Forderung, Änderung des GdB bei Morbus Crohn

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RoHo1964
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Forderung, Änderung des GdB bei Morbus Crohn

Beitrag von RoHo1964 »

Ich habe mir mal Gedanken über die Formulierungen in der Versorgungsmedizinischen Grundsätze bei CED( Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa ) gemacht und folgendes als Forderung zur Änderung des GdB bei Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa, geschrieben. Dieses habe ich auch dem DCCV e.V. zur weiteren Verwendung zukommen lassen.

Denn meines Erachtens ist die Formulierungen in der Versorgungsmedizinischen Grundsätze bei CED würdelos und diskriminiert Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa Betroffene. Daher wäre es sehr interessant, welche Meinung Ihr dazu habt.

Unter folgendem Link könnt Ihr die PDF Datei sehen und dementsprechend wem es Interessiert speichern.

http://shg-mccu-eisenberg.de/onewebmedi ... 1.2014.pdf

MFG
RoHo1964

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neptun
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Re: Forderung, Änderung des GdB bei Morbus Crohn

Beitrag von neptun »

Hallo RoHo,

meine Anmerkungen.
Es wird zur Beurteilung des Grades der Behinderung die Schwere einer Erkrankung als Maßstab herangezogen.
Die mag sich aus der Historie erklären, die mit den Schädigungsfolgen von Kriegsopfern 1916 begann.

Nur hätte sich mit Einführung der Sozialgesetzbücher Anfang dieses Jahrtausends eigentlich ein Wechsel vollziehen sollen, weil nach SGB IX in §2 festgelegt wurde, daß Menschen behindert sind, wenn ihre körperliche Funktion von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.
Ich war nach diesem Text davon ausgegangen, daß wirklich die Auswirkungen der Erkrankung/Behinderung nach durchschnittlichen Gesichtspunkten und bezogen auf alle Lebensbereiche zur Beurteilung des GdB herangezogen werden.
Noch nach dem Schwerbehindertenrecht gab es den Bezugspunkt der "Teilhabebeeinträchtigung" nicht. Stattdessen war die "Auswirkung der Funktionsbeeinträchtigung" wesentlich.

Ob nun die AHP2004 oder in der Folge die Versorgungsmedizinischen Grundsätze mit ihrem Anhang als nun gesetzlich geltende Grundlage zur Beurteilung weiterhin herangezogen werden, das Vorgehen entspricht nicht dem Wortlaut.
Wie ich 2005 schon schrieb:

"Aus dem „Charakter der AHP“ geht hervor, daß die normähnliche Wirkung auf die Bewertung medizinischer Sachverhalte beschränkt ist. Nach den AHP erfolgt eine Beschreibung von Gesundheitsstörungen und ihrer funktionellen Auswirkungen sowie die Bewertung des GdB. Ließt man sich in den Text der AHP mit den Anmerkungen hinein, so wird deutlich, daß der Begriff „Auswirkungen“ in verschiedenen Zusammenhängen auftaucht, aber nie im Sinne des SGB IX als Teilhabe am Leben in der Gesellschaft."

Stattdessen hätte man sich an der
"Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit ICF", herausgegeben vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) und hier insbesondere an der "Klassifikation der Aktivitäten und Partizipation [Teilhabe]" orientieren sollen.
http://www.dimdi.de/dynamic/de/klassi/d ... ndfassung/

Ich stand mit dieser Einschätzung damals keineswegs allein.

Nun zu der Bewertung nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen.
Noch in den 90er Jahren wurden cu und mc als zwei Gesichter einer Erkrankung bezeichnet. Das erklärt vielleicht, weshalb es in den Grundsätzen nur eine gemeinsame Liste zur Beurteilung der Schwere der Erkrankung gibt.

Mindestens seit 2005 wurde durch die Sozialgerichtsbarkeit festgestellt, daß die Symptome in den Klammern nicht abschließend aufgeführt sind. Dazu, daß sie nicht kumulativ gelten, also nicht alle zutreffen müssen, wenn die Einstufung erfolgen soll.

Sicher wird auch jeder in solch Verfahren involvierte Gutachter bestätigen, die unspezifischen Formulierungen zu den beschwerden können so nicht zielführend für eine Einschätzung sein.

Ich habe zum Beispiel einen imperativen Stuhldrang, der zur Schwerbehinderung führte.

Und es gibt seit 2002 die Stellungnahme einer Sozialmedizinerin aus dem Versorgungsamt Düsseldorf, veröffentlicht in der einschlägigen Zeitschrift "Medsach", mit Vorschlägen zur weiteren Diffenzierung, z.B. die Ausbreitung der Entzündung, Verlaufsform, Therapiebedürftigkeit.

Der letze Punkt wurde in diesem Jahr vom Sozialgericht Hannover - S 25 SB 556/12 - Urteil vom 24.07.2014 aufgegriffen.

Zu dem Kräfte- und Ernährungszustand. Auch mit wurde in einem Verfahren vor dem SG dieses Argument vorgehalten. Letztlich war es nur ein Ausdruck von Unfähigkeit oder keinem guten Willen. Jeder Internist oder ähnlich geschulter Arzt wird bestätigen, daß es nur wenige Indikationen gibt, um diesen Zustand zu erreichen, z.B. ein Dünndarmcrohn. Für die meisten CED-Betroffenen gilt dieses Kriterium sicher nicht.

