Umfrage zu Erfahrungen mit bestehendem Schwerbehindertenausw

Schwerbehinderung, Rente, Kur etc. Austausch unter Betroffenen. Hier erfolgt keine Beratung durch den AK Sozialrecht!
EmilyPeteraPan
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Umfrage zu Erfahrungen mit bestehendem Schwerbehindertenausw

Beitrag von EmilyPeteraPan »

Einen schönen guten Tag wünsche ich Euch!! :)
Ich möchte mich kurz vorstellen: Emily, 26 Jahre, Studentin des Faches der Gesundheitswissenschaften.
Dieses Fach beschäftigt sich viel mit Prävention innerhalb des Gesundheitssektors auf verschiedene Weise. Eines meiner Seminare behandelt das Thema des Morbus Crohn. Durch meine vorige Ausbildung zur Physio habe ich zwar schon ein wenig darüber gehört, wie sich das Ganze aber wirklich im Alltag zeigt, wurde erst jetzt im Seminar eingehender klar für mich. Hierfür: Hut ab! Ihr müsst durch die Erkrankung echt was mitmachen..
Und darum geht es auch hier. Im Zuge einer mündlichen Prüfung behandele ich das Thema im Zusammenhang mit Morbus Crohn (da eine CED, können natürlich auch die Cu-Betroffenen gerne antworten!) und dem Schwerbehindertenausweis.
Mich würden hierfür sehr die Schwierigkeiten interessieren. Bei dem Antrag, auf der Arbeit, vielleicht innerhalb der Familie, Freunde. Generell eure Erfahrungen und was ihr zu dem Thema sonst auf dem Herzen habt! Ob es für euch eher Vor- oder doch Nachteile hat, einen solchen zu besitzen.
Insgesamt finde ich, dass MC bzw generell die CED einfach noch zu wenig in die Gesellschaft eingebettet sind und nicht ernst genug genommen werden...
Ich bin zwar erst im 3. Semester, allerdings wäre das echt eine Überlegung für eine Abschlussarbeit! Denn als Prävention kann man das Ganze definitiv sehen, auf jeglicher Hinsicht, wenn sich endlich mal eingehender mit den CED auseinandergesetzt würde!!
Ihr könnt mir gerne eure Erfahrungen, Gedanken und und und mitteilen!
Ich würde mich freuen und Danke euch schon mal herzlich!
Grüße, Emily.

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Thilo
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Registriert: Sa 22. Dez 2012, 21:17

Re: Umfrage zu Erfahrungen mit bestehendem Schwerbehinderten

Beitrag von Thilo »

Hallo Emily,

um dir auf deinen Aufruf umfassend zu antworten, müssten MC-Betroffene zeitintensiv berichten. Es besteht für dich die Möglichkeit hier im Forum über eine detaillierte Suchfunktion zu recherchieren.

Eine Schwerbehinderung an und für sich hat nach meiner Sicht für CED-Betroffene kaum noch nennenswerte Vorteile. Die Nachteilsausgleiche sind gering, finanzielle Hilfen ergeben sich kaum nennenswert und der so oft angeführte Kündigungsschutz ist oft nicht einmal das Paier wert, auf dem die Gesetze gedruckt sind. Sicher mag es für Beamte und im öffentlichen Dienst noch einige "Vorteile" geben; im industriellen Bereich sowie in Handel und Gewerbe ist ein Schwerbehindertenausweis bei Offenbarung der Schwerbehinderteneigenschaft eher ein erhebliches Einstellungshemmnis.

In einem Eintrag habe ich die Nachteile einer Schwerbehinderung beschrieben. Dies kannst du, wenn du magst, hier nachlesen:

Nachteile einer Schwerbehinderung

Vorweg: Dieser Eintrag ist absolut einseitig und erhebt ganz bewusst nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Ich möchte damit auch keine erneute Diskussion entfachen, lediglich Einzelne, die vor einer Entscheidung stehen, zum Nachdenken anregen.

