Bewerbung um eine Ausbildung mit Colitis Ulcerosa

Erwerbsleben mit einer CED? Hier der Austausch von Betroffenen darüber. Hier erfolgt keine Beratung durch den AK Sozialrecht!
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Bero
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Bewerbung um eine Ausbildung mit Colitis Ulcerosa

Beitrag von Bero »

Hallo ihr lieben,

seit Oktober 2017 studiere ich in der Fachrichtung Soziologie an der Universität. Ende April 2018 bekam ich die Diagnose Colitis Ulcerosa. Seitdem hat mir die Erkrankung sämtliche Steine in den Weg geworfen, sodass ich Ende 2020 noch immer nicht weit im Studium vorangeschritten bin.

Ich habe nach langem Nachdenken beschlossen das Studium abzubrechen, da mir mit meinen 24 Jahren die Zeit davonläuft, um beruflich einen Fuß in die Tür zu bekommen. Außerdem habe ich das Bedürfnis durch eine Ausbildung mit beiden Beinen im Leben stehen zu können, besonders, da ich nach zweieinhalb Jahren endlich genesen bin und mich gut fühle.

Aktuell schreibe ich viele Bewerbungen, bevor ich diese absende stellt sich mir jedoch folgende Frage:
WIE und WANN erwähne ich beim Bewerbungsprozess für eine Ausbildung, dass ich an einer chronischen Darmerkrankung leide, ohne, dass ich mich direkt selbst ins Aus befördere? Und ohne, dass ich bei Verschweigen der Krankheit mit Konsequenzen rechnen muss, sollte ich während der Ausbildung oder ausgelernt einen neuen Schub bekommen.

Für mich sprechen Argumente jeweils für mehrere Möglichkeiten. Eine Erwähnung direkt im Anschreiben kann förderlich sein, da es ehrlich und direkt wirkt. Gleichzeitig denke ich aber auch, dass ich dadurch direkt aussortiert werden könnte.

Habt ihr vielleicht ähnliche Erfahrungen gemacht von denen ihr berichten könnt? Oder vielleicht habt ihr unabhängig davon Ratschläge für mich.

Ich freue mich sehr auf eure Antworten! :)

Liebe Grüße
Jannick

Trüffel
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Re: Bewerbung um eine Ausbildung mit Colitis Ulcerosa

Beitrag von Trüffel »

Hallo Jannick und willkommen im Forum!
Bero hat geschrieben:
Sa 28. Nov 2020, 12:27
Aktuell schreibe ich viele Bewerbungen, bevor ich diese absende stellt sich mir jedoch folgende Frage:
WIE und WANN erwähne ich beim Bewerbungsprozess für eine Ausbildung, dass ich an einer chronischen Darmerkrankung leide, ohne, dass ich mich direkt selbst ins Aus befördere?
Das ist eine heikle Frage und ich würde sagen, eine eindeutige Antwort ist da nicht leicht zu finden.
Ich kann dir von meiner eigenen Erfahrung berichten:
Ich hatte in meinem Bewerbungsschreiben nichts von meiner Erkrankung erwähnt, sondern habe darüber dann im Vorstellungsgespräch gesprochen. D.h. im Gespräch selber habe ich erwähnt, dass ich eine chron. Erkrankung habe und daher z.B. regelmäßige Arzttermine nötig sind. Ich fand das wichtig, dass mein AG darüber Bescheid weiß, weil ich z.B. für die Infusionen regelmäßig einen Tag gefehlt habe. Und es fällt ziemlich schnell auf, wenn man regelmäßig fehlt - wenn ich jeden vierten Montag krankgemeldet bin, was entsteht denn da für ein Eindruck bei meinem AG...? Hinzu kam, dass ich nicht in Remission war und durch Untersuchungen und Co. zusätzlich gefehlt habe. Am Anfang hat man i.d.R. seine Probezeit, in der man sang- und klanglos rausgeschmissen werden kann. Darauf wollte ich es nicht ankommen lassen, sondern Klartext reden, dass ich nicht fehle, weil ich keinen Bock hab...
Es gibt ja auch Ausbildungsplätze, die mit Schwerbehinderten bevorzugt besetzt werden. Wäre das bei mir der Fall gewesen, hätte ich meine vorliegende Schwerbehinderung bereits im Lebenslauf erwähnt, so aber habe ich erst im Vorstellungsgespräch davon gesprochen. Ich hab das kurz und knackig gemacht und nicht lange um den heißen Brei geredet. Ich will ja zeigen, dass ich motiviert bin und eine Ausbildung machen möchte - und nicht meine Krankheit in den Vordergrund stellen. Dann hätte ich wohl eher mit einer Absage rechnen müssen.

