von neptun » Do 16. Apr 2015, 00:31
Hallo Sandra,
da es sich um eine cu handelt, die immer im Rektum beginnt und dort ihre stärkste Ausprägung/Entzündung hat, so ist solch Rektoskopie schon sehr aufschlußreich, um eine notwendige Medikation festlegen zu können. Wie geschrieben, besseres gibt es nicht, weil alle anderen Vorgehensweisen indirekt sind. Daher wundere ich mich auch seit Jahren, daß diese Praxis nicht weiter um sich greift, denn weder Blutbilder noch bildgebende Verfahren kommen auch nur annähernd zu solch Aussagekraft. Und der Calprotectinwert, sicher ein gutes Mittel zur Verlaufskontrolle, man weiß anscheinend leider noch gar nicht, wie er korreliert mit dem Ort/den Orten der Entzündung, mit der Ausdehnung oder auch Stärke. Schließlich gibt es so verschiedene Werte bis über 10.000 mg/kg. Ich hatte bei moderater Entzündung auf 50 cm nur 443 mg/kg. Durch Kolo bestätigt. Wie soll es da zu solch wahnsinnig hohen Werten kommen, gäbe es eine lineare Abhängigkeit.
Aber Deine Einschätzung ist sehr gut und realistisch, eine Rektoskopie kann man sehr gut ohne Sedierung überstehen. Viele Betroffene haben einfach zu viel Angst, verkrampfen, haben Horrorvisonen und manche Schilderungen von Kolos sind auch nicht geeignet, diese Angst zu nehmen, wo trotz Sedierung dann enorme Schmerzen geschildert werden. Aber das ist ein Thema für sich zu dem ich an anderer Stelle viel schrieb. Früher gab es gar keine Sedierung und so habe ich immer bis heute Kolos ohne Sedierung gehabt. Und es hat den Vorteil, man ist nicht auf wenige Bilder oder Schilderungen des Gastros angewiesen. Man kann selbst vergleichen und beurteilen, wie der aktuelle Zustand ist und abweicht vom früheren.
Hallo Martina,
bei der Rektoskopie kann der Gastro normal auch etwas weiter einsehen, würde also erkennen können, daß es keine Entzündung im Rektum gibt, darüber aber schon. Solch Grenze kann auch ziemlich scharf umrissen sein. Nach oben hin im abkllingenden Bereich mag es Übergangszonen geben, wo dann die dunkelrote Färbung abflaut, die aufgehobene Gefäßzeichnung wieder langsam zum Vorschein kommt.
Wie man in vielen meiner Beiträge lesen kann, es gibt immer wieder merkwürdige Diagnosen, die die Ärzte stellen, obwohl ganz klar einige Tatsachen dagegen sprechen. Eine Diagnose wird anhand des makroskopischen Befundes gestellt, wo der Gastro schon sehr viele Einzelheiten zu einem Bild zusammen fassen kann, wie eben die Lage der Entzündung, oder der Entzündungen, die inselartigen Entzündungen, Pflastersteinrelief, Snailtracks, Ulcerationen, Fibrinauflagerungen, Pseudopolypen, Stenosen, Strikturen, die Läsionen bei Berührung, aus denen es dann blutet und einiges mehr. Dazu dann natürlich die Schilderung der Symptome und Beschwerden, wo und wann also Schmerzen auftreten, in welchem Zusammenhang, Geräusche, Wölbungen der Bauchdecke, ob Blut kommt, welche Farbe, nur am Toilettenpapier, Fäden ziehend, nur Blutpropfen, Tenesmen, Stuhlfrequenz. Und es gibt die feingeweblichen Untersuchungen der Biopsien durch den Pathologen. Hierbei ist eine CED aber häufig nicht zu klassifizieren, weil in beiden Erkrankungen die selben Veränderungen auftreten können, häufig nur in unterschiedlicher Häufigkeit. Nur ganz wenige Veränderungen sind spezifisch, wie die Kryptenabszesse für cu und die Granulome für mc. Aber diese Granulome finden sich überhaupt nur bei ca. 25 % der mc-Betroffenen. Die anderen haben sie einfach nicht und bekommen sie womöglich auch später nicht. Somit kann nur das Gesamtbild häufig zu einer Eindeutigkeit verhelfen in der Diagnose. Und da wiederum scheitert es oft an der Erfahrung und der Traute der Gastros.