Mein Thread beschäftigt sich nicht mit Vorteilen, die es zugegeben auch gibt, sondern nur mit Nachteilen, um es bildlich auszudrücken nur mit der Rückseite einer Medaille. Über Vorteile einer Schwerbehinderung wird immer viel und gerne geredet und geschrieben. Die Nachteile kennt man meist nicht, möchte man nicht gerne hören, oder sie werden einfach verdrängt.

Mir persönlich erschließt sich in vielen Fällen nicht das starke Begehren, gerade von jungen CED-Betroffenen, nach einem Schwerbehindertenausweis. Für unsere Erkrankung wird als Vorteil meist Kündigungsschutz, Zusatzurlaub, Parkerleichterung und ein steuerlicher Aspekt ins Feld geführt. Das mag im Einzelfall zutreffen. Wo aber liegen die Nachteile ? Alles hat bekanntlich zwei Seiten.

In regelmäßigen Abständen steht dieses Thema immer wieder in der Diskussion. Aus diesem Grund und in der Erwartung, dass es nicht immer wieder Gegenstand von Debatten wird, die unsere Kraft und Zeit verschwenden, möchte ich noch einmal einige grundlegende Gedanken zu den Nachteilen aufschreiben:
Wo liegen eigentlich die Nachteile einer anerkannten Schwerbehinderung ?


1. Neid der Mitmenschen

Bei uns CED-Betroffenen ist meist keine Behinderung sichtbar. Hierdurch reagieren Mitmenschen oft verständnislos oder neidisch, sobald ein/e Schwerbehinderte/r Sonderrechte beansprucht.


2. Vorteile im Beruf ?

Der Gesetzgeber stellt sich vor, dass die Schwerbehinderteneigenschaft - einmal abgesehen von den gesundheitlichen Einschränkungen - keine Nachteile mit sich bringen darf. Das ist die Theorie.

In der Praxis, d. h. im täglichen Leben ist dies aber leider nicht immer so. Vor allem wer eine Arbeit sucht, sollte sich darüber im Klaren sein, dass private Arbeitgeber wegen des Kündigungsschutzes, besser gesagt wegen dem Verwaltungsaufwand schwerbehinderten Menschen zu kündigen, in der Mehrzahl der Fälle schwerbehinderte Menschen nicht einstellen.
Arbeitgeber dürfen einen Stellenbewerber nicht grundlos fragen, ob er schwerbehindert ist. Wenn trotzdem gefragt wird, müssen Sie nicht angeben, dass Sie schwerbehindert sind. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Behinderung dazu führt, dass der schwerbehinderte Mensch die angebotene Arbeit gar nicht ausführen kann.

Bedenken muss man allerdings, dass auch dem Arbeitgeber die Schwerbehinderung irgendwann mitgeteilt werden muss, sobald man Nachteilsausgleiche beansprucht, insbesondere den zusätzlichen Urlaub oder Freistellung von Mehrarbeit.

Häufig wird das Argument vorgebracht, dass man eine Schwerbehinderteneigenschaft nach dem neuen Gleichbehandlungsgesetz nicht mehr offenbaren müsse. Die Frage sei erlaubt: Warum strebt man einen Schwerbehinderten-Ausweis an, wenn man die damit verbundenen Nachteilsausgleiche durch dessen Vorlage nicht in Anspruch nehmen will ?
Gerade junge CED-Erkrankte, die Arbeit suchen oder am Anfang des Berufslebens stehen, können also durch die Schwerbehinderung erhebliche Nachteile haben, sofern sie zu irgendeinem Zeitpunkt ihren Status offenbaren.


3. Gibt es wirklich echten Kündigungsschutz ?

Der erhöhte Kündigungsschutz bringt eben erst dann etwas, wenn man bereits einen Arbeitsplatz inne hat.

Anders ist es bei Menschen, die sich beruflich nicht mehr verändern wollen oder denen eine Kündigung droht. Diese können versuchen, durch die Schwerbehinderung ihren Kündigungsschutz auszubauen. Tatsache ist aber auch, dass die Integrationsämter meist einem Kündigungsbegehren eines Arbeitgebers zustimmen. Der „unkündbare Schwerbehinderte“ entpuppt sich so als „Fata Morgana“; man sieht etwas, aber es existiert in Wirklichkeit nicht.

