem Wort "Immunsupprimiert", da denkt man dann immer an sowas wie Chemotherapie, aber davon bist du mit einem TNF-alpha-Hemmstoff Kilometerweit entfernt. Diese Medikamente hemmen eben nur diesen einen Tumornekrosefaktor. Ich habe in diesem Zusammenhang öfter auch das Wort: "immunmodulierend" gehört. Ich denke das passt viel besser. Dein Immunsystem ist nicht vollkommen unterdrückt. Klar man sollte ein wenig mehr auf Hygiene achten, Grippeimpfung ist empfohlen und Pneumokokken Impfung vor Therapiebeginn ist Pflicht, aber mit etwas Vernunft sehe ich da keine Problem. (Wenn die ganzen Voruntersuchungen etc. grünes Licht geben.) Ja du hast eine erhöte Infektanfälligkeit, darauf muss dich der Artzt auch hinweisen, aber die hast du unter Cortison, Azathioprin etc auch. Hast du schon mal die Nebenwirkungen von deinem Budenofalk (Stichwort "erhötes Infektionsrsiko") gelesen? ;)

Wie schon mal gesagt: Seit Beginn meiner Therapie hatte ich nichts mehr - also absolut nichts, ich hatte eigentlich jedes Jahr vor Weihnachten nen Grippalen-Infekt (Stress, falsche Kleidung, warum auch immer) seit Beginn der Therapie hatte ich keinen einzigen Krankheitstag mehr.
Meine Ärztin hat mal gemeint, dass sie das öfter von Patienten hört.
Ich erkläre mir das so: Da die Entzündungen im Darm stark gemindert sind, ist mein Immunsystem mit dieser Abteilung meines Körpers nicht so beschäftigt und hat Zeit sich anderen Aufgaben zu widmen.

Ich hoffe ich konnte dir ein bischen die Sorge nehmen: Ansonsten kann ich dir das gleiche raten, was ich getan habe: Informiere dich! Ließ Fachbeiträge, hol die fachärztliche Meinungen und zieh es erst dann gewissenhaft durch, wenn du überzeugt bist. Es ist dein Kröper und deine Entscheidung - ich habe bist jetzt postive Erfahrungen damit gemacht, bei dir kann es anders sein oder eben nicht. Frag auch gerne, wenn was unklar ist!

Viele Grüße

MG
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Registriert: Sa 1. Mai 2021, 11:44

Re: Erfahrung mit Remsima

Beitrag von MG »

Hallo PhilSE,

danke für deine ausführliche Schilderung deiner Erfahrungen.
Ich denke ich werde das in Angriff nehmen und zusammen mit meinem Arzt angehen.

Beste Grüße!
MG

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