Ernährung - wie wichtig?

Alles zum Thema Essen und Ernährungstherapie.
Avocado
hat sich häuslich eingerichtet
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Ernährung - wie wichtig?

Beitrag von Avocado »

Hallo zusammen,

ich würde gerne mit meiner Ernährung die CU positiv beeinflussen, aber mir gelingt es nicht. Ich würde behaupten, dass ich mich schon seit Jahren recht gesund ernähre, ausgebrochen und vorangeschritten ist die CU trotzdem.

Meine Erfahrung: Im Schub "vertrage" ich nichts (nicht mal Haferschleim), in den Ruhephasen grundsätzlich alles.

Mich machen die vielen verschiedenen Ernährungslisten mittlerweile verrückt. Wenn man die alle zusammennimmt (teil widersprechen sie sich auch), darf man kaum noch was essen, insbesondere in akuten Phasen. Keine Lactose, keine Fructose, am besten gar kein Zucker, keine Ballaststoffe, keine Fette, kein Fleisch, selbst Kartoffeln nur in Maßen... :?

Gibt es für diese ganzen Ernährungstipps überhaupt eine wissenschaftliche Basis? Ich finde z. B. keine Studien.

LG
Avocado

greenorest
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Re: Ernährung - wie wichtig?

Beitrag von greenorest »

Hallo,

vertraue deinen Erfahrungen und iss, was dir gut tut.

Der offizielle Stand der Wissenschaft ist, dass bei CU keine spezielle Diät sinnvoll ist, sondern individuell das gegessen werden soll, was funktioniert.

Natürlich ist es mE gesundheitlich sinnvoll, sich bedarfsdeckend und gesund zu ernähren. Also nicht nur von Fast Food und Limo.



Gruß Tina

Lea09
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Re: Ernährung - wie wichtig?

Beitrag von Lea09 »

Liebe Avocado,

du sprichst mir aus der Seele. Manche wollen einem die vegane, laktose-, zucker-, gluten-, konservierungsstofffreie Ernährung als die einzig Wahre und Richtige verkaufen. Überall Listen, was geht, was geht nicht. Ich hatte im Krankenhaus 2 Ernährungsberatungen, die mir beide etwas anderes erzählt haben.

Ich lese mir so etwas nicht mehr durch und versuche, aus Erfahrungen zu handeln. Ich reduziere Schweinefleisch, ansonsten selten bis kein Fertig-essen/Fastfood. Ansonsten esse ich Gluten, Lactose, ja auch mal etwas fettiges, wenn es mir gut geht.
Aber auch ich esse mal einen Döner oder was Süßes. Ich taste mich langsam heran (erst eine kleine Menge) und schau dann, wie es mir bekommt. Wenn sich nichts regt, dann kann ich es essen. Im Schub vertrage ich, genau wie du, nichts. Auch da gönne ich mir etwas für den Geschmack, weil es bleibt so oder so nichts drin:D

Was ich gelernt habe: mach dich nicht verrückt. Hör nicht immer auf alle. Vertrau nicht allen, niemand kennt deinen Körper. Sich 24/7 mit Ernährung zu beschäftigen und zu versuchen, es allen Recht zu machen, bringt nichts. Es verdirbt dir eher den Spaß am Essen und bringt Ängste, Sorgen und Bedenken. Essen sollte Genuss sein. Auch wir dürfen genießen:D

LG, Lea

Avocado
hat sich häuslich eingerichtet
Beiträge: 96
Registriert: Mi 1. Dez 2021, 13:27

Re: Ernährung - wie wichtig?

Beitrag von Avocado »

Liebe Lea,

vielen Dank für deine sehr beruhigende Antwort.

Was auch noch dazu kommt: Laut Arzt soll ich mit CED auf ausreichende Kalorienzufuhr achten.
Wie soll ich 2000 kcal und mehr erreichen, wenn ich nur fettarm, möglichst ohne Zucker usw. kochen soll?
Ich habe es mal einige Tage mit einer speziellen Möhrensuppe versucht. Hat der CED nicht geholfen. Und ich hätte davon mehrere Liter trinken müssen, um den Tagesbedarf an Kalorien zu decken. :shock:

LG
Avocado

Lea09
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Re: Ernährung - wie wichtig?

Beitrag von Lea09 »

Liebe Avocado,

ich habe dir eine PN geschickt. Schreib mir gerne mal Privat, ich bin eher selten hier im Forum:)
Habe damit auch einige Erfahrungen, die ich gerne teilen möchte.

LG, Lea

Banditensocke
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Re: Ernährung - wie wichtig?