Nur Beamte auf Lebenszeit brauchen keine Nachteile zu fürchten und können sich über den Zusatzurlaub und die Steuerersparnis freuen.


4. Auswirkung auf die eigene Psyche ?

Nicht außer Acht lassen sollte man, daß der Schwerbehindertenausweis durchaus zu Minderwertigkeitskomplexen und/oder Persönlichkeitsproblemen führen kann – vor allem dann, wenn man trotz der Erkrankung noch voll leistungsfähig ist. Die überwiegende Zahl der CED-Betroffenen kann einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgehen und steht im Berufsleben den Mitkonkurrenten in nichts nach.

So traurig es ist: Im Alltags- und Berufsleben werden Schwerbehinderte oft als Menschen zweiter Klasse angesehen und ausgegrenzt.


5. Kann man einen Schwerbehindertenausweises einfach zurückgeben, wenn man erkennt, dass dieser eher hinderlich als förderlich ist ?

Den Ausweis kann man zwar zurückgeben, aber auf eine festgestellte Schwerbehinderung kann man nicht durch einfache Rückgabe des Ausweises verzichten. Die entsprechende Feststellung bleibt als behördlicher Verwaltungsakt weiterhin wirksam. Erst wenn sich der Gesundheitszustand nachhaltig verbessert hat, kann durch einen Neufeststellungsantrag ein GdB von weniger als 30% festgestellt und der Ausweis wieder eingezogen werden.


6. Blick in die Zukunft

Man sollte auch einmal kritisch in die Zukunft blicken. Zwar schließen Gesetze derzeit einen Missbrauch der Daten aus, und es sind von der Politik auch keine Bedrohungen zu erwarten. Trotzdem lesen wir in unregelmäßigen Abständen von Datenskandalen, wo bspw. unsere Bankverbindungen und andere sensible Daten im Internet gehandelt oder gar in Müllsäcken vor einem Amt gefunden werden.

Wie sieht es in einigen Jahren aus? Vielleicht tauschen Behörden später Daten noch stärker als heute untereinander aus. Dann könnten Behörden möglicherweise in den Gesundheitsakten von Schwerbehinderten stöbern.

Womöglich verändern sich auch wieder mal die Werte in unserer Gesellschaft und Schwerbehinderte werden nicht mehr „gefördert“, sondern nicht nur von Mitmenschen ggf. auch noch vom Staat diskriminiert.

Es gab vor nicht allzu langer Zeit ein sehr dunkles Kapitel in unserer deutschen Geschichte, wo Behinderte als „lebensunwertes Leben“ bezeichnet wurden. Die traurigen Folgen sind Geschichtskundigen bekannt. Vereinzelte Tendenzen in unserer heutigen Gesellschaft, die soweit gehen, dass Körperbehinderte attackiert werden, sind leider wieder traurige Realität geworden und machen zumindest nachdenklich.


7. Fazit:

Jede/r Betroffene ist gut beraten, vor einem Antrag auf Feststellung einer Schwerbehinderung die Vor- und Nachteile sorgfältig gegeneinander abzuwägen und dann zu entscheiden.

Ich habe die Überlegung zu einem Antrag auf Feststellung einer Schwerbehinderteneigenschaft bereits in der Vergangenheit auf die einfache Formel gebracht:

Älter und zur Arbeitsplatzabsicherung – Ja / Jung und am Beginn des Berufslebens – Hände weg.

Völlig unbedachte Anträge können sich im Nachhinein schnell als „klassisches Eigentor“ erweisen.


Gruß

Thilo

Angela1968
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Re: Umfrage zu Erfahrungen mit bestehendem Schwerbehinderten

Beitrag von Angela1968 »

Hallo,

also ich habe es so gehandhabt das ich dann gesagt habe nun ist es egal ob mich AG wegen der Schwerbehinderung nicht wollen oder wegen meines hohen Arbeitsmarktalters, da war ich Ende 30 Anfang 40.

