Übergang von Krankengeld zur Erwerbsunfähigkeit

Schwerbehinderung, Rente, Kur etc. Austausch unter Betroffenen. Hier erfolgt keine Beratung durch den AK Sozialrecht!
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mhild
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Übergang von Krankengeld zur Erwerbsunfähigkeit

Beitrag von mhild »

Hallo zusammen,

ich bin jetzt seit über einem Jahr krank geschrieben mit wenig Aussicht auf baldige Besserung. Meine Ärztin meint ich muss damit rechnen dass es noch 1-2 weitere Jahre dauert bis ich das aktuelle Geschehen überstanden habe - wenn überhaupt (mir droht noch Kurzdarmsyndrom weil ein noch nicht abschließend abschätzbarer Teil meines Dünndarms entfernt werden wird).

Nun habe ich Post von der Krankenkasse bekommen dass ich einen Antrag auf eine Reha an die Rentenkasse stellen muss und dieser bei Ablehnung (was ziemlich sicher passieren wird da keine Reha meinen Darm reparieren kann) automatisch in einen Erwerbsminderungsrentenantrag umgewandelt wird. Zusätzlich bekam ich kurz darauf noch ein anderes Schreiben dass im Juni mein Krankengeld ausläuft und ich dann sofort bei der Arbeitsagentur Arbeitslosengeld beantragen soll.

Ich bin aktuell etwas mit der Situation überfordert. Sorge macht mir insbesondere dass ich von der Rente die ich wohl bekommen würde unmöglich meine derzeitige Wohnung weiter finanzieren kann. Ich lebe noch allein und habe trotz meines schlechten Gesundheitszustandes noch einen Rest Autonomie für mich erhalten können. Wenn ich mir die Wohnung nicht mehr leisten kann bleibt mir eigentlich nur noch zurück zu meinen Eltern zu ziehen (ich bin 36...).

Hier gibt es doch sicher noch einige Betroffene die aufgrund ihrer CED nicht mehr arbeiten können. Wie kommt ihr über die Runden? Habt ihr Tipps für mich was man zusätzlich zur Rente eventuell noch an Hilfen und Sozialleistungen beantragen kann/sollte? Hat jemand eventuell Empfehlungen mit Links zum nachlesen zu dem Thema? Ich finde nur immer sehr allgemeine Sachen, Hilfe für Anträge oder so Kram, viele Paragraphen, aber wenig was mir gefühlt Durchblick verschafft.

Viele Grüße
Markus

Lynkas
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Re: Übergang von Krankengeld zur Erwerbsunfähigkeit

Beitrag von Lynkas »

Hallo Markus, ja, eine schwierige Situation. Das tut mir sehr leid, ich kann es nachvollziehen, denn ich habe ähnliches "durch". Ganz wichtig: lass dich beim Sozialverband Deutschland oder beim VDK beraten. Ansonsten: bei mir zum Beispiel sind bisher alle Reha-Maßnahmen (ob nun medizinisch oder beruflich) abgelehnt worden. Trotzdem: versuchen, da muss du immer in Widerspruch gehen oder auch Klage einreichen. Wenn allerdings noch OPs anstehen (die ja z.T. wegen Corona nicht stattfinden), wird die Reha oft deswegen abgelehnt, weil die Krankenhausbehandlung gem. § 27 SGB V noch nicht "ausgeschöpft" ist.
Wohnen bei den Eltern wurde bei mir ebenfalls mit Mitte 30 als "zumutbar" erachtet. Eventuell kommt manchmal auch der Zwangsumzug in eine billigere Wohnung in Frage, aber in meinem Bundesland gab es keine Wohnung, die billig genug war (unter 400 Euro inklusive allem, das ist utopisch).
Eine niedrige EU Rente kannst du / musst du mit Sozialhilfe (bzw. "Hilfe zum Lebensunterhalt") aufstocken, das gilt als "zumutbar". Meistens will die Rentenversicherung aber nicht zahlen und windet sich irgendwie raus (selbst wenn die Krankenkasse meint, die Rentenversicherung würde eine EU Rente zahlen). Dann bekommst du "nur" Hilfe zum Lebensunterhalt (war bei mir so), aber das unterscheidet sich vom Geld her nicht. Das Geld kommt dann halt nur von einer Stelle. Sonst bekommst du von zwei Kostenträgern Geld.
Manchmal hat das Jobcenter/die Arbeitsagentur noch niedrigschwellige Eingliederungs-Angebote, je nachdem, was man vorher gearbeitet hat. Da ist erst mal auch alles zumutbar. Kann manchmal auch ganz interessant sein, was man dann so machen darf, wirklich. Aber da musst du dann auch wieder auf mindestens einen Halbtagsjob kommen nach einer gewisse Zeit, sonst wird es nicht weiter finanziert.
Jedenfalls: erst mal versuchen, den Kopf oben zu halten. Auf jeden Fall zur Beratung beim SoVD oder VDK, die haben mir persönlich sehr geholfen.
Lynkas grüßt.

