Erfahrungen OP bei CU

Austausch zu medizinischen Aspekten von Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und mikroskopischen Kolitiden.
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Unknown_93
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Erfahrungen OP bei CU

Beitrag von Unknown_93 »

Hallo zusammen,

ich bräuchte mal wieder eure Hilfe / Rat....

Ich (26J.) hab jetzt seit ca. 1 nem Jahr einen Dauerschub, sprich im Schnitt 20-30 blutige Stuhlgänge inklusive Bauchschmerzen und Übelkeit pro Tag. Medikamente helfen jetzt gar nichts mehr (Kein Prednisolon, Stelara, Ciclosporin, Remicade). Diese wurden alle schon ausprobiert und schlagen nicht an..

Ich weis einfach nicht mehr was ich wirklich machen soll, jeder Tag ist eine Qual für mich, kann wie gesagt das Haus nicht verlassen, nichtmal einkaufen kann ich gehen...

Mein aktueller Befund sagt, dass "nur" 20-25 cm vom Enddarm befallen sind. Deshalb weis ich einfach nicht wie ich weitermachen soll...
Ich belaste damit mein ganzes Umfeld, meine Familie / Freundin. Vorallem meine Freundin muss für mich absolut zurückstecken, was ich natürlich überhaupt nicht will...

Jetzt war ich bereits mehrfach in den Kliniken und jeder Arzt sagt etwas anderes. Die einen sagen, eine OP wäre ein möglicher Ausweg / die anderen sagen auf keinen Fall eine OP solange wie möglich schauen, dass der Darm erhlaten bleibt.

Ich sag es ganz ehrlich, ich bin mit meinen Kräften am Ende. Ich kann und will so nicht mehr weitermachen.

Kann mir hier wer Infos geben, was er tun würde und warum?

Wie ist das leben nach einer OP? Kann man "normal" leben?
Wie oft muss man auf s Klo?
Wie verläuft so eine OP?
Gibt es gute Ärzte die jemand empfehlen kann?

Ich hab tierische Angst ..... und wär um jede Hilfe sehr dankbar!

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Balin
Dauergast
Beiträge: 204
Registriert: Sa 9. Jan 2016, 01:22

Re: Erfahrungen OP bei CU

Beitrag von Balin »

Hallo Unknown_93,

also wenn Du seit 1 Jahr im Dauerschub mit 20+ Durchfällen pro Tag bist und keines der Medikamente anschlägt, kann man doch derzeit von einem therapierefraktären Krankheitsverlauf sprechen, oder? Du schreibst allerdings nicht, was dein Gastro denn sagt, welche Optionen ihr jetzt probieren wollt. Also welches Medikament versuchst Du denn dann derzeit? Hast Du zum Beispiel Entyvio schon probiert?

Wenn wir aber wirklich von einer therapierefraktären CU ausgehen, wäre das laut Leitlinie soviel ich weiß eine gute Indikation Grund für eine Kolektomie.
Ärzte, die dann sagen
auf keinen Fall eine OP solange wie möglich schauen, dass der Darm erhlaten bleibt.
bewegen sich dann meiner Meinung nach außerhalb der Leitlinie. Aber bei einer so weitreichenden Entscheidung wie einer Kolektomie stimmt es natürlich schon, dass man vorher die Möglichkeiten auf jeden Fall ausgeschöpft haben sollte.

Ich würde Dir raten, Dich zu Deinen Fragen unten einfach im Netz schlauzulesen, denn dazu gibt es sehr viele zugängliche Informationen und Patientenberichte, die für eine informierte Entscheidungsfindung hilfreich sind, und alle möglichen Verläufe und Meinungen.

Eine Kolektomie ist natürlich ein sehr großer Eingriff und bedeutet meist mehrere Operationen. Das sollte nur von einem absoluten Spezialisten gemacht werden. Du kannst bei der DCCV fragen, die empfehlen Dir dann Chirurgen. Namen, die immer wieder fallen, sind zum Beispiel Prof. Jehle, Prof. Kroesen und andere.