Da ich erst mal einen GdB von 40 bekam, beantragte ich die Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten. Dadurch hatte ich den Vorteil beim JC nicht mehr ganz so gequaält zu werden. Ich durfte mich da bewerben wo ich den Sinn auch sah und musste mich nun nicht mehr sinnloserweise bundesweit bzw. in Berlin bewerben wo ich sowieso wusste das man mich nicht wollte. Schon als ich jünger und gesünder war wollte man mich nicht.

Also ich habe nie bemerkt das man auf mich neidisch war wegen meiner Schwerbehinderung. Aber eigentlich wussten außer die AG bei denen ich mich bewarb, meine AGin und das JC auch nichts darüber und warum hätte ich es publik machen sollen?

Ich habe von Anfang an bei allen AG mit offenen Karten gespielt bezüglich meiner Schwerbhinderung. Wenn ich erreichen wollte das man mich eigentlkch nicht einstellt habe ich die Schwerbehinderung mit einer Förderung durch das JC gleich im Bewerbungsanschreiben erwähnt. Ansonsten nur im Lebenslauf unter Sonstiges.

Bei meienr AG in bemerkte ich sofort das sie beeindruckt war von meiner Bewerbung und sie war auch ganz scharf auf meine Gleichstellung. Offenbar benötigte sie noch eien Quaoten-Schwerbehinderten. Ich hatte dann noch mal Anlauf genommen um dann den GdB von 50 zu bekommen. Als dann mein halbes Jahr vorbei war und keine Kündigung in Sicht war reichte ich dann meine Schwerbehindertenauswies ein. Ca. 1/2 Jahr später bekam ich meinen Arbeitsvertrag bis zur Rente schriftlich. Das bestätigte mir den Eindruck mit der Quoten-Schwerbehinderten. Also mir konnte es nur Recht sein das meien Chefin auf mich als Arbietskraft scharf war weil ich gut bin und dazu noch Schwerbhindert.

Als Schwerbhinderte habe ich auch beim JC nun auch diei Freiheit trotz Teilzeitjobs mich nicht weiterbewerben zu müssen, sondern nur diesen behalten und auszubauen.

Angela

EmilyPeteraPan
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Re: Umfrage zu Erfahrungen mit bestehendem Schwerbehinderten

Beitrag von EmilyPeteraPan »

Ich danke euch beiden schon einmal sehr für eure Offenheit!! :)

Windhand
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Registriert: So 3. Feb 2013, 14:35

Re: Umfrage zu Erfahrungen mit bestehendem Schwerbehinderten

Beitrag von Windhand »

Hi EmilyPeteraPan,

finde ich gut, dass Du Dich innerhalb Deines Studiums mit dem Thema nähergehend befasst. Hier als Betroffener meine persönliche Sicht der Dinge:

ich habe einen unbefristeten Schwerbehindertenausweis mit einem GdB von 100. Der wirkt sich in meinem Fall sehr hilfreich auf den monatlich bewilligten Wohngeldbetrag und jährlich auf die Errechnung der Zuzahlungsquote bei Medikamenten aus, ich erhalte eine umfassende Parkerleichterung und einen Schlüssel für alle Behindertentoiletten. Das mag für den einen oder anderen dürftig klingen, ich bin aber für jedes dieser vier Dinge dankbar und nehme sie regelmäßig in Anspruch. In diesem und jenem Fall gibt es auch ermäßigten Eintritt in Museen/ öffentlichen kulturellen Einrichtungen.
Negative Auswirkungen gibt es in meinem persönlichen Fall keine, in Bezug auf mich hat sich ausser mir von sich aus nie jemand für den Ausweis interessiert bzw. danach gefragt.