Ein paar Rückfragen meinerseits an dich:
Bist du derzeit in Remission und/oder in Behandlung, also z.B. Infusionstermine, sodass absehbar ist, dass du regelmäßig fehlen wirst?
Liegt bei dir ein GdB vor, den du evtl. nennen möchtest?
Vielleicht möchtest du erzählen, in welche berufliche Ausrichtung es bei dir geht?

Soweit erstmal viele Grüße
Trüffel
Nenne dich nicht arm, weil deine Träume nicht in Erfüllung gegangen sind;
wirklich arm ist nur, der nie geträumt hat.

(Marie von Ebner-Eschenbach)

Bero
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Re: Bewerbung um eine Ausbildung mit Colitis Ulcerosa

Beitrag von Bero »

Hallo Trüffel und danke dir! :)

Ich versuche deine Rückfragen möglichst kurz zu beantworten:

Ich bin noch immer in Behandlung bei meinem Arzt. Ich bekomme zurzeit noch immer Stelara subkutan alle 12 Wochen. Bisher habe ich die Spritze in der Praxis verabreicht bekommen.
In meinen Augen bin ich in Remission, da ich bereits seit Wochen keine Symptome mehr zeige, obwohl die letzte Medikation schon eine ganze Weile her ist. Sollte mein Arzt entscheiden, dass ich trotzdem noch eine Weile Stelara bekommen soll, dann werde ich mir von ihm das OK holen, sodass ich mir die Spritzen selbst verabreichen kann. So sollten keine Fehlzeiten zu erwarten sein, wobei man ja allerdings leider nur vom aktuellen Zeitpunkt sprechen kann.

Erst kürzlich habe ich einen Grad der Behinderung feststellen lassen. Der bezieht allerdings auch willkürliche Migräneattacken mit ein, unter denen ich seit einigen Jahren leide. Der Grad der Behinderung beträgt bei mir 40%.

Beruflich möchte ich im Gesundheitswesen tätig sein, aktuell plane ich mich sowohl als Ergo- und Physiotherapeut als auch als Diätassistent zu bewerben.

Ich hoffe das hilft erst einmal weiter.

Liebe Grüße
Jannick

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neptun
Inventar - wird täglich mit abgestaubt
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Re: Bewerbung um eine Ausbildung mit Colitis Ulcerosa

Beitrag von neptun »

Hallo Jannick,

Du schreibst es ganz richtig, es kann immer nur eine aktuelle Betrachtung gemacht werden, denn niemand kennt den zukünftigen Verlauf. Der jede denkbare Form annehmen kann.

Weshalb es auch keinen Sinn macht, als Ritter aufzutreten, der sein Banner vor sich her trägt.

Wem sollte damit geholfen sein, wenn Du sagst, es kann sein, daß ich mal einen Tag krank bin, oder auch Wochen AU geschrieben werde im schweren Schub? Oder es könnte sein, ich möchte den Antrag auf eine Reha stellen.

Man kann auch anführen, in meiner Familie gibt es Bluthochdruck, rheumatische Erkrankungen, eine Neigung zu Diabetes, ich betreibe gefährlichen Sport mit Verletzungsgefahr, etc.
Kann ja alles persönlich eintreten, man weiß es nur nicht.

Wie man auch keine Schwwangerschaft angeben muß, so kann es einfach keinen Sinn machen, in solch einem Fall mit der Tür ins Haus zu fallen.

Verständnis eines AG ist gut, aber bei diesen Unwägbarkeiten, wofür soll der denn nun Verständnis aufbringen? Als voreilendes Verständnis?

Und wenn Du dann angestellt bist, und der AG bringt dieses Verständnis nicht auf, kannst Du Dich dann darauf berufen? Die Praxis zeigt, der AG wird einen Weg finden, um den AN loszuwerden.