Beitrag von Banditensocke »

Ich halte Ernährung für den Schlüssel - Ernährung IST Medizin. Nur gibt es eben nicht die eine Medizin für jeden. Das setzt also voraus, dass man sich auf den Weg macht heraus zu finden, was einem gut tut und hilft und was nicht.

Folgende Punkte sind meiner Erfahrung nach extrem wichtig:

1. Die Makros müssen stimmen. Gerade bei zehrenden Erkrankungen ist es wichtig, dass ausreichend Nährstoffe aufgenommen werden. Heisst konkret:
- VIEL Protein. Bei Untergewicht bis zu 2 g pro Kilo Körpergewicht. Dieses Protein muss hochwertig sein, also aus Fleisch von Tieren aus Weidehaltung stammen, von Bio-Eiern, aus Bio pflanzlichen Quellen, von Fischen aus Angelfang.

- wenig KH, insbesondere Zucker ist ein Entzündungstreiber. Kh-arme Gemüsesorten, gedünstet oder in Form von Cremesuppen sind sehr hilfreich.

- viel gute Fette, die gut aufgenommen werden können.

2. Entzündungsfördernde Nahrung sollte vermieden werden.

Das können sein:

- Milchprodukte
- GETREIDE !!!!
- Zucker, auch zuckerreiches Obst
- Fertigprodukte mit langen Zutatenlisten, vielen Konservierungsstoffen, Farbstoffe, Geschmacksverstärkern
- Süssigkeiten
- Nachtschattengewächse, hierzu zählen auch Kartoffeln.
- Obst: zuckerarme, saisonal, z.B. Beeren und KLEINE Portionen von gedünsteter Birne oder Apfel

3. Arachidonsäure im Auge behalten.

Man kann gegensteuern mit GUTEN Omega 3 Fetten, z.B. einem Omega 3 Öl, z.B. von Norsan

4. Die Milz streicheln

Den Morgen mit einem warmen, suppigen Gericht beginnen. z.B. ein Porridge auf Basis von gemahlenen Mandeln, geschrotetem Leinsamen, geschälten Hanfnüssen, Chiasamen, Mandelmilch, einem EL Kokosöl und etwas Zimt sowie einer Handvoll Beeren

5. Brot selbst backen auf Basis von Mandeln, Leinsamen. Viele herkömmliche und vor allem industrielle Backwaren sind nicht gut verträglich.

6. Zusammenfassung: Frisch - ohne Pülverchen, Fertigprodukte, Bio, von Tieren aus Weidehaltung, hohe Nährstoffdichte, Gemüse eher gedünstet und in Form von Suppen püriert

7. Suppen auf Basis von Knochenbrühe. Enthält Kollagen und stärkt die Darmschleimhaut

8. Fermentiertes für ein gutes Biom

Soweit meine Erfahrungen aus den letzten 20 Jahren.

kira85
Dauergast
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Registriert: So 11. Aug 2019, 17:00
Diagnose: 2019

Re: Ernährung - wie wichtig?

Beitrag von kira85 »

Hallo Avocado!

Ich denke, so ziemlich jeder CED-Patient wird zu Beginn der Erkrankung seinen Schub mit Ernährung (zusätzlich zu den Medikamenten) in den Griff bekommen wollen. Oder zumindest probieren, ob sich sein Darm mit einer Ernährungsumstellung beruhigt. Es mag auch sicher Patienten geben, bei denen dies der Fall ist. Ich persönlich könnte nicht sagen, dass mein Darm auf Nahrungsmittel reagiert. Fakt ist, ich habe keine einzige Unverträglichkeit (wurde getestet) und als ich 2019 meinen ersten "schlimmen" Schub hatte, da konnte ich essen was ich wollte, ich musste nach der Mahlzeit aufs Klo. Außer ich hatte die Möglicheit mit hinzulegen, dadurch konnte sich mein Darm -meist, nicht immer- beruhigen. Aber ob ich Pizza, Bananen, Joghurt oder Weißbrot aß, das war irrelvant. Mein Gastro meinte damals, ich darf alles essen und merke selbst am besten, was mir bekommt und was nicht. Und genauso handhabe ich es, nachdem ich auch schon einiges probiert habe.
Klar, eine ausgewogene Ernährung ist wichtig. Ich esse -da ich alles vertrage- regelmäßig Obst, Joghurt, Eier, backe Brot selbst, esse aber auch ab und an Backwaren, Weißmehl und Süßkram. Was ich gar nicht esse sind verarbeitet Lebensmittel, Tiefkühlpizzen, Fertigsnacks. Aber ansonsten verstehe ich nicht, warum ich vegan leben, oder kein Weizen mehr essen soll? Auch Zucker vertrage ich gut, ess ich derzeit nur weniger, weil ich jetzt wieder mit dem Laufen beginne. Ich habe aber auch schon von CED-Patienten gelesen, die eine deutliche Verbesserung durch eine Nahrungsumstellung erreicht haben. Das muss ganz individuell betrachtet werden. Wenn jemand keine Rohkost verträgt, dann sollte man das natürlich meiden. Die Frage ist halt auch, dadurch, dass sich Remission und Rezidiv abwechseln, ob es letztendlich wirklich auf die Ernährung zurückzuführen ist, oder ob es Zufall war? Aber das kann nur jeder Einzelne für sich beantworten. Jeder kennt seinen Körper am besten.
LG

