Die Small-Fiber-Neuropathie (SFN) als häufige aber oft unbekannte Begleiterkrankung bei CED

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bodenturnen
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Die Small-Fiber-Neuropathie (SFN) als häufige aber oft unbekannte Begleiterkrankung bei CED

Beitrag von bodenturnen »

Hallo

Da ich selber Betroffen bin und viele einen langen Weg zur richtigen Diagnose und Behandlung hinter sich haben, möchte ich nun mal in einem eigenen Thema von dieser Begleiterkrank berichten, nämlich der Small Fiber Neuropathie (SFN).

Symptome der SFN sind i.d.R. Missempfindungen und Nervenschmerzen, Kältegefühl, Brennen aber auch Muskelzuckungen = Faszikulationen oder Schwäche. Die Symptome können isoliert oder gemeinsam auftreten.

Die SFN ist eine Unterart der Neuropathie und tritt bei entzündlichen Krankheiten auf, insbesondere bei CED und rheumatischen Erkrankungen. Leider ist dieses Forschungsfeld ganz neu. Die Small Fiber Neuropathie kann nur mittels Hautbiopsie diagnostiziert werden, dieses muss in einer neurologische Spezialklinik durchgeführt werden. Mittels der Hauptbiopsie wird die intraepidermalen Nervenfaserdichte (IENFD) ermittelt.
Die Ursache der SFN sind nicht Medikamente, wie oft behauptet wird sondern diese entsteht immer durch den entzündlichen Zytokine-Sturm der Grunderkrankung, in unserem Fall die CED.

Die Behandlung erfolgt beispielsweise mit einer Höchst-Dosis Cortisonstoßtherapie (3x1000mg) oder durch intravenöse Immunglobuline. Leider ist dieses Themenfeld sehr neu und die Menschen wurden noch bis vor wenigen Jahren in die psychosomatische Ecke gestellt. Auch niedergelassene Neurologen haben in der Regel keine Ahnung von diesem Thema und erst recht nicht von der Behandlung, da die neurologischen Standard-Untersuchungen wie NLG, EMG usw. unauffällig bleiben.

Eine weitere Behandlungsoptionen ist die IVIg-Gabe (Intravenöse Immunglobuline) über einen längeren Zeitraum. Dafür gibt es vielversprechende Studien. Siehe hier:

https://journals.sagepub.com/doi/10.117 ... 5617744484

Hier der Text übersetzt:
Zusammenfassung
Ziele:
Die Kleinfaserpolyneuropathie (SFPN) hat verschiedene Grundursachen, einschließlich Assoziationen mit systemischen Autoimmunerkrankungen. Wir haben eine neue Ursache vorgeschlagen; Autoimmunerkrankungen mit Kleinfaser, die Guillain-Barré ähneln, und chronische entzündliche demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP). Es gibt noch keine Behandlungsstudien für dieses "anscheinend autoimmune SFPN" (aaSFPN), aber intravenöses Immunglobulin (IVIg), First-Line für Guillain-Barré und CIDP, wird trotz sehr hoher Kostenoff-label für aaSFPN verschrieben. Dieses Projekt zielte darauf ab, die erste systematische Bewertung der Wirksamkeit von IVIg für aaSFPN durchzuführen.

Methoden:
Mit der IRB-Zulassung haben wir alle verfügbaren Papier- und elektronischen Patientenakten qualifizierter Patienten extrahiert. Die Einbeziehung erforderte die objektiv bestätigte SFPN, die Autoimmunzuschreibung und andere potenzielle Ursachen. IVIg musste über 3 Monate lang in einer Dosierung von 1 g/kg/4 Wochen verabreicht worden sein. Wir wählten zwei primäre Ergebnisse - Änderungen in den Berichten über zusammengesetzte autonome Funktionstests (AFT) von SFPN und in den Bewertungen der Schmerzschwere -, um objektive und patientenpriorisierte Ergebnisse zu erfassen.

Ergebnisse:
Von allen 55 in Frage kommenden Patienten war SFPN durch 3/3 Nervenbiopsien, 62% der Hautbiopsien und 89% der zusammengesetzten AFT bestätigt worden. Zu den Nachweisen für Autoimmunität gehörten 27% der Patienten mit systemischen Autoimmunerkrankungen, 20% mit früheren organspezifischen Autoimmunerkrankungen und 80% mit abnormalen Bluttestmarkern im Zusammenhang mit Autoimmunität. Insgesamt 73% hatten eine scheinbare, kleinfaserbeschränkte Autoimmunität. Die Dauer der IVIg-Behandlung betrug durchschnittlich 28 ± 25 Monate. Der Anteil der AFTs, die als SFPN interpretiert werden, sank von 89% zu Studienbeginn auf 55% (p ≤ 0,001). Die Schweißproduktion normalisierte sich (p = 0,039) und die anderen vier Bereiche tendierten alle zu Verbesserungen. Bei Patienten mit Schmerzen vor der Behandlung sank der Schweregrad durchschnittlich 6,3 ± 1,7 auf 5,2 ± 2,1 (p = 0,007). Insgesamt bewerteten sich 74% der Patienten als "verbessert" und ihre Neurologen kennzeichneten 77% als "IVIg-Ansprechpartner"; 16% traten in Remissionen ein, die nach dem IVIg-Abzug erlitten wurden. Alle unerwünschten Ereignisse wurden erwartet; die meisten waren typische Infusionsreaktionen. Die beiden mäßigen Komplikationen (3,6%) waren Venenthrombosen, die kein Absetzen erforderten. Das eine schwere Ereignis (1,8%), die hämolytische Anämie, wurde nach dem Abbruch der IVIg wieder aufgenommen.

