Studium in der Akutphase

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nox
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Beiträge: 10
Registriert: Do 11. Mär 2021, 14:49

Studium in der Akutphase

Beitrag von nox »

Hallo,

ich studiere zur Zeit im 2. Semester im Master.
Ich habe Ende letzten Jahres die Diagnose Morbus Crohn bekommen und habe seit etwa 6 Monaten einen akuten Schub (eigentlich ist es schon der zweite Schub, aber die Zeit, in der der Entzündungswert gesunken war, war verschwindend kurz). Ich habe immer wieder Krämpfe im Bauch, Blähungen, Sodbrennen und auch Durchfälle, wobei die Anzahl der Durchfälle sich zum Glück in Grenzen hält.
Das erste Semester habe ich dank Online-Vorlesungen überstanden. Allerdings frage ich mich jetzt, ob es so weiter gehen kann, da mein Magen und mein Darm aktuell hochsensibel auf Stress reagieren bzw. auch schon auf kleinere Aufregungen. Ich habe, um den Stress möglichst zu reduzieren, bisher bereits die Anzahl der Vorlesungen reduziert und belege dieses Semester weniger, wodurch sich das Studium natürlich insgesamt verlängert, aber immerhin etwas auflockern lässt. Aufgrund der aktuellen Situation sind die Vorlesungen auch noch von zu Hause aus, was natürlich vieles erleichtert.
Trotzdem stelle ich mir aktuell die Frage, ob es vernünftig ist, dass Studium vorzusetzen und weiterdurchzuziehen, während eines akuten Schubs, der scheinbar nicht abklingen möchte...
Denn selbst in reduzierter Form gibt es im Studium natürlich Deadlines, Vorträge, Hausarbeiten, Klausuren... die sich hierdurch nicht in Luft auflösen.
Ich habe Angst, dass, wenn ich nicht richtig zur Ruhe komme, der Schub sich verschlimmert oder einfach nicht abklingen wird. Andererseits habe ich die Befürchtung, wenn ich das Studium pausiere oder gar abbreche, dann werde ich depressiv. Aufgrund von Corona kann man ja zur Zeit nicht viel machen, ich würde den ganzen Tag nur rumliegen, ohne eine sinnvolle Aufgabe, die Decke anstarren und darüber nachdenken wie furchtbar ich diese Krankheit finde und würde den vielen Fragen und Ängsten, die mit der Diagnose in mein Leben gehuscht sind freien Raum geben in meinem Kopf Karussell zu fahren. Ab und zu noch zum Arzt rennen... Davor habe ich Angst.
Deshalb wollte ich einmal nachfragen: Wie sind eure Erfahrungen? Ist es machbar während einem akuten Schub weiterzumachen und sich trotzdem zu erholen, wenn man dafür sorgt, dass hierfür genug Raum ist oder ist das der Punkt, an dem man die Bremse reinhauen muss, egal wie weh es tut?
Meine behandelnden Ärzte sind hier leider keine so große Hilfe, mein Hausarzt meinte ich soll es versuchen, die behandelnde Gastroenterologin meinte nur ich muss das selbst entscheiden. Das ist mir natürlich auch klar, dass ich letztendlich selbst entscheiden muss, aber für mich sind die Diagnose und diese Krankheit noch völlig neu, ich hab absolut keine Ahnung wie riskant das ist, ob ich hierdurch meine Gesundheit endgültig schrotte oder ob ich alles zu dramatisch sehe. :shock:

Ich bin gespannt auf eure Erfahrungen :)

LG

nox

Konrad
könnte auch hier einziehen
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Registriert: Do 20. Dez 2012, 22:08

Re: Studium in der Akutphase

Beitrag von Konrad »

Hallo nox,

da Dir bsher noch niemand geantwortet hat, versuche ich das jetzt mal:

Positiv ist, dass Du den Bachelor ja schon geschafft hast. Nicht jeder erreicht das Level. Das war die Pflicht, die Kür ist der Master. Darf man fragen, worin Du den Master machen möchtest?

Negativ ist, dass es Dir derzeit nicht so toll geht. Ein Studium unter diesen Voraussetzungen fortzuführen ist mindestens gewagt. Mein Rat wäre, in Absprache mit der Uni ev.etwas kürzer zu treten. Es gibt da aber auch Hilfen, die Dir zustehen. Informiere Dich da über die ASTA oder das Sekretariat. Ich denke, da wird Dir gerne geholfen. Du hast für Dich entschieden, den Master zu machen. Den eingeschlagenen Weg würde ich nun nicht mehr verlassen. Ich denke, Du hast doch schon 2/3 geschafft. Wäre blöd, so kurz vorm Ziel zu kapitulieren

Weiterhin würde ich den Gastro wg.einer längerfristigen Medikation ansprechen. Klar kann ein Schub länger dauern, aber ich weiß hier aus dem Forum, dass es durchaus Möglichkeiten gibt, das Ganze zu verkürzen.