Avocado
hat sich häuslich eingerichtet
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Re: Ernährung - wie wichtig?

Beitrag von Avocado »

Vielen Dank für eure Antworten.
Aber ob ich Pizza, Bananen, Joghurt oder Weißbrot aß, das war irrelvant.
So ist es bei mir auch.

@Banditensocke: Vielen Dank für deine ganzen Tipps.
Ich habe jahrelang wegen einer anderen Erkrankung sehr bewusst gegessen: kein rotes Fleisch, wenig Arachidonsäure, jeden Tag viel Obst/Gemüse, auch Heidelbeeren, viel Omega 3 usw.
Unter dieser Ernährung kam es zur CED! Und je mehr ich mich mit dem Thema befasse, desto eher komme ich zum Ergebnis: Die Ernährung könnte überbewertet sein. Es gibt keine/kaum gute Studien, die etwas belegen. Daher gibt es wohl auch keine ärztliche Empfehlung zur Ernährung. Und anekdotische Evidenz reicht mir nicht mehr, um mich in Sachen Ernährung derart zu knechten und zusätzlich Lebensqualität zu verlieren. Ich wünschte, es wäre anders. Ich wäre auch bereit, mich nur noch von Heidelbeeren, Möhren und Haferschleim zu ernähren, wenn es eine überzeugende Wirkung hätte.

LG
Avocado

Gidi
fühlt sich wohl hier
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Re: Ernährung - wie wichtig?

Beitrag von Gidi »

Bei mir ist es genau andersherum.
Meine CU ist im Laufe von 10Jahren mit wechselnden Auf- und Ab's immer schlimmer geworden, bis ich 2016 einen monatelangen heftigen Schub hatte. Mein Gastro meinte dann, dass als nächster Schritt nun Aza oder Biologicals auf dem Plan stehen würde. Das wolle ich auf keinen Fall und habe die Ernährung, Essverhalten und Lebensweise umgestellt. Mein Zustand hat sich daraufhin stabilisert, so dass ich unter der Einnahme von Mesalazin ein relativ normales Leben führen kann.

Ich bin keinesfalls gesund. Der CP-Wert steigt immer mal wieder an und sobald ich dauerhaft über die Stränge schlage, verschlechtert sich mein Zustand wieder. Aber ich weiß nun, was ich dann zu tun habe und das hat sich nun seit Jahren bewährt.

Vielleicht spielen bei mir Nahrungsunverträglichkeiten mit rein, aber das zu prüfen, schiebe ich leider seit Jahren vor mir her :roll:

Beste Grüße,
G.

Banditensocke
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Re: Ernährung - wie wichtig?

Beitrag von Banditensocke »

Das deckt sich mit meinen Erfahrungen.

Seit ich mich sehr bewusst ernähre, habe ich keine Schübe mehr. Da kommen jetzt schon 8 Jahre zusammen. Ich habe gute Laborwerte, meine Entzündungswerte sind nicht erhöht, mein Bauch ist ruhig und entspannt, es sei denn, ich esse etwas aus der "das besser nicht" Sparte. Dann beginnt er sofort unruhiger zu werden.

Ich nehme keine Basismedikation ein - habe ich nach sehr lang zurück liegenden Versuchen mit Azathioprin, Mycophenolsäure und Mesalazin, alles nicht wirksam, nie. Ich habe früher im Schub mit Urbason behandelt, auf das ich gut anspreche und nach dessen Ausschleichen sich eine Remission einstellte.

Ich denke daher, dass wichtig ist, dass jeder das heraus findet, was bei ihm in Sachen Ernährung passt. Das dürfte sehr individuell sein. Bei mir sind die Schlüsselfaktoren eindeutig die KH.

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