Erfahrungen bei Beantragung von EU-Rente

Schwerbehinderung, Rente, Kur etc. Austausch unter Betroffenen. Hier erfolgt keine Beratung durch den AK Sozialrecht!
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dingld
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Erfahrungen bei Beantragung von EU-Rente

Beitrag von dingld »

hallo, ich bin 55 Jahre alt und habe seit 2012\2013 colitis indeterminata. Bei insgesamt 7 Operationen lief nicht alles glatt. Da ich auch noch andere leiden habe, schleppe ich mich mehr oder weniger ins Geschäft, auch habe ich krankheitsausfaelle. Nun meine Frage: hat jemand Erfahrung wie wahrscheinlich eine eu-rente bei folgenden Handicaps wäre:
. Es wurde in mehreren Operationen der komplette Dickdarm entfernt
. es musste noch ein teil des Dünndarms entfernt werden
. es wurde die Gallenblase entfernt
. es wurde das komplette Rektum, also samt Schließmuskel etc. Entnommen
. ich habe also ein endständiges stoma
. aufgrund der vielen op's habe ich starke schmerzen durch Verwachsungen und schmerzen beim sitzen
. aufgrund der vielen Notoperation samt komaphase (Sepsis kam hinzu) funktioniert mein Gedächtnis nicht mehr wie vorher
. als weitere Einschränkung kommt ein kuenstlicher Halswirbel, also eine teilversteifung und ein gleitwirbel in der Lendenwirbelsäule hinzu.
. ein Tinnitus, arthrosebeschwerden seien nur am Rande erwaehnt.
. nun gesellte sich jüngst noch Bluthochdruck dazu und lt. Erster Diagnose ein weiterer Bandscheibenvorfall, der auf den Atemwege und die Stimmbänder drueckt
. da ich wegen des stomas auch nachts aufstehen muss und kaum mehr schlafen kann, haben sich auch starke Depressionen eingestellt. Dass ich mich sehr schwach fühle dürfte verständlich sein.

Nun meine Frage: es ist mir klar, dass niemand im voraus sagen kann ob meine Krankheitsgeschichte eu-rente-wuerdig ist, trotzdem sollte es jemanden geben, der mir aus seinen Erfahrungen und aehnlicher Geschichte behilflich sein kann.
Gruss und danke im voraus

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Thilo
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Re: Erfahrungen bei Beantragung von EU-Rente

Beitrag von Thilo »

Hallo dingld,

da summiert sich ja so einiges bei deiner langen und umfangreichen Krankheitgeschichte. :cry:

Kurz zur Begriffserläuterung: Die EU-Rente (Erwerbsunfähigkeitsrente) gibt es für Neurentner
nicht mehr. Sie wurde 2001 durch die EM-Rente (Erwerbsminderungsrente) abgelöst.

Du scheinst jetzt an einem Punkt angelangt zu sein, wo sich Erkrankten mit einem schweren
Krankheitsverlauf die Frage nach dem "...wie soll das weitergehen...." stellt.

Sind deine anderen Krankheiten eindeutig diagnostiziert und bist du deswegen auch in
ärztlicher Behandlung ? Eine starke Depression bspw. bedarf fachärztlicher Behandung
und einer adäquaten Therapie, da ansonsten der Krankheitswert gegenüber Gutachtern
kaum dargestellt werden kann.

Wie stehen deine behandelnden Ärzte zu deinem Rentenbegehren ? Werden Sie dich in
einem Rentenverfahren unbedingt unterstützen?

Hast du bereits eine Reha-Maßnahme absolviert (keine Rente ohne vorherige REHA) ? Was sagen ggf.die
Ärzte im REHA-Bericht zu deinem zeitlichen Leistungsvemögen ? Bist du dir über die mögliche Höhe
deiner möglichen EM-Rente im klaren ? Bist du vor oder nach dem 01.02.1961 geboren ? In
welchem Bereich arbeitest du (Industrie, Behörde, etc.) ? Welche Tätigkeit übst du aus ? Wie hoch
sind deine krankheitsbedingten Ausfallzeiten im Jahr ?