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Thilo
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Re: Übergang von Krankengeld zur Erwerbsunfähigkeit

Beitrag von Thilo »

Hallo Markus,

dein Krankengeld fällt schon im Juni weg. :o

Du wirst dir sicherlich einen Überblick über die Höhe einer möglichen Erwerbsminderungsrente verschafft haben. Wie hoch wird voraussichtlich die Bruttorente ausfallen ?

Sozialleistungen sind auch von der Rentenhöhe abhängig.

Gruss Thilo

mhild
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Re: Übergang von Krankengeld zur Erwerbsunfähigkeit

Beitrag von mhild »

Ich danke euch schonmal für die Rückfragen und Anregungen. Irgendwie hatte mich das Forum schon wieder still und heimlich ausgeloggt und ich habe eure Antworten daher nicht schon gestern gesehen.

Die Höhe der Rente sollte wenn ich das richtig interpretiere (ich habe dazu Ende letztes Jahr ein Schreiben der Rentenkasse bekommen, ich glaube das war noch einfach Turnusmäßig und nicht aus einem besonderen Anlass) so 600€ sein. Aktuell bezahle ich alleine für meine Wohnung 1000€ Miete (Innenstadt einer nicht ganz kleinen Stadt (100k Einwohner), 85qm). Das kann so also alleine nicht funktionieren.

Was die Reha angeht - es ist schon okay wenn die abgelehnt wird, die hätte aktuell überhaupt keinen Sinn bei mir. Keine Krankengymnastik oder was auch immer die da 2 Wochen vorhaben mit mir wird den Konglomerattumor aus meinem Darm auflösen oder meinen Crohn allgemein plötzlich auf die gleichem Medikamente die ich schon seit 2 Jahren probiere versuche ansprechen lassen. Die Frage wird eher sein ob die versuchen irgendwie zu begründen dass ich x Stunden arbeiten könnte. Ich bin schon froh wenn ich 20 Minuten am Herd stehen und was kochen kann ohne Katastrophe im Moment.

Viele Grüße
Markus

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Thilo
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Registriert: Sa 22. Dez 2012, 21:17

Re: Übergang von Krankengeld zur Erwerbsunfähigkeit

Beitrag von Thilo »

Hallo Markus,

du bist spät dran. Nachdem du etwa 70 Wochen Krankengeld bezogen hast, stehst du nun vor einer prekären Situation. Denn eines ist sicher: Krankengeld wird für 78 Wochen gezahlt und dann ist Schluss. Für Leistungen der Arbeitsagentur musst du allerdings arbeitsfähig sein. Bist du nicht arbeitsfähig erhälst du ggf. ALG2 bis zur abschließenden Entscheidung über eine Erwerbsminderungsrente.

Wenn du dir bis heute als Einzelperson eine Mietwohnung für monatlich 1.000 Euro leisten konntest, wirst du in der Vergangenheit entsprechend hohes Arbeitseinkommen und demzufolge auch eine hohe Krankengeldzahlung erhalten haben. Deine Annahme, dass du ggf. 600 Euro Erwerbsminderungsrente erhälst wird so nicht zutreffend sein, da bei der echten Rentenberechnung eine Zurechnungszeit berücksichtigt wird. Hierdurch wird vermieden, dass Versicherte, die bereits in jungen Jahren erwerbsgemindert werden, keine oder nur stark reduzierte Rentenansprüche erhalten.

