Hilflosigkeit bei Alleinerziehender Mutter und 15-jährige UC-Kind

Hier geht es um gegenseitige Achtung und die Probleme, die es in einer Partnerschaft und bei Angehörigen gibt, aber auch um Schwangerschaft.
Antworten
Maman59
neu hier
Beiträge: 1
Registriert: Do 4. Nov 2021, 00:38

Hilflosigkeit bei Alleinerziehender Mutter und 15-jährige UC-Kind

Beitrag von Maman59 »

Meine Tochter vertragt Cortison nicht und hat seit Januar einen dauernden UC-Schub, der mal schlimmer und mal den Anschein macht, sich zurückzubilden. Aber dann doch nicht.
Sie macht seit zwei Jahren eine Remicade-Therapie. Medizinisch werden wir 1A betreut. Mir geht es um die psychische Seite. Sie ist aktuell sehr verzweifelt, weil wir im Moment nicht mal während der Herbstferien verreisen bzw. Ausflüge machen können. Teilweise muss sie (auch während der Schule) mehr als 10 Mal auf die Toilette. Sogar der Weg in die Schule ist problematisch. Ich muss sie in der Früh extra mit dem Auto hinfahren, damit keine Unfälle passieren.

Sie war in psychotherapeutischer Betreuung aber jetzt will sie auch nicht mehr dahin. Sie ist verzweifelt und auch sehr traurig.

Da ich alleinerziehend bin, belastet mich der ganze Sachverhalt sehr. Ich habe seit mehreren Monaten schlaflose Nächte da ich voller Ängste und Sorgen dauernd grübeln muss. Es tut mir weg mein Kind in der Verfassung zu sehen und diese Hilflosigkeit ihr nicht besser helfen zu können.

In Therapie gehe ich auch schon.

Ich suche den Austausch mit Eltern, die das gleiche durchmachen und verstehen können was ich fühle.

Benutzeravatar
neptun
Inventar - wird täglich mit abgestaubt
Beiträge: 5498
Registriert: Do 20. Dez 2012, 19:58

Re: Hilflosigkeit bei Alleinerziehender Mutter und 15-jährige UC-Kind

Beitrag von neptun »

Hallo,

Stuhldrang, und insbesondere imperativer Stuhldrang, der wird seinen Grund in der Entzündung des Rektums haben.

Und wie man aus der Leitlinie cu ersehen kann, erste Maßnahme bei einer Medikation ist die rektale Behandlung.
Je nach Höhe der Entzündung mit Mesalazin zur Nacht als Zäpfchen, Schaum oder Klysma.
Diese Behandlung kann man kombinieren mit einem cortisonhaltigen Schaum am Vormittag, wenn man min. eine halbe Stunde nicht auf die Toilette muß.

Dann kann und sollte man den Stuhldrang zusätzlich symptomatisch behandeln. Es gibt Loperamid, welches die Peristatik des Darmes eine Zeit lähmt. Da mag also helfen, über einen Zeitraum nicht auf die Toilette zu müssen. Man kann es nur ausprobieren.
Und es ist bei den CED bei Verschreibung kostenfrei.

Sollte es auch Probleme zur Nacht geben, man kann es mal mit Paracodintropfen versuchen. Das ist zwar ein Hustenmittel, dockt aber an den selben Rezeptoren an, die für die Peristaltik des Darmes verantwortlich sind.

Du solltest diese Hinweise mit dem Arzt besprechen, falls dies noch nicht zur Sprache kam und ausprobiert wurde.

Du und Deine Tochter können auch mal meinen Artikel zum imperativen Stuhldrang im Forum lesen. Er sollte Euch weitere Einblicke geben in die Problematik.
https://forum.dccv.de/viewtopic.php?f=3 ... 661#p12661

Denn entgegen anderen Ängsten, die dann zu Folgen psychischer oder körperlicher Art führen, ist es in unserem Fall umgekehrt. Der Stuhldrang führt mit der Erfahrung von ganz realen "Mißgeschicken" zu Ängsten. Wer einmal solche Inkontinenz in der Öffentlichkeit erlebt hat, bei vollem Bewußtsein die Möglichkeit, den Stuhl zu halten, verloren hat, der entwickelt Ängste. Und die verblassen nur nach längerer Zeit. Aber der Umgang damit prägt das weitere Leben.