Wenn es um Arbeitsaspekte geht, würde ich persönlich bei potentiellen Arbeitgebern in meinem Fall absolut klare Sprache sprechen, auch auf die Möglichkeit hin, dass ich abgelehnt würde.
Ich würde und könnte niemals so tun wollen, als wäre ich "normal" leistungsfähig, gerade das sagt ja der Begriff "schwerbehindert" aus. In Diskussionen über den Status/ Ausweis wird oft ausser acht gelassen, dass eine "Schwerbehinderung" für viele nicht nur ein Wort ist, was man nach Bedarf an- und ausknipst, sondern tatsächliche Realität, mit der man leben und umgehen muss und in der zusätzliche Rechte oft sehr hilfreich und notwendig sind.
Den gesamten Komplex muss jeder ganz nach seiner individuellen Situation einschätzen und entscheiden. Wenn man sich wirklich noch in der Lage fühlt und willens ist, wie eine normalgesunde Person zu arbeiten, kann man sich überlegen, ob der Status der Schwerbehinderung tatsächlich hilfreich ist.

Was mir nicht gefällt, ist eine Art "vorauseilender Gehorsam", der dahin geht, dass Menschen tendenziell nahegelegt wird, gleich gar keine verbrieften Rechte mehr in Anspruch zu nehmen, weil man befürchten muss, dadurch letztendlich benachteiligt zu werden, vor allem wenn es darum geht, bereits im voraus unterwürfig vor einzelnen Menschen und sogar potentiellen Regimen in ferner Zukunt in die Knie zu gehen, die eine Behinderung als Mißartung werten könnten ("Blick in die Zukunft" von Thilo). Diese Art zu argumentieren halte ich für überaus problematisch und grenzwertig.

Es kann nicht darum gehen, als Betroffener gleich zuallererst immer die Sicht derjenigen zu internalisieren, die Rechte und Menschlichkeit nur allzu gern mit Füßen treten. Was haben (teilweise in langwierigen Entwicklungsprozessen entstandene) Rechte für einen Wert, wenn selbst diejenigen für die sie gemacht wurden, diesen, aus der diffusen Befürchtung heraus, dass sich jemand an der Inanspruchnahme irgendwie stoßen könnte, nicht mehr trauen.

Wenn potentielle Neider und Diskriminierer bereits als ausschlaggebendes Argument in einer objektiven Entscheidungsfindung bezüglich eines Behindertenstatus aufgeführt werden, haben diese Personengruppen längst die Oberhand gewonnen.

Auch durch den Ausweis ausgelöste "Persönlichkeitsprobleme" halte ich für weit hergeholt. Persönlichkeitsprobleme entstehen eher bereits schon durch die tatsächlichen Krankheiten und wirklichen Einschränkungen, weniger durch den daraus folgenden Status und das Dokument an sich.

Viele Grüße und viel Erfolg mit Deinem Studium!

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Thilo
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Re: Umfrage zu Erfahrungen mit bestehendem Schwerbehinderten

Beitrag von Thilo »

Hallo Windhand,

es ist durchaus möglich, einzelne Passagen aus einen umfassenden Thread herauszunehmen, diese genau zu beleuchten und anschließend kritisch zu sezieren.

Den Beitrag "Nachteile einer Schwerbehinderung" habe ich nach mehrfachen Diskussionen hier eingestellt, um ganz gezielt einmal den einseitigen Aspekt der "Nachteile" zu betrachten und darzustellen. So ist das bisher bei den meisten Leserinnen und Lesern angekommen.

Genauso kannst du hier im Forum aber auch über die "Vorteile einer Schwerbehinderung" lesen.

Im Laufe von Jahren habe ich hier sehr viel über das Begehren nach einem Schwerbehindertenausweis gelesen. Von Menschen, die einen Antrag auf Feststellung einer Schwerbehinderteigenschaft stellten und am Ende "erschrocken" waren, angesichts der Höhe des GdB. Von Menschen mit leichten "Befindlichkeitsstörungen", die bei genauer Betrachtung niemals den GdB von 50 erreicht hätten. Aber auch von Betroffenen, die den Schwerbehindertstatus ablehnen, weil sie sich zum einen nicht "behindert" fühlen und zum anderen in ihrem sozialen Umfeld oder in der Arbeitswelt nicht stigmatisiert werden wollen.