Allein bei einer Entzündung des Rektums auf cu zu tippen, kann eine Fehldiagnose sein. Passiert aber öfter. Später mag dann eine Entzündung im Bereich der ileozökalklappe hinzukommen, weil diese sehr typisch ist und wiederum gerne vergesellschaftet ist mit Entzündungen im Sigma, Rektum oder Analkanal.
Warum schreibe ich das alles? Bei Dir ist das Rektum ausgespart. Vollkommen untypisch für cu. Du hast keine/kaum Blutungen am Stuhl. Auch untypisch, denn es gehört regelhaft zur cu, aber nicht zum mc. Liegt an der Art der Entzündung, die bei cu nur die Schleimhaut betrifft, bei mc aber transmural ist, also die ganze Darmwand betrifft. Daher kann man dort auch gerne eine Darmwandverdickung feststellen, bei cu nicht. Das geht aber mit Sono nicht im Rektum. Da ist das Becken störend für den Schallkopf. Bei Entzündung weiter oben kein Problem. Wie man damit auch gerne die Peristaltik ansieht und dort aus Störungen seine Schlüsse zu mc ziehen kann. Du hast keinen Behandlungserfolg mit Mesalazin. Bei cu wird immer als Basismedikation Mesalazin empfohlen. Nicht ohne Grund. Bei mc gibt es diese Empfehlung aufgrund fehlender Studien nicht, aber es gibt trotzdem Betroffene, die es mit Erfolg nehmen.
Zum Abschluß, falsche Diagnosen gibt es nur als Einbahnstraße nach meiner langjährigen Erfahrung, immer von cu nach mc, nicht umgekehrt. Mir ist kein einziger verifizierter Fall bekannt, wo es die Diagnose mc gab, es aber wirklich eine cu war, sich die cu später eindeutig bestätigte. Solche Dinge sind eigentlich auch entscheidend bei der Kolektomie und Anlage eines Pouches. Es gibt einige Betroffene, wo dann doch die Entzündung in den Dünndarm wanderte, bei cu ausgeschlossen. Das Problem besteht meist darin, Ausgangspunkt ist eine Pancolitis, Teils auch Back-wash-Ileitis. Nur wußten die Gastros dann nicht, haben sie nun wirklich eine cu vor sich oder doch mc. Hinweise, wie die inselartigen Entzündugsherde, die werden häufig übergangen, nicht ernst genommen, dabei ist es klar in der Fachliteratur nachzulesen. Meine Meinung, viele solcher Diagnosen sind falsch, weil eben nicht cu sondern mc. Ich ziehe diese Schlüsse aus all den Beiträgen in den CED-Foren der letzten 9 Jahre, die ich verfolgt habe.
Es ist immer eine etwas ungute Situation, wenn man von solcher Möglichkeit liest, aber die Realität ist so. Deshalb meine Ausführungen und Du wirst wahrscheinlich zukünftig irgendwann Gewißheit bekommen. Helfen kann Dir der Tip, den auch alle bekommen, man soll sich alle Befunde in Kopie aushändigen lassen, selbst nachlesen und weiter informieren. Also Blut, Calprotectin, Bericht der Kolo, Bericht des Pathologen zu den Biopsien. Dann sieht man auch, wie viele überhaupt genommen wurden. Später vielleicht auch OP-Berichte, Resektionen, Rehaabschlußberichte, etc.
Wir hatten eine Betroffene in der SHG mit Resektion wegen Stenose. Der hatte man nur den Umfang gar nicht mitgeteilt. So fehlte ihr der Bereich der Ileozökalklappe, also etwas vom terminalen Ileum, die Klappe und aufsteigender Dickdarm. Kein Wunder dann, wenn sie chologene Durchfälle bekam und auch Vitamin B12-Mangel. Erst auf meine Nachfrage las sie den Bericht und war erstaunt. So war auch Abhilfe dieser Folgen möglich. Nur ein Beispiel.
LG Neptun