Darüber zu spekulieren, ob eine Krankheitsgeschichte "Renten-würdig" ist, gleicht einem
Stochern im Nebel. Da gibt es den Briefträger, der mit 40 Jahren wegen "Kniebeschwerden"
in Pension geschickt wird und daneben den schwer Krebskranken, der lange Zeit mit der
Rentenversicherung nervenaufreibende juristische Auseinandersetzungen führen muss, um
seine Rente durchzusetzen. Beides habe ich im Bekanntenkreis erlebt.

Letztlich ein Rentenantrag, das sozialmedizinische Gutachten einer Reha-Einrichtung und die
Einschätzung eines Gutachters der Rentenversicherung werden dir am Ende Klarheit bringen,
ob eine EM-Rente gewährt wird, oder auch nicht. Hat man den Weg zur Rente einmal beschritten,
sollte man diesen auch konsequent weiter gehen, da man ansonsten bei allen Beteiligten des
Verfahrens seine Glaubwürdigkeit verliert.

Zum Thema schrieb ich in 2013 folgenden Thread:

https://forum.dccv.de/viewtopic.php?f=15&t=690

Die Ausführungen werden bei deinen jetzigen Überlegungen interessant für dich sein.

Sollten noch weitere Fragen bestehen, kann ich dir gerne weiterführende Tipps geben.

Gruß

Thilo

dingld
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Registriert: Mi 13. Jan 2016, 20:42

Re: Erfahrungen bei Beantragung von EU-Rente

Beitrag von dingld »

Hallo Thilo, danke für deine Ausführungen. Die meisten leiden sind im Rahmen des gdb-verfahrens attestiert worden, wenngleich einige unterbewertet sind, da sich in Addition der einzelnen Schädigungen ja weit über 100% ergeben würden. Ich war nach dem ersten step (7 Wochen Krankenhaus) in reha, konnte ja aus schwäche nicht mehr gehen. Es waren seinerzeit 4 Notoperationen notwendig, lag 5 Tage im Koma wegen Sepsis. In der reha wurde ich mehr oder weniger wieder auf die Beine gestellt der Abschlussbericht sagt wenig aus. 9 Monate später folgten erneut 4 Operationen davon drei außerplanmäßig. Die vielen Narkosen schädigten wohl mein gedaechtniszentrum und meine geistige Beweglichkeit, auch habe ich Schwindel. Ich arbeitete in einer Bank, das arbeiten fällt mir sehr schwer. Letztes Jahr ( da war ich komplett berufstaetig) baute ich 60 Tage Urlaub ab und war viermal krank, ich denke so rund 50 Tage insgesamt. Aktuell ist meine psyche derart am Boden weil ich so nicht mehr weitermachen kann und ständig neue "zipperlein" dazukommen. Zudem habe ich finanzielle Verpflichtungen die mich eigentlich zum weiterarbeiten verdammen. Ich bin 1960 geboren. Ich war schon bei einer rentenberatung, klar ist ein Witz was man da erwarten kann, aber letztendlich lassen die Veränderungen in der Finanzwelt für mich wenig Platz. Seit neuestem habe ich Bluthochdruck, bestimmt ein zeichen. Nochmaslks vielen dank für deine Anmerkungen.
Dingld

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Thilo
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Re: Erfahrungen bei Beantragung von EU-Rente

Beitrag von Thilo »

Hallo dingld,

ich kann deine Gedanken und Überlegungen gut nachvollziehen.

Du hast einen langen Leidensweg hinter dir und spürst deutlich, dass es so wie bisher nicht
mehr weitergehen kann. Durch deine gesundheitlichen Einschränkungen fehlt dir die Kraft
die jetzigen und künftigen Anforderungen im Beruf zu erfüllen.