Aber auch mit einer Durchschnittsrente wirst du erhebliche Abstriche machen müssen. Bei Brutto-Renten bis etwa 950 Euro kann evtl. ein Antrag auf Wohngeld gestellt werden. Hier kommt es auch auf die Größe der Wohnung und dem Mietniveau in deiner Region an. Bei 85 qm Wohnfläche für eine Einzelperson hast du keine Chancen.

Du solltest dir schnell Klarheit über mögliche Leistungen der Rentenversicherung verschaffen. Zunächst unabhängig davon, ob einem möglichen Rentenantrag stattgegeben wird.

Ich wünsche dir gute Besserung.

Gruß Thilo

Butterfly_85
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Re: Übergang von Krankengeld zur Erwerbsunfähigkeit

Beitrag von Butterfly_85 »

Hallo Markus

ich kann dir bzgl. der finanziellen Sorgen nicht weiterhelfen. Hierzu hast du schon Rat erhalten. Es erstaunt mich nur, dass erst jetzt bei dir diese Fragen aufkommen. Ich bin nach einem 3/4 Jahr schon bombardiert und vom HA zur Rentenberatung geschickt worden.

Aber vielleicht kann ich dir bzgl. Kurzdarm Mut machen. Ich bin mit parenteraler Ernährung und hochdosierten Morphinen wieder arbeiten gegangen.
Die Morphine habe ich über eine sehr lange Zeit reduziert (selbstständig, weil mein Schmerztherapeut dagegen war). Heute benötige ich sie nur noch bei Schmerzattacken.
Nach fast 5 Jahren konnte ich die PE absetzen. Zur Behandlung des Kurzdarmsyndroms kann Teduglutid gegeben werden. Dies ist in Deutschland zugelassen, hat bei mir aber nicht gewirkt. Heute bekomme ich Sandostatin. Ich glaube nur, dass die dt. KK es dir schwer machen Sandostatin zu bekommen, hier empfiehlt sich Kontakt zu einer Kurzdarmsprechstunde (z.B. Hamburg, Dr. Pape oder Charite Mitte).

Weisst du schon, wieviel entfernt wird bzw. was übrig bleiben wird? Die "magische Grenze" liegt bei 2 Metern, um eine parenterale Ernährung zu vermeiden. Kritisch wird es unter einem Meter.

Kümmere dich unbedingt darum, woher deine Unterstützung künftig kommt. 85qm-Wohnung bei 1.000 € zeugt von einem eigentlich guten Gehalt. Hast du noch Rücklagen?

...und ansonsten: Kopf nicht in den Sand stecken. Auch mit Kurzdarmsyndrom geht es weiter - man darf nur nicht den Mut verlieren.
Immerhin, in Deutschland bist du halbwegs gut abgesichert. Da gibt es Länder, in denen es viel schlechter aussieht (auch wenn viele in Deutschland das nicht glauben möchten).

Viele Grüsse
Butterfly

mhild
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Registriert: Fr 5. Jun 2020, 10:07

Re: Übergang von Krankengeld zur Erwerbsunfähigkeit

Beitrag von mhild »

Hallo,

sorry, das Krankengeld läuft im Juli aus nicht im Juni. Ich verwechsele die J-Monate manchmal :?

Bevor meine KK mir praktisch den Rentenantrag vor die Tür geworfen hat kam das Thema noch von keiner Stelle zur Sprache. Natürlich wusste ich dass das KG irgendwann endet, aber bei all den täglichen Problemen mit der Krankheit verdrängt man manches auch. Ich hatte auch einfach nicht bedacht / damit gerechnet dass die (rückwirkend "natürlich") auch noch Fehlzeiten wegen der Krankheit vor der schlussendlichen dauerhaften Krankschreibung anrechnen. Ich war natürlich bevor es richtig schlimm wurde wegen dem Crohn schon wochenweise immer mal wieder krank in den letzten 2 Jahren. Daher kam das ganze nochmal ein paar Wochen vorher als ich damit gerechnet hätte.

Meine Rücklagen sind mittlerweile aufgebraucht. Positiv ist dass meine Familie mich unterstützen will, zur Not finanzieren sie mir ein paar Monate lang die Wohnung. Ich sitze also nicht von heute auf morgen auf der Straße wenn ich jetzt nicht sofort eine Anschlusswohnung finde. Wenn alles reißt kann ich wie gesagt auch zu meinen Eltern zurück ziehen, wobei ich dass auch denen ungern antun möchte und der Umzug an sich für mich eine riesen Belastung im Moment wäre die auch meiner Gesundheit glaube ich nicht gut tun würde. Aber irgendwas wird passieren müssen. Ich will nicht dass sie mir die Wohnung 2 Jahre bezahlen bis ich evtl wieder arbeiten kann.

