Verschlechterungsantrag

Schwerbehinderung, Rente, Kur etc. Austausch unter Betroffenen. Hier erfolgt keine Beratung durch den AK Sozialrecht!
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Elvira
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Verschlechterungsantrag

Beitrag von Elvira »

Hallo zusammen,

mir wurde nach Widerspruch in 2008 ein GdB von 50 zugesprochen, unbefristet gültig. Im Einzelnen bekam ich

40 für den Morbus Crohn
20 für eine manifeste Osteoporose
10 für eine chronische Schmerzstörung,

und daraus machten sie einen GdB von 50.

Jetzt habe ich seit einigen Jahren eine mittlerweile ausgeprägte Arthritis in der rechten Hand. Betroffen sind fast alle (!!!) Fingergelenke bis zum Grundgelenk. Ich werde alle paar Wochen mit Kortison gespritzt und ich nehme ständig u.a. Tramadol wegen den Schmerzen. Sowohl mein Orthopäde als auch mein Hausarzt rieten mir, einen Verschlechterungsantrag zu stellen, um den GdB zu erhöhen, auch mit Blick auf eine wohl irgendwann nicht mehr abwendbare Erwerbsunfähigkeit. Ich kann bereits heute zeitweise nicht mal mehr einen Stift halten.

Ich spritze seit fast 10 Jahren MTX und seither ist mein MC in Remission. Bis auf leichte Nebenwirkungen vom MTX (unreine Haut, Nachtschweiß z.B.) merke ich echt nicht, dass ich MC habe. Wenn ich jetzt einen Verschlechterungsantrag stelle, kann das Amt denn dann sagen, mir steht ja nichts zu wegen dem MC, wenn es mir so gut geht, und mir, auch wenn unbefristet gültig, da was streichen? Ich denke zwar nicht, dass ich die Schwerbehinderung verlieren könnte, die nahezu zerstörte Hand fängt das mit Sicherheit auf, aber ewiges Theater mit dem Amt brauche ich echt nicht.

Vielen lieben Dank schon mal und liebe Grüße
Elvira

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neptun
Inventar - wird täglich mit abgestaubt
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Re: Verschlechterungsantrag

Beitrag von neptun »

Hallo Elvira,

nichts ist in Stein gemeißelt.
Wenn dem Amt bekannt wird, daß ein Teil der Voraussetzungen zur Anerkennung der Schwerbehinderung weggefallen ist, so kann sie den Status auch aufheben und den GdB reduzieren.

Dann erliegst Du noch einem Irrtum.

Ein hoher GdB hat nicht die geringsten Auswirkungen auf eine mögliche spätere Erwerbsminderung.
Es sind zwei vollkommen unterschiedliche Verfahren bei zwei unterschiedlichen Behörden.
Und da haben die auch ihre ganz eigenen Standpunkte, wenn man sich auf dem Gebiet tummelt.

Der GdB betrifft alle Lebensbereiche des Menschen und stellt einen Vergleich her zu einem altersgemäßen Querschnitt der Bevölkerung, von dem man mit seinen Einschränkungen abweicht.
Wozu natürlich auch die Arbeit gehört.
Was bei mir in der ersten Instanz vor Gericht, also dem SG, vor Jahren doch tatsächlich sogar verneint wurde.
Soviel zur Ausbildung mancher Richter.

Die Erwerbsminderung betrifft nur die Arbeitswelt.
Aber hier hat auch nicht die Arbeitsagentur das Sagen sondern die DRV.
Die einen vermitteln Arbeit, die anderen bewerten Deine Erwerbsfähigkeit, nicht Deine Arbeitsfähgkeit in einem bestimmten Beruf oder sogar Deinem jetzt ausgeübten.

Und so kannst Du heute auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden, auf quasi jede mögliche Stelle. Dabei gibt es dann noch die Unterscheidung, ob Du teilweise erwerbsgemindert bist (3 bis unter 6 Stunden) oder voll erwerbsgemindert bist (unter 3 Stunden täglich).
Usw. Ein weites Feld.