Ein GdB von 100 kann man in der Regel kaum "verbergen". Hier wird man bei einem potientiellen Arbeitgeber sowieso "Klartext" sprechen müssen. Ganz anders sieht es bspw. bei einem Menschen mit einer CED aus, die schubhaft verläuft. In den wenigsten Fällen wird hier "optisch" eine chronische Erkrankung sichtbar sein. Viele CED-Betroffene sind froh, dass sie ihre Erkrankung nicht schon wegen einer offensichtlichen Behinderung bei einem Einstellungsgespräch offenbaren müssen und damit die Einstellungschancen gegen Null laufen. Letzteres wäre aber eine separate Thematik.

Ich schrieb oft: Was nützt ein Schwerbehindertenausweis, wenn man seine Rechte, die daraus erwachsen, nicht in Anspruch nehmen will. Bsp.: Will ich den 5-tägigen Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen in Anspruch nehmen, muss ich den Schwerbehindertenstatus beim Arbeitgeber offenbaren. Und so befindet sich ein schwerbehinderter Mensch oft noch in der Klemme: Gehe ich offensiv mit meiner Schwerbehinderung um und nehme meine Rechte in Anspruch, oder verzichte ich auf die mir zustehenden Nachteilsausgleiche.

Das Thema Schwerbehinderung wird sehr oft emotional diskutiert und zuletzt wird ein jeder kranke Mensch seine Vorgehensweise selbst entscheiden. Den Menschen sollte man jedoch sagen: Informiert euch umfassend und trefft danach eine Entscheidung. Verschafft mir ein Schwerbehindertenausweis wirklich Vorteile? Jede Medaille hat zwei Seiten, heißt Vor- und Nachteile sollte ein jeder für sich, unter Berücksichtigung seiner ganz individuellen Situation, abwägen. Das sich diese Abwägung bei einem GdB von 100 nicht stellt liegt doch auf der Hand.

Es wäre schön, wenn man bei künftigen Diskussionen (zu dem Thema Schwerbehinderung) mehr von dir lesen könnte.

Gruß

Thilo

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Rirumu
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Re: Umfrage zu Erfahrungen mit bestehendem Schwerbehinderten

Beitrag von Rirumu »

Hallole Thilo,

darf ich Dir da widersprechen? Ich habe meinen GdB von 100 schon sehr lange, also schon seit der Berufsfachschulzeit. Ich hatte mich damals nach der Berufsfachschule bei diversen Hochschulen zur Zulassungsprüfung angemeldet. Als man mich sah, sagte man: "Sie dürfen natürlich die Aufnahmeprüfung machen", wohingegen einem Rollifahrer gesagt wurde, er könne nicht an der Prüfung teilnehmen, weil er sie wahrscheinlich eh nicht besteht.
Leider gab ich nachder schriftlichen Prüfung dem Professor die Hand und er merkte, dass mir ein Daumen fehlt. Damit war die Prüfung für mich leider gelaufen. Allerdings sah man mir (damals zumindest) nicht den GdB von 100 an, sondern lediglich die 30 %, die ich auf meine Daumenaplasie bekam.

Heutzutage geht es auch an den MHS viel gerechter zu, aber leider traue ich mich nicht mehr, eine Aufnahmeprüfung zu machen.Vielleicht, wenn ich etwas gesetzteren Alters sein werde und nicht mehr so flippig. :D

Gruß

Rirumu
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Thilo
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Re: Umfrage zu Erfahrungen mit bestehendem Schwerbehinderten

Beitrag von Thilo »

Hallo Rirumu,

ein "lebendiges" Forum und gute Diskussionen leben von Widerspruch und gegensätzlichen Meinungen. :)

Menschen gelten nach SGB IX § 2als behindert, wenn ihre körperliche Funktion, ihre geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit über einen längeren Zeitraum von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Dadurch muß ihre Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt sein.

Bei der Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) kommt es maßgebend auf das Ausmaß der bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen an und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sich daraus eine berufliche Betroffenheit ableiten lässt oder nicht. Maßgeblich ist das Ausmaß einer Minderung im "allgemeinen Funktionieren". Daraus ergibt sich, dass bei einem bestehenden GdB von 100 in der Regel doch erhebliche Beeinträchtigungen vorliegen. Diese werden nicht immer sofort für jedermann erkennbar sein.