Butterfly, danke für deinen Kommentar zum Kurzdarm. Das hilft mir in der Tat zu lesen dass das Leben damit weiter geht. Die Prognose der Chirurgen hier ist dass sie einen Meter entfernen müssen. Wie viel dann übrig bleibt wollten sie nicht schätzen. Meine Gastro stellt meinen Fall im Moment noch einem Fistel-Spezialisten aus Mannheim vor (den Namen habe ich gerade nicht parat), da werde ich dann eventuell nochmal eine Zweitmeinung dazu bekommen.

Viele Grüße

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neptun
Inventar - wird täglich mit abgestaubt
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Registriert: Do 20. Dez 2012, 19:58

Re: Übergang von Krankengeld zur Erwerbsunfähigkeit

Beitrag von neptun »

Hallo,

irgendwie scheinst Du mir nicht recht auf der Höhe des Geschehens zu sein.

Wenn man lange AU ist, dann sollte man sich doch in der Zeit mit den Folgen beschäftigen.
Es fällt doch nicht vom Himmel, das beim Krankengeld auch Zeiten innerhalb eines Dreijahreszeitraum für die selbe Erkrankung mitgezählt werden. Auch eine Reha wird finanziert mit Übergangsgeld, was aber auch angerechtnet wird aufs Krankengeld. Wie eben auch das Krankengeld ausläuft nach 78 Wochen, wobei meist die ersten 6 Wochen Lohnfortzahlung besteht.

Bei Dir geht es nun um den Rentenantrag für EM-Rente, die meist für einen Zeitraum bis zu 3 Jahren erst mal bewilligt wird. Um in diesem Verfahren nicht mit Sozialhilfe dazustehen, denn das ist die letzte Konsequenz, da gibt es Geld vom der Arbeitsagentur im Rahmen der Nahtlosigkeitsregelung:
https://sozialversicherung-kompetent.de ... elung.html

Man bekommt also Geld, obwohl man nicht auf dem Arbeitsmarkt vermittelbar ist wegen AU. Und man bekommt es auch, wenn man in einer ungekündigten Stelle ist.
Man muß sich sofort bei der Arbeitsagentur melden, nicht später, nicht irgendwann. Da verfallen sonst Ansprüche. Und aufgefordert wird man auch nicht.

So ein EM-Rentenverfahren ist kein Selbstgänger und kann sich ziehen über Antrag, Widerspruch und Klage. Bei mir waren das damals 2 1/2 Jahre. ALG gibt es aber nur im Rahmen Deiner Anspruchsvoraussetzungen. Und die sind bei jedem zeitlich begrenzt.

Dann wäre es an der Zeit gewesen, sich auch mal einen Überblick zu verschaffen, was Du an EM-Rente bekommen würdest bei Anspruch. Es geht da um Deine Rentenpunkte, dann aber besonders auch um die Zurechnungszeit.

Deine bisher erwirtschafteten Rentenpunkte werden über die Jahre ab dem 17. Lebensjahr gemittelt und dann in der Zurechnungszeit bis zum 67. Lebensjahr erhöht. Deshalb wird es keine Minirente.

Mir scheint, Du erwartest, daß sich alles von selbst löst. Da täuscht Du Dich. Du hast wertvolle Zeit der Information und Aufklärung anscheinend versäumt.
Bevor meine KK mir praktisch den Rentenantrag vor die Tür geworfen hat kam das Thema noch von keiner Stelle zur Sprache.
Das spricht Bände.

Ich schrieb Dir schon zu Deinem medizinischen Problem und mir schien es auch da, nicht alles an Infos war auf dem Tisch und es gab keinen Plan, was daraus nun werden kann und soll.

Du wartest auf die Ärzte, aber die nicht auf Dich. Es ist Deine Sache, sich zu kümmern. Es ist Deine Verantwortung und nur Du trägst auch die Folgen. Wenn man mal von Deinen Eltern absieht, de vielleicht indirekt betroffen sein werden.

Komm in die Hufe. In Deinem Interesse.

LG Neptun

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