LG Neptun

merre/mb
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Re: Forderung, Änderung des GdB bei Morbus Crohn

Beitrag von merre/mb »

Hallo, muß ich mich mal reinlesen, interessante Sache.
Die mir vorliegenden Grundsätze zur Festlegung eines GdB sind über 100 Din-A4-Seiten auf 1/3 verkleinert - also weit mehr.
Muß ich auch mal schauen was die EU dazu sagt.
Der Gdb ist eine Art Ableitung vom GdS. Der Grad der Schwere einer gesundheitlichen Beeinträchtigung bezieht sich auf Verletzungen und deren Folgen.
Der GdB wird als Nachteilsausgleich gesehen, also welche Nachteile habe ich gegenüber Anderen (Gesunden) oder bezüglich zu der Zeit als diese gesundheitlichen Einschränkungen noch nicht bestanden.
Leider, wie so oft, gibt es zu den Entscheidungen sehr viele, aufgrund von Widersprüchen getroffene gerichtliche Korrekturen. Die helfen nur, wenn man sie kannt. Auch sind oft länderunterschiedliche Verfahrensweisen bekannt.
Zum Beispiel hat Brandenburg mit den neuen Ausweisungen (Chipkarte) angefangen und es gibt die Möglichkeit beschleunigter Verfahren. Vor allem sind sie bedeutend schneller mit Festlegungen des GdB als z.B. Berlin. Man ist dort auch bemüht neben den "amtlich formulierten Entscheidungen" auch einen Zusatz in "verständlicher Formuölierung" beizufügen.

Ja denn schau ich mal, meld mich denn..."merre"

merre/mb
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Registriert: Fr 28. Nov 2014, 19:18

Re: Forderung, Änderung des GdB bei Morbus Crohn

Beitrag von merre/mb »

Hallo, also ich hab da folgende Grundsätze zum GdB gefunden:

Verdauungsorgane
---------------------
Magen- und Darmkrankheiten:
Bei organischen und funktionellen Krankheiten des Magen-Darmkanals ist der GdB/MdE-Grad nach dem Grad der Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes,
der Schwere der Organstörung und nach der Notwendigkeit besonderer Diätkost zu beurteilen. Bei allergisch bedingten Krankheiten ist auch die Vermeidbarkeit der Allergene von Bedeutung.

GdB/MdE-Grad
Colitis ulcerosa, Crohn-Krankheit (Enteritis regionalis) mit geringer Auswirkung, geringe Beschwerden - 10–20,
(keine oder geringe Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungs zustandes, selten Durchfälle)

mit mittelschwerer Auswirkung (häufig rezidivierende oder länger anhaltende Beschwerden, - 30–40
geringe bis mittelschwere Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, ( häufiger Durchfälle)

mit schwerer Auswirkung, anhaltende oder häufig rezidivierende erhebliche Beschwerden, - 50–60
(erhebliche Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, häufige, tägliche, auchnächtliche Durchfälle)

mit schwerster Auswirkung (häufig rezidivierende oder anhaltende schwere Beschwerden, - 70–80
(schwere Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, ausgeprägte Anämie)

Fisteln, Stenosen, postoperative Folgezustände (z. B. Kurzdarmsyndrom, Stomakomplikationen),
extraintestinale Manifestationen (z. B. Arthritiden), bei Kindern auch Wachstums und Entwicklungsstörungen, sind zusätzlich zu bewerten.

Somit ist bei längerem oder sehr progidienten Verlauf insbesondere die Frage einer zusätzlichen Bewertung als wichtig zu sehen. Häufig werden keine zusätzlichen Bewertungen (Addieren einzelner Werte) anerkannt.
Auch ist bei Komplikationen eine höhere Bewertung möglich, diese wird dann über den Heilungsbewährungszeitraum (meist 2 Jahre) anerkannt. Daher werden bei solchen Erkrankungen, wie z.B. MC, auch in kürzeren Zeiträumen Neubewertungen vorgenommen. (Man kriegt dann Post).

Ich denke, daß die Einstufungen auch Raum für Auslegungen der Grundsätze lassen.
CED- Erkrankungen werden grundsätzlich als "schwere Erkrankung mit mittel-bis schweren Auswirkungen auch auf andere Bereiche gesehen".
Sie sind ein extremer Einschnitt in die Lebensqualität der Betroffenen, und (das besonders wichtig) eine Eingliederung bzw. ein Verbleiben im gewohnten sozialen Umfeld mit allen Konsequenzen ist aus eigener Kraft nicht machbar. Selbst ein anerkannter GdB ist da oft allein nicht ausreichend.
Deswegen sind auch weitere Förderungen bzw. lebensbegleitende Maßnahmen nötig.

Ich hatte in meiner Vorstellung erwähnt aus dem Rheumabereich zu kommen, da habe ich mir umfassende Kenntnisse zu unseren Problemen aneignen können und kann sogar eine Referentenausbildung vorweisen. Ich bin sehr aktiv in der DVMB und der Rheumaliga........kurz gesagt :
"da meine Enkeltochter (14) MC hat, habe ich angefangen mich umfassend über CED zu informieren (soweit das auf die Kürze geht)...und muß sagen, gottseidank hab ich nur Rheuma !"

angenehme Adventszeit noch "merre"

rosenspiel
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Registriert: Di 23. Sep 2014, 16:22

Re: Forderung, Änderung des GdB bei Morbus Crohn

Beitrag von rosenspiel »

Hmmm, etwas spät mit der Antwort,

bei mir trifft ein "Schlechter Ernährungs- und Kräftezustand" exakt zu und im Laufe zunehmender Krankheitsdauer
hat mein Crohn an Intensität und Schwere zugenommen.

Vielleicht die Formulierungen um Zusätze erweitern, aber nicht ersetzen.

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