Bei dir liegen nach meiner Meinung schwer wiegende Gesundheitsschäden vor, welche deine
Erwerbsfähigkeit aufheben bzw. dauerhaft beeinträchtigen. Sofern alle therapeutischen und
rehabilitativen Maßnahmen ausgeschöpft sind und die Wiederherstellung eines ausreichenden
körperlichen und geistigen Kräftezustandes nicht erreicht werden kann, liegen hier die
medizinischen Gründe für eine Frührente vor. Ein hoher GdB kann zumindest ein Indiz für
eine erheblich angeschlagene Gesundheit sein.

Mit deinen behandelnden Ärzten solltest du einmal ganz offen die jetzige belastende Lage
besprechen. Dies verbunden mit der Frage, ob sie dich im Rentenverfahren unterstützen.
Letztlich entscheidend für eine Rentengewährung wird das Gutachten der Rentenversicherung sein.

Aktuell bist du berufstätig. Es ist jedoch schwer vermittelbar, dass man aus einem aktiven
Arbeitsverhältnis heraus direkt in Rente möchte. Besser wäre es, den Rentenantrag nach längerer
Arbeitsunfähigkeit zu stellen. Bist du bei aktuell schwerem Leidensdruck überhaupt arbeitsfähig ?
Was spricht dagegen, dass du dir unter den jetzigen widrigen Umständen Arbeitsunfähigkeit
attestieren lässt?

Krankengeld wird für maximal 78 Wochen gezahlt, wobei du auch bedenken solltest, dass dein
Krankengeld vermutlich um einiges höher sein dürfte als deine mögliche Rente.

Gegebenenfalls wird auch ein erneuter Antrag auf Rehabilitationsleistungen
als Rentenantrag umgedeutet, nämlich dann, wenn sich während der Maßnahme herausstellt,
dass aus medizinischer Sicht eine Erwerbsminderung vorliegt.

Es gibt sicher noch vieles zu bedenken, was man hier in Kürze nicht darstellen kann. Solltest du
weitere konkrete Fragen haben, ......her damit. :)

Ich wünsche dir alles Gute, vor allem etwas mehr Lebensqualität.

Thilo

dingld
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Registriert: Mi 13. Jan 2016, 20:42

Re: Erfahrungen bei Beantragung von EU-Rente

Beitrag von dingld »

Danke einstweilen. Möchte schon gerne noch ein paar Jahre arbeiten, aber du hast recht, es ist sehr schwer. An manchen tagen schleppe ich mich regelrecht ins Büro, ich war halt mal Sportler, da ist eine gewisse haerte gegen sich selbst unabdingbar. Gruss

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Thilo
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Registriert: Sa 22. Dez 2012, 21:17

Re: Erfahrungen bei Beantragung von EU-Rente

Beitrag von Thilo »

dingld hat geschrieben:........An manchen tagen schleppe ich mich regelrecht ins Büro, ich
war halt mal Sportler, da ist eine gewisse haerte gegen sich selbst unabdingbar.......
Hallo dingld,

es ist dem noch verbliebenen kleinen Teil deiner "Restgesundheit" sicher abträglich, wenn
du beständig über deine Leistungsgrenzen hinaus gehst.

Bei der "gewissen Härte" gegen dich selbst solltest du gut achtgeben, dass du den Bogen nicht
überspannst. Beständigem und stetig anwachsenden Leistungsdruck mit kontinuierlicher
Arbeitsverdichtung können CED-Erkrankte mit einem ausgeprägten Krankheitsverlauf nur schwer
standhalten, ohne weitere Verschlimmerungen zu riskieren.

All das, was du über deine gesundheitliche Beeinträchtigungen hier im Forum geschrieben
hast, macht nachdenklich und lässt den Schluß zu, dass du über kurz oder lang um eine wegweisende
Entscheidung nicht herum kommst: Entweder den wirtschaftlichen Zwängen der so sehr belastenden
Erwerbstätigkeit bis zur totalen Erschöpfung folgend, oder die Reißleine ziehen und deinem gesundheitlich
schwer angeschlagenen Körper die dringend angezeigte langfristige Erholung gönnend; sowohl physisch als
auch psychisch.

Ich wünsche dir eine kluge Entscheidung.

Thilo

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