Mit einem höheren GdB erkämpfst Du Dir im besten Fall einen höheren Steuerfreibetrag, mehr wohl kaum. Denn dazu müßtest Du spezielle Einschränkungen haben, die Dir ein Merkzeichen bescheren.

LG Neptun

Jana123
Dauergast
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Re: Verschlechterungsantrag

Beitrag von Jana123 »

Also zuallererst, unbefristet gültig heißt im Vergleich zu befristet gültig nur, dass das Amt nicht nach einer gewissen Zeit nochmal überprüft, ob du weiterhin die Einschränkungen hast. Typische Beispiele für einen befristeten Behindertenausweis sind bei Kindern oder Krebspatienten.

Wenn du mit unbefristet gültigen Ausweis einen neuen Antrag/Verschlechterungsantrag stellst, werden i.d.R. alle Krankheiten neu bewertet. Da dein letzter Antrag ja schon lange Zeit zurückliegt, würde das Versorgungsamt sehr wahrscheinlich alles nochmal überprüfen.

Tatsächlich ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass du für deine CED maximal einen GdB von 20 bekommst.
Die Schmerzkrankheit mit einem GdB von 10 ist für den Gesamt-GdB sowieso nicht relevant.
Ob die Osteoporose weiter mit 20 bewertet wird, weiß ich nicht. Laut Internet gibt es bei Osteoporose keine Tablellenrichtlinien, sondern es wird nach Funktionseinschränkungen und Schmerzen entschieden. Ggf. hat sich hier ja was verändert zu früher. Sollte deshalb die Osteoporose im schlimmsten Fall herabgestuft werden auf 10, würde sie auch für den Gesamt-GdB nicht mehr relevant sein.

Dann bliebe die neue Arthritis.
Hierfür müsstest du dann mindestens einen GdB von 40 bekommen, damit du ggf. in Kombination mit dem Morbus Crohn und ggf. der Osteoporose auf die 50 kommst. Solltest du im schlimmsten Fall für Crohn und Osteoporose nur jeweils einen GdB von 10 bekommen, dann bräuchtest du alleine für die Arthritis 50 für die Schwerbehinderung.

Im besteren Fall bekommst du vielleicht für Crohn 20, Osteoporose weiter 20 und für die Arthritis 50, dann könntest du einen etwas höheren GdB von vielleicht 60 bekommen.

Wichtig die Einzel-GdBs werden nicht zusammengezählt, sondern ausgehend vom höchsten GdB wird geschaut, ob die weiteren Krankheiten die Gesamtsituation weiterverschlechtern. Ein GdB von 10 fällt in der Regel raus, auch ein GdB von 20 wird häufig nicht mitberücksichtigt. Ich kenne jemanden der hat für Crohn 40, für Gelenke 20 und für zwei weitere Krankheiten je 10, insgesamt hat er nur einen GdB von 40 und keine 50 bekommen. Auch nicht mit Widerspruch und Klage vor Gericht.

Allen in allen würde ich es somit definitiv nicht risikieren.

Übrigens Erwerbsminderung und Schwerbehinderung sind zwei unterschiedliche Dinge, die unabhängig voneinander beachtet werden.

Elvira
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Registriert: Do 21. Aug 2014, 09:11

Re: Verschlechterungsantrag

Beitrag von Elvira »

Lieber Neptun, liebe Jana123,

vielen lieben Dank für Eure ausführlichen Antworten!

Ich wusste nicht, dass Schwerbehinderung und Erwerbsunfähigkeit zwei verschiedene Vorgänge sind, die unabhängig voneinander laufen.

Aufgrund Eurer Ausführungen werde ich von dem Verschlechterungsantrag absehen.

Nochmal vielen Dank und ganz herzliche Grüße
Elvira

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