Bei Dir geht es "nur" um einen Ausbildungsplatz.
Ich kann mir viel eher vorstellen, der AG ist an einer fundierten Erklärung interessiert, was Du so nach der Schule überhaupt gemacht hast.

Noch dies. Dein Arzt kann Angebote zur Behandlung, zur Medikation machen. Entscheiden tust Du allein, nicht der Arzt. Niemand sonst hat auch die Folgen der Entscheidung zu tragen.

Vielleicht liegt darin auch der Schlüssel zu Deiner Frage. Es geht um das Rückgrat. Selbstbewußtsein ist wichtig und dann die darauf gegründete Entscheidung, daß man auch in diesem Fall Verantwortung hat und die Folgen tragen muß. Wie immer, hier kennst Du die Zukunft ebenfalls nicht. Also muß man da durch und wird sehen, was kommt.

LG Neptun

Trüffel
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Registriert: Sa 3. Jun 2017, 18:52

Re: Bewerbung um eine Ausbildung mit Colitis Ulcerosa

Beitrag von Trüffel »

Hallo Jannick,

das ist erstmal schön, dass du derzeit keine Symptome mehr hast und momentan mit deiner CU zurechtzukommen scheinst! Bei unseren chronisch entzündlichen Darmerkrankungen weiß man halt leider nie, wie es sich weiterentwickelt - es kann ruhig bleiben oder immer wieder aufflammen oder auch einen schweren Verlauf annehmen. Daher, wie du auch schreibst, kannst du erstmal nur vom jetzigen Zeitpunkt ausgehen.

Wenn es dir darum geht, dass dein möglicher zukünftiger Arbeitgeber bzw. Ausbilder davon weiß, dass du eine chron. Erkrankung hast, würde ich mir überlegen, ob ich das tatsächlich in der schriftlichen Bewerbung schon reinschreibe, oder ob du das lieber im persönlichen Gespräch klären möchtest. Wenn es zur Sprache kommt, würde ich tatsächlich auch darauf eingehen, dass du derzeit z.B. medikamentös eingestellt bist und momentan keine Einschränkungen hast.
Mit den rechtlichen Belangen, ob du mit einem GdB von 40 beispielsweise einen Ausgleich o.ä. beantragen kannst, kenne ich mich nicht aus; aber eine Schwerbehinderung liegt erstmal nicht vor.

Genau, i.d.R. spritzen die Patienten sich selbst; wenn ohnehin regelmäßige Besuche beim Gastro anstehen, kann man das natürlich auch im Rahmen der Sprechstunde machen. Ich hab auch einmal meinen Hausarzt gefragt, als ich zufällig am Spritztag einen Termin bei ihm hatte. Mit Spritzen hab ich eigentlich kein Problem (wobei mir die Pen, die es bei manchen Medis ja gibt, wesentlich lieber sind), aber wenn ich jemand find, der mich spritzt, zieh ich das definitiv vor :D - aber ich hab mich selbst genauso schon gespritzt.
Je nach bisherigem Krankheitsverlauf und deinem bisherigen Therapieerfolg wirst du das Stelara noch ein Weilchen brauchen. Zum Remissionserhalt kann man evtl. auch das Präparat wechseln, aber das gehört in einem anderen Thread geklärt und v.a. am besten mit deinem Gastro besprochen. Wichtig ist, dass deine CU weiter ruhig bleibt und du einem normalen Alltag nachgehen kannst!

Hab auch eine medizinische Ausbildung gemacht, aber kann das gesundheitlich (körperlich) leider nicht mehr machen, deswegen bin ich jetzt (wieder) an der Uni. Ich fand die Ausbildungszeit schön und es hat mir auch viel Freude gemacht, aber es war auch sehr fordernd, zumal die CED immer aktiv war.
Für einige Berufe im Gesundheitswesen braucht man ja eine gesundheitliche Eignung, z.T. auch bei Physiotherapie. Aber da gibt es bestimmt auch je nach Ausbilder verschiedene Anforderungen und du wirst dich da ja sicherlich schon informiert haben. ;)

Wenn du dich so ein bisschen durchs Forum liest, stößt du vielleicht auf den ein oder anderen Beitrag im Bezug auf "Sag ich's meinem Arbeitgeber?". Da gibt's ganz unterschiedliche Erfahrungen.
Ich hab's wie gesagt so gemacht, dass ich eine ganz normale Bewerbung abgeschickt und das Vorstellungsgespräch abgewartet hab. An einer passenden Stelle hab ich das dann erwähnt.