Hier ein Video von Prof. Kroesen über seine Ansichten zur Kolektomie bei CU: https://www.youtube.com/watch?v=7IIB7W_SU7A
Aber er ist eben Chirurg und sieht die Operation finde ich daher äußerst positiv. Du könntest ihm deinen Fall auch mal vorstellen und Dir Optionen von ihm erklären lassen, wenn Du in der Nähe von Köln wohnst. Er ist sehr nett. :)

Alles Gute jedenfalls!
Viele Grüße,
Balin

schwarzgelb
Dauergast
Beiträge: 147
Registriert: Mi 22. Aug 2018, 12:27

Re: Erfahrungen OP bei CU

Beitrag von schwarzgelb »

Hallo Unknown 93,
diese Entscheidung kannst letztlich nur du allein treffen,denn es ist dein Leben und du musst damit weiter leben.

Ich habe mit der Colitis eigentlich jahrelang gar nicht mehr am Leben teilgenommen,seit kein Medikament mehr geholfen hat,habe alles durch und immer wieder die Hoffnung in ein neues Medikament stecken,warten,immer wieder Cortison und dann wieder die Enttäuschung.

Solange man die Krankheit mit Medikamenten in Schach halten kann( oder noch besser ohne,das soll es ja auch geben), ist das sicher der beste Weg.

Für mich war die Kolektomie nach Jahren der Isolation ein Weg zurück ins Leben.Schlimmer hätte es aber auch wirklich nicht mehr werden können.
Ich habe mich so dagegen gewehrt,so um meinen Dickdarm gekämpft und mir eigentlich nicht vorstellen können,dass ich ohne weiter leben möchte.
Tatsächlich war die Angst vor der Operation und dem Leben danach am Schlimmsten.

Die Wahl der Klinik ist entscheidend und wie schlecht es dir vorher ging.

Ich bin in Köln Porz bei Prof.Kroesen vor 6 Monaten kolektomiert worden.
Schmerzen hatte ich, so unglaublich das klingen mag, durch den PDK gar keine.
Es dauert, bis man sich wieder aufgerappelt hat und auch wenn man nach einer Woche nach Hause kommt,hat es bei mir 3 Monate gedauert,bis ich mich wieder richtig fit,kraftvoll und voller Tatendrang gefühlt habe.Und bis ich die richtige Versorgung für das Stoma gefunden hatte,hab ich auch alles durchprobiert und das war anstrengend und mit Verzweiflung verbunden.
Ich habe auch nach 2 Wochen wieder Dinge unternommen,war aber noch schlapp,alles war anstrengend. Es hat seine Zeit gedauert.Sofort habe ich allerdings das Gefühl genossen,nicht mehr zur Toilette rennen zu müssen.

Psychisch konnte ich mir ein Leben mit Stoma vorher gar nicht vorstellen,tatsächlich macht mir das gar nichts aus,ich fühle mich gesund,gehe schwimmen,in die Sauna(Es gibt da wunderschöne Bandagen) und war zum ersten Mal seit 4 Jahren wieder im Urlaub.Mit meiner Familie auf Gran Canaria.

Jetzt steht in 2 Wochen meine Pouch OP an und ich habe lange gehadert und überlegt,ob ich das machen soll oder mit Stoma weiter leben.Und die Ängste sind wieder genau so groß.
Letztlich sehe ich aber eine Chance in der Pouch OP,die ich mit Morbus Crohn nicht hätte und hoffe,dass ich zum Stoma zurück kann,wenn ich mit dem Pouch dauerhaft eine schlechtere Lebensqualität habe.
So schlimm, wie mit der Colitis kann es aber nie wieder werden,davon bin ich überzeugt.

Entscheiden musst du es alleine,aber in Foren liest man nunmal leider viel häufiger von Geschichten,die einem Angst machen,weil Menschen mit Problemen sich an Foren wenden und andere oftmals ihr Leben Leben.

Man darf nicht uninformiert in so eine OP gehen,es wird nicht wieder alles wie bei einem gesunden Menschen,aber viel besser als mit einer schweren unbeherrschbaren Colitis.

Liebe Grüße
Schwarzgelb

Unknown_93
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Beiträge: 11
Registriert: Do 19. Sep 2019, 10:54

Re: Erfahrungen OP bei CU

Beitrag von Unknown_93 »

Vielen Dank euch für die Beiträge.