Man hat also Ängste vor ganz realen Ereignissen, aber natürlich satteln sich dann auch weitere Ängste drauf. Man will nicht mehr in die Öffentlichkeit, sich nicht mehr diesen Situationen aussetzen.

Gegen reale Ereignisse hilft eine psychotherapeutische Betreuung nicht. Sie kann die Ereignisse nicht abstellen, überwinden. Aber man kann selbst Strategien entwickeln.
Und man sollte die medikamentösen Möglichkeiten ausschöpfen.

LG Neptun

Benutzeravatar
Mara83
fühlt sich wohl hier
Beiträge: 57
Registriert: Mi 19. Mai 2021, 09:54
Diagnose: MC seit 1984

Re: Hilflosigkeit bei Alleinerziehender Mutter und 15-jährige UC-Kind

Beitrag von Mara83 »

Hallo Maman59,

ich bin zwar nicht Mutter eines erkrankten Kindes, aber war selbst mal ein erkranktes Kind, von daher kann ich die Sorgen und Nöte deiner Tochter sehr gut nachvollziehen. Ich hatte in demselben Alter einen schweren MC-Schub, der mich so ziemlich aus allem herausgeworfen hat, was man normalerweise in diesem Alter so tut.

Ein Vorzeigebeispiel im Umgang mit der CED, vor allem auch psychisch, bin ich sicher nicht. Aber vielleicht hilft es euch zu wissen, was mir rückblickend vielleicht geholfen hätte bzw. was ich in der Zeit vermisst habe:
- Kontakt mit anderen Betroffenen: Ich habe mich immer sehr allein und unverstanden gefühlt mit der CED. Gerade Kinder und Jugendliche können sehr gemein und verständnislos sein, und das macht es schwer, im Alltag mit den Symptomen zu leben. Hat deine Tochter Interesse, über das Internet oder die persönlich Kontakt zu anderen Jugendlichen mit CED aufzunehmen? Heutzutage gibt es doch reichlich Möglichkeiten, auch über die DCCV.
- Offenheit im Umgang mit der Erkrankung: Bei mir wussten nur wenige wirklich Bescheid, was ich habe und welche Probleme damit einhergehen. Ein offener Umgang, insbesondere gegenüber den Lehrern in der Schule, wäre für mich hilfreich gewesen. Dass man z.B. einfach ohne zu fragen im Unterricht zum Klo gehen kann und damit nicht sonderlich Aufsehen erregt und solche Dinge.
- Hoffnung: Über die Zeit hat mir immer die Aussicht auf Besserung geholfen. Auch lange Schübe wechselten sich bei mir bisher immer mit beschwerdearmen Zeiten ab. Die Perspektive, dass so eine Zeit wieder kommen wird, hält mich auch gerade wieder über Wasser. Auch hier hilft glaube ich der Kontakt mit anderen Betroffenen, die vielleicht gerade in Remission sind. Dann kann sie sehen, dass es Menschen gibt, die trotz der Erkrankung ein ganz normales Leben führen können. Ich habe vor zwei Jahren mal einen jungen Mann mit MC kennen gelernt, der gerade sehr mit sich gehadert hat. Ihm hat es glaube ich geholfen zu hören, dass ich trotz schwerer Erkrankung meinen Weg gemacht habe, beruflich wie privat.

@Neptun: Du triffst es auf den Punkt, wenn du die Abgrenzung zu einer "normalen" Angststörung beschreibst. Das verstehen viele nicht, dass die Angst tatsächlich real ist, dass wir uns wirklich vor versammelter Mannschaft in die Hose machen, wenn es schlecht läuft. Ich würde aber deshalb nicht behaupten, dass eine Psychotherapie nicht hilft. Sie muss nur an anderer Stelle ansetzen, und zwar am Umgang mit der Erkrankung und mit ebensolchen Situationen, in denen es für uns brenzlig wird. Ich glaube, da kann man schon einiges ausrichten, auch wenn man die körperlichen Probleme natürlich nicht "wegtherapieren" kann. Wie gesagt, ich bin an der Stelle kein Paradebeispiel, aber ein selbstbewusster Umgang mit der Erkrankung kann doch letztendlich nur von Vorteil sein.

Liebe Grüße
Mara83
She needed a hero so that's what she became.

Antworten