Ich find's auf jeden Fall toll, dass du trotz der Steine, die dir deine CU in den Weg gelegt hat, nicht aufgibst und nach vorne schaust! Und mit 24 was Neues anzufangen, ist zwar vielleicht nicht der Regelfall, aber auch nichts Schlimmes. Ich bin jetzt auch 24 und habe noch 4 Jahre Studium vor mir. ;)

LG Trüffel
Nenne dich nicht arm, weil deine Träume nicht in Erfüllung gegangen sind;
wirklich arm ist nur, der nie geträumt hat.

(Marie von Ebner-Eschenbach)

gelöschter Benutzer

Re: Bewerbung um eine Ausbildung mit Colitis Ulcerosa

Beitrag von gelöschter Benutzer »

Hallo Jannick,

arbeitsrechtlich ist es unzulässig, wenn dein Arbeitgeber dich über deine Schwerbehinderteneigenschaften fragt. Da du mit 40% eh keine Vorteile im Berufsleben hast, würde ich mir wirklich überlegen, ob du deine Krankheit erläuterst. Was Krankheiten allgemein angeht darf nur gefragt werden vom AG, wenn die bestehende Krankheit Einfluss auf die vorgesehene Arbeitsleistung haben könnte. Ausnahme ist hier bei einer Beamtenstelle...aber in die Richtung gehst du ja nicht:)
Auch sollte deine Krankheit nach aktuellem Stand dich beruflich ja nicht einschränken.

Ich hab MC erst während meiner Ausbildung (ähnliche Richtung wie du anstrebst – Gesundheits- und Krankenpflege) bekommen. Hab dann jedoch sehr offen mit meinem Schulleiter gesprochen, da ich von heut auf morgen ständig Arzttermine hatte, OP, Fehlzeiten,...das war sehr gut, da er mir dadurch einfach in sehr vielen Dingen entgegen gekommen ist und viel Verständnis aufbrachte. Da es aber bei dir ja aktuell kein Bedraf gibt würde ich denke ich warten. Und solltest du wieder in einen Schub rutschen und es sinnvoll wäre, dann kannst du ja immer noch deine Karten offen darlegen.

Wünsche dir auf jeden Fall, dass du einen guten Platz bekommst!
froschi

sweetkarin
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Diagnose: CU seit 2009

Re: Bewerbung um eine Ausbildung mit Colitis Ulcerosa

Beitrag von sweetkarin »

Hallo,

ich würde es gar nicht erwähnen.
Ich habe wegen Mobbing schon eine Stelle aufgeben müssen. Als ich dort gearbeitet habe, habe ich auch meine Diagnose erhalten. Ich war so blauäugig und hab dann von meiner Krankheit erzählt. Mir wurde unterstellt, dass ich eh nicht krank bin und nichts arbeite (ich war damals jeden Tag von 6:30 bis 20:00 Uhr in der Arbeit, musste aber 1x im Monat zum Arzt). Letzendlich bin ich deswegen und wegen dem vielen Stress zusammengebrochen und hab gekündigt, lag dann ein halbes Jahr wegen Burn out im Bett.

In der neuen Firma habe ich es nicht erzählt, bzw nur ein paar Leuten. Irgendwann habe ich angefangen zu erwähnen, dass ich ständig Bauchschmerzen habe, mehr aber nicht. Würde ich es genauer erzählen, hätte ich wieder keine Arbeit mehr. Es gibt auch dort Leute die es nicht akzeptieren und sich aufregen würden (manche Leute gönnen einen nicht mal das krank sein, weil man ist ja vl einen Tag mehr krank...).

Wenn du es im Bewerbungsschreiben oder -gespräch erwähnst ist es meiner Meinung eine Garantie, die Arbeit nicht zu bekommen. Habe ich nämlich 1x sogar selbst versucht.

LG

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