Ja man kann von einen therapieräfrektären Verlauf sprechen.
Das einzige was ich noch nicht probiert hab ist Entyvio. Ansonsten ist eig alles durch.

Bei meinem ersten schweren Schub hat Kortioson über 6-8 Wochen sehr gut angeschlagen, doch selbst das zeigt jetzt keine Wirkung mehr (Sogar wenn man 120 mg / pro Tag über die Venen gibt)....


@schwarzgelb

Hab dir eine PN geschrieben.

Jackfire
ist öfter hier
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Registriert: Fr 27. Feb 2015, 21:00
Diagnose: CU seit 2001
Wohnort: Bayern

Re: Erfahrungen OP bei CU

Beitrag von Jackfire »

Hallo Unknown_93,

bei mir war es ähnlich.(Siehe Fussnote ;-)) Ich hatte zum Schluss auch 100mg Kortison bekommen und die volle Palette an Nebenwirkungen. Nach 3 Tagen haben wir das Kortison auf 60mg reduziert und die Hölle brach in meinem Darm los, so das ich meinen Dickdarm 2 Tage später per Not-OP herausgenommen bekam. Nun wurde mir mit einem dreizeitigen Vorgehen ein Poch angelegt.(endständiges Stoma, dann ein doppelläufiges Stoma mit ruhenden Pouch und Pouch in Betrieb) In meiner Stomazeit ging es mir so gut wie 5 Jahre zuvor nicht mehr. Seit nun 1,5 Monaten ist nun der Pouch in Betrieb und lässt noch etwas mit Lebensqualität auf sich warten. Aber es geht immer weiter, nur so wie es war mit der CU und den Schmerzen und allem war es nicht Okay. Manchmal muss man für sich neue Wege beschreiten um das man merkt das es auch anders weitergehen kann. Ich drücke dir die Daumen das auch du deinen Weg findest. Wenn du Fragen hast kannst du mich gerne kontaktieren, ich helfe gern.

Gruß Jack (frohe Ostern)
2001 CU Diagnose
2017 Aza wirkt nicht mehr
2018 ein paar Biologika ausprobiert :cry:
2019 18. Januar Dickdarm kommt raus :cry:
2019 16. September Pouch angelegt
2020 27. Februar Pouch ist in Betrieb
2021 17. November doppelläufiges Stoma

Fuchur
fühlt sich wohl hier
Beiträge: 53
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 20:13

Re: Erfahrungen OP bei CU

Beitrag von Fuchur »

Heyyy

ich habe den Pouch nun nach therapierefraktärem Verlauf nun seit Februar 2019 in Betrieb und bin sehr zufrieden. Ich fühle mich fast kaum eingeschränkt und komme gut zurecht. Wie oft ich aufs Klo gehe, zähle ich nicht, da dass für mich keine Bedeutung hat. Das ist soo unkompliziert und dauert Sekunden. Ich schätze ich gehe so zwischen 8 und 12 mal aufs Klo, aber ich esse sehr viel und vertrage eigentlich fast alles... klar ist manches anstrengender oder verändert den Stuhl mehr oder weniger. ich nehme immer Flohsamen. Und nachts eine Loperamid. Muss dennoch 2 mal raus....im Schnitt. Durchgeschlafen habe ich mit Pouch vielleicht 1 oder 2 Nächte... Aber ich finde es schon easy..... man gewöhnt sich dran.

Die Kolektomie oder der Pouch ist, für jemanden mit einem schwierigen Verlauf definitiv eine Chance.... Man gibt natürlich das Organ her, aber man bekommt auch etwas dafür zurück. Darin liegt eine Chance auf ein gutes Leben. Es ist nicht nur Verlust, selbst wenn man beim Stoma bleibt...

Ich kann fast alles machen, viel Sport, arbeite Vollzeit, habe Privatleben, treffe Freunde etc. Lange Wanderungen sind eher schwierig, da es in der Natur keine Toilette gibt.....

Die OP zum pouch wird oft dreizeitig gemacht...d.h. 3 Operationen mit Dickdarmentfernung, Pouch-Anlage und Stomarückverlegung. Ich wurde in Heidelberg Chirurgie operiert.

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