Ich wünsche Dir alle Kraft, das durchzuziehen
LG Konrad
Timschal

hellothere
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Registriert: Do 25. Mär 2021, 19:56

Re: Studium in der Akutphase

Beitrag von hellothere »

Hallo,

ich würde auf jeden Fall schauen, ob man was an der Therapie justieren kann, damit es dir bald hoffentlich besser geht. Aber auch kleine Arrangements im Alltag (Stressmanagement, Achtsamkeit, Ernährung) können bei einem besser bewältigbaren Leben helfen.

Den Studienalltag würde dir vielleicht ein Nachteilsausgleich helfen, der kann dir z.B. eine Befreiung von der Anwesenheitspflicht oder eine längere Bearbeitungszeit bei Prüfungen bescheren.

So doof es ist, aber ich habe mich mit dem Gedanken angefreundet, länger zu studieren und mir die Semester zu entzerren, sodass es nicht ganz so viel ist.

sweetkarin
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Diagnose: CU seit 2009

Re: Studium in der Akutphase

Beitrag von sweetkarin »

Hallo,

das ist eine schwierige Frage. Was studierst du denn genau? Wäre ein Master unbedingt notwendig, um dann einen Job zu bekommen?

Ich habe auch studiert (Vollzeit), neben der Arbeit (Vollzeit), aber es war dumm. Ich habe zwar "nur" Ägyptologie (BA) und Geschichte (MA) studiert, aber der BA war sehr aufwendig (MA ehrlich gesagt nicht, da war nur ein Semester anstrengend, hatte aber schon im BA Vorlesungen fürn MA absolviert.). Ich wollte es mir unbedingt beweisen, dass ich es kann, wegen der Krankheit und weil ich von keiner Akademikerfamilie komme. Außerdem wollte ich immer schon studieren. Ich habe viel gelernt, es hat mir super gefallen, aber ich war ständig krank (Schub und stets vor den Prüfungen erkältet). Seit ich den MA Abschluss habe, kann ich nichts mehr neben der Arbeit machen (die Arbeit ist mir schon zu viel). Ich habe keine Kraft dafür. Da ich auch nicht in den Bereichen arbeite, war es eigentlich dumm sich so anzustrengen, vor allem weil ich in der Mindeststudienzeit fertig war, weil ich - so wie du auch sagst - Angst hatte, dass ich sonst nie fertig werde.

Aber zurück zu dir. Letztlich musst du entscheiden, wie viel du dir zumutest. Wenn dein Körper aber schon schreit, solltest du besser auf ihn hören. Es soll ja nicht noch schlimmer werden. Und jetzt wo du studierst, kannst du dir eine Pause noch am besten gönnen. Dann brauchst du halt ein Semester länger, was solls, machen doch viele andere auch, und das obwohl sie gesund sind. Reduzier vielleicht noch mal deine Lehrveranstaltungen, vielleicht sind auch nur Vorlesungen möglich, wo du nur am Ende des Semesters eine Prüfung machen kannst?

Also ja, es ist möglich neben einem Schub zu studieren - oder zu arbeiten (mach ich auch ständig) - , aber eigentlich ist das nicht der richtige Weg. Eigentlich sollte man dem Körper auch Ruhepausen gönnen.

Alles Gute.

nox
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Beiträge: 10
Registriert: Do 11. Mär 2021, 14:49

Re: Studium in der Akutphase

Beitrag von nox »

Hi,

erst einmal vielen Dank, dass ihr mir geantwortet habt.
Ich studiere Kommunikation und Medienmanagement alias Technische Redaktion im Master. Tatsächlich ist der Master für den Berufseinstieg nicht zwingend erforderlich. Aber nachdem die Arbeitsmarktsituation unter coronabedingungen nicht gerade einladend aussah hatte ich mich nach meinem Bachelor-Abschluss letztes Jahr dazu entschieden noch den Master zu machen, da die Vorlesungen mich thematisch auch wirklich sehr interessieren und ich einfach gehofft hatte mein Wissen noch etwas vertiefen zu können. Der Master geht theoretisch eigentlich auch nur 3 Semester, da dass keine allzu lange Zeitspanne ist, habe ich mich dran gewagt - zu dem Zeitpunkt wusste ich leider noch nicht was MC-technisch auf mich zukommt.
Nach dem aktuellen Plan werde jetzt wohl insgesamt 4 Semester brauchen, durch den Versuch mich etwas zu entlasten.

@Konrad: Ich habe das Pensum schon entsprechend verringert und mehr Zeit für das Studium eingeplant, um den Stresspegel möglichst flach zu halten. Darüber hinaus hab ich auch mit meiner Gastroenterologin gesprochen, die eine Behandlung mit Prednisolon vorgeschlagen hat, um den Schub zu beenden. Ich hoffe, dass es funktioniert und es mir danach vielleicht etwas besser geht und die Fortführung des Studiums einfacher wird. Wie du gesagt hast, ich möchte den eingeschlagenen Weg, nachdem ich schon ein ganzes Stück zurückgelegt habe gerne weitergehen.