Ich selbst kenne schwerbehinderte Menschen mit einem festgestellten GdB von 100, deren Schwere ihrer Beeinträchtigung nicht sofort erkennbar ist. Denken wir beispielsweise auch an Menschen mit schwersten psychischen Erkrankungen, deren Leidensdruck extrem hoch ist und denen man äußerlich zunächst nichts ansieht, was aber auch für die Betroffenen äußerst belastend sein kann. Eine blendend aussehend junge Frau mit einer Borderline-Störung sagt einmal zu mir: "Würde mir ein Bein fehlen, wüsste jeder das ich behindert bin. So muß ich mich jedesmal rechtfertigen, wenn mein soziales Umfeld danach fragt, was mit mir los ist, warum ich oft beim Arzt sitze und warum ich berentet bin."

Ich bleibe meiner Feststellung, dass man in der Regel einen GdB von 100 bei einem potientellen Arbeitgeber nicht verbergen kann. Das es hier ganz vereinzelt auch Ausnahmen gibt versteht sich doch von selbst.

Dir alles Gute

LG Thilo

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Eusebia
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Re: Umfrage zu Erfahrungen mit bestehendem Schwerbehinderten

Beitrag von Eusebia »

Hallo Emily,

einen Behindertengrad von weniger als 50 GdB bringt in der Regel noch nichts. Aber für mehr als 50 GdB zu bekommen muss man heute schon viel vorweisen. Heutzutage bekommt man die Punkte ja nicht mehr so einfach wie früher und das was ich alles bräuchte um mehr als 50 GdB zu haben, das will ich alles nicht haben.

Bei mir ist das so, dass ich 30 GdB habe und mich auch gleichstellen lies. Ich bin jetzt 57 Jahre alt und will noch bis zur Rente dort arbeiten. Es ist ein sehr großes Unternehmen mit Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung, deshalb habe ich mit der Gleichstellung schon eine gewisse Absicherung. Wenn ein Sozialplan erstellt werden muss, dann habe ich durch die Gleichstellung extra Punkte.

Mehr Urlaub oder bessere Behandlung durch den Arbeitgeber habe ich aber nicht. Die Gleichstellung wirkt sich nur auf den Kündigungsschutz aus.

Beim Finanzamt kann ich meine 30 GdB auch geltend machen, da ich auch eine Bewegungseinschränkung habe.

Wenn man älter ist und in einem großes Unternehmen arbeitet, da wirken sich die GdB eher positiv aus.

Über negative Auswirkungen kann ich nichts berichten.

Aus psychischer Sicht: Ich fühle mich nicht behindert, obwohl ich nicht mehr zu Hundert Protzend Leistungsfähig bin. Da ist aber auch das Alter :D mit daran Schuld und der zunehmende Stress im Berufsleben nicht nur meine Krankheit. Deshalb mache ich ja auch freiwillig Teilzeit. Das heißt ich arbeite nur die Hälfte und bekomme aber auch nur das halbe Gehalt.

VG Eusebia
Wer sich nicht selbst helfen will, dem kann niemand helfen.
Hans A. Pestalozzi

EmilyPeteraPan
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Re: Umfrage zu Erfahrungen mit bestehendem Schwerbehinderten

Beitrag von EmilyPeteraPan »

Meine Lieben, wirklich ganz ganz vielen Dank euch!!
In einem anderen Forum wurde mein Beitrag leider gänzlich abgewehrt und abgeschmettert, was ich eigentlich nicht so ganz verstehen konnte, aber vielleicht habe ich einfach nicht genug über meinen Studiengang geschrieben und was eigentlich für ein Sinn dahintersteckt..
Deswegen euch umso mehr Danke, dass ihr mir (und hoffentlich dann auch euch, wenn ich fertig bin und die Leute überzeugen kann, dass es besser wird ;)) geholfen habt.

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