@hellothere: Ich habe mich mittlerweile auch mit dem Gedanken angefreundet länger zu studieren. Jedenfalls denke ich besser länger studieren als gesundheitlich ganz kaputt und gar nicht mehr studieren/arbeiten können :? Ich habe mich auch schon zum Thema Nachteilsausgleich bei meiner Uni informiert und werde auf jeden Fall jede Möglichkeit nutzen, die das Studium erleichtern und meine Gesundheit schonen kann.

@sweetkarin: Da hast du natürlich recht. Ich finde es sehr schwierig abzuwägen, wie viel Ruhe nötig ist für die Genesung. Wie gesagt hab ich die Lehrveranstaltungen schon reduziert und ich habe dieses Semester auch darauf geachtet, dass am ende keine Klausuren auf mich warten, denn da hab ich letztes Semester gemerkt, dass mir das überhaupt nicht gut getan hat. Ich belege nur ca. 50% von dem, was eigentlich für das Semester angedacht war und erhoffe mir, dass es vielleicht irgendwie funktionieren kann. Ich arbeite auch nicht neben dem Studium, dass habe ich mir während des Masters bisher verkniffen.
Vielleicht klammere ich mich auch ein bisschen daran, einfach weil ich es gerne zu Ende bringen möchte, jetzt wo ich es einmal angefangen hab und auch weil ich das Gefühl habe, dass es mir etwas Halt gibt. Aber natürlich, wenn ich merken sollte, dass es einfach nicht geht werde ich noch bevor ich endgültig kollabiere die Notbremse ziehen und pausieren, um dem Körper die Ruhepause zu verschaffen, die er braucht.

Ich versuche zur Zeit einfach das richtige Maß an Ruhe und Entspannung und Arbeit für die Uni zu finden. Ich hoffe, dass ich es finden kann und dass, wenn ich es dann einnehme, die Behandlung mit dem Prednisolon mich ein Stück vorwärts bringt.
Es würde mich wirklich Freuen, wenn noch andere ihre Erfahrungen hier teilen könnten!

LG

nox

sweetkarin
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Registriert: Di 21. Jul 2020, 08:54
Diagnose: CU seit 2009

Re: Studium in der Akutphase

Beitrag von sweetkarin »

Hallo nox,

das klingt schon sehr gut, wie du jetzt vorgehen möchtest und wie du das handhabst. Dass du natürlich den Master fertig machen möchtest, wenn du schon damit begonnen hast, kann ich auch verstehen. Da die Motivation weiterhin da ist, mache ich mir keine Gedanken, du wirst das sicher schaffen :-) Ich wünsche dir alles Gute.

Butterfly_85
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Beiträge: 27
Registriert: Sa 18. Jun 2016, 21:50

Re: Studium in der Akutphase

Beitrag von Butterfly_85 »

Toitoitoi fürs weitere Studium. Ein Abbrechen wäre aus zweierlei Gründen schade:

1. Du bist schon sehr weit gekommen.
2. Ein Studium fordert einen auch geistig und ist wichtig für das Selbstwertgefühl - man hat eine Aufgabe und einen Platz in der Gesellschaft. Das wird dir jede/r bestätigen können, der zwangsweise in Rente gegen den eigenen Willen geschickt wird. Ausserdem hast du keine Lücke im Lebenslauf, länger Studieren ist i.d.R. kein Problem für HRler (in Corona-Zeiten wahrscheinlich sowieso).

Zudem: Wände anstarren verändert einen. Ich war 6 Monate zuhause und durfte nicht anfangen zu arbeiten, als ich wieder fit genug war und wollte. Man gewöhnt sich komische Sachen an, richtet sein Leben an Youtube, TV o.ä. aus und geht auf Dauer einfach verloren für den Arbeitsmarkt. Die Routine, die sich zwangsläufig anpasst, ist schwierig zu durchbrechen. Nach meiner Zwangspause musste ich mich überwinden wieder vor die Tür zu gehen. Viele Bekannte haben mir hinterher berichtet, dass ich in meiner Einsiedlerzeit langsamer gesprochen und geantwortet habe - einfach lethargischer... Nach dieser Erfahrung verstehe ich, dass Lanzeitarbeitslose teils nicht mehr arbeiten können. Deshalb: Weiter studieren, aber mit Zeit. Ich habe von 12 Jahren bis 24 Jahre jedes Jahr mindestens zwei schwere Schübe gehabt. Durch die Schulpflicht hat keiner gefragt, ob es sinnvoll ist, dass ich zur Schule gehe. Dies hat für mich auch nicht das Studium infrage gestellt. Heute bin ich froh darum.

Viele Grüsse
Butterfly

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