Schlussfolgerung:
Diese Ergebnisse liefern reale Beweise der Klasse IV, die darauf hindeuten, dass IVIg für streng ausgewählte SFPN-Patienten mit offensichtlicher Autoimmunkausalität sicher und wirksam ist. Sie liefern Gründe für prospektive Studien, informieren über das Versuchsdesign und unterstützen indirekt die Entdeckung von Autoimmun-/Entzündlichen Erkrankungen mit Kleinfaser.“

Bei der Fa. Celltrend gibt es einige Informationen auf deren Seite, einige Betroffene haben die spezifischen Auto-Antikörper:

https://www.celltrend.de/pots-cfs-me-crps/

Zitat von der Seite:

„Small Fiber Neuropathie (SFN) Diagnostik
Small Fiber Neuropathie (SFN) ist ein Subtyp der Neuropathie, die durch eine selektive Beteiligung von nichtmyelinisierten oder dünnmyelinisierten sensorischen Fasern gekennzeichnet ist. Seine Pathogenese umfasst eine breite Palette von immunvermittelten, metabolischen, toxischen, erblichen und genetischen Störungen. SFN wurde in Zusammenhang mit Sjögren-Syndrom, Zöliakie, systemischem Lupus Erythematodes, rheumatoider Arthritis, Diabetes Mellitus Typ 1, entzündlicher Darmerkrankung, Sarkoidose und paraneoplastischen Syndrom beschrieben. Einige Daten vermuten auch eine Assoziation mit Hashimoto-Thyreoiditis. Klinische Symptome der SFN können sich sowohl als isolierte sensorische Störungenals auch isolierte autonome Störungen manifestieren.

Intravenöse Immunglobulintherapie (IVIG) zeigte einen signifikanten Effekten bei der Behandlung von Patienten mit autoimmun vermittelter SFN in zwei großen retrospektiven Studien mit vergleichbaren Ansprechraten (77% und 83% der Patienten).

Auto-Antikörper gegen Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor-3 (FGFR3-IgG) und TriSulfatHeparinDiSaccharid (TSHDS-IgM) sind bei SFN erhöht. In einer klinischen Studie wird derzeit die Wirksamkeit von IVIG Gabe bei FGFR3-Ab und TSHDS-Ab positiven Patienten untersucht.“

Auch Dr. Oaklander von der Havard-Univ. ist weltweit führend und hat gute Informationen veröffentlicht, allerdings auf Englisch. Leider gibt es nicht viele Informationen auf deutschsprachigen Seiten. Auf Facebook gib es allerdings eine Gruppe zu diesem Thema.

Jana123
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Re: Die Small-Fiber-Neuropathie (SFN) als häufige aber oft unbekannte Begleiterkrankung bei CED

Beitrag von Jana123 »

Danke fürs Teilen dieser Information.

Wie äußert sich denn die SFN bei dir?

Ich war gerade erst wegen Empfindungsstörungen in den Beinen beim Neurologen. Nervenmessung war dann unauffällig. Der Neurologe wusste nicht weiter. Jetzt bin ich natürlich sehr interessiert, nachdem ich auf dieses Thema gestoßen bin und werde meine Ärzte mal darauf ansprechen.

bodenturnen
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Re: Die Small-Fiber-Neuropathie (SFN) als häufige aber oft unbekannte Begleiterkrankung bei CED

Beitrag von bodenturnen »

Du kannst die Biopsie einfach über deinen Hausarzt machen. Anbei die Anleitung aus Aachen (dort wird die Biopsie i.d.R. eh hingeschickt)

https://smallpdf.com/de/result#r=f5c419 ... e-document

Du kannst das Dokument auch mit zum Neurologen nehmen, dann hat er schon mal eine Anleitung weiß was zu machen ist.

Symptome sind Missempfindungen und Nervenschmerzen, Kältegefühl, Brennen aber auch Muskelzuckungen = Faszikulationen und Schwäche. Es fing alles ganz harmlos mit leichtem Ziehen in den Zehen an.

bodenturnen
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Re: Die Small-Fiber-Neuropathie (SFN) als häufige aber oft unbekannte Begleiterkrankung bei CED

Beitrag von bodenturnen »

Hier noch mal der Link zur Hautbiopsie von der Neuropathologie Uni-Klinik Aachen:

https://docdro.id/iQOMhBQ

Jana123
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Re: Die Small-Fiber-Neuropathie (SFN) als häufige aber oft unbekannte Begleiterkrankung bei CED

Beitrag von Jana123 »

Danke für die Infos. Ich werde es beim Kontrolltermin beim Neurologen auf jeden Fall ansprechen und ggf. auch Hausarzt oder Gastroenterologe.

Wie wurde es denn bei dir behandelt und bist du jetzt beschwerdefrei?

bodenturnen
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Re: Die Small-Fiber-Neuropathie (SFN) als häufige aber oft unbekannte Begleiterkrankung bei CED

Beitrag von bodenturnen »

Ich habe leider nicht das Gefühl, dass die Cortisonstoßtherapie etwas gebracht hat.

An IVIg zu kommen ist in Deutschland leider sehr schwierig. Aber das würde vermutlich helfen.

Ich habe auch noch eine Theorie zu einem anderen Medikament. Die Nervenschäden unterliegen ja dem gleichen Mechanismus wie die rheumatischen Gelenk-Problemen bei der CU. Entzündungszytokine die sich im Körper ausbreiten. Gegen die Gelenk-Probleme bei CU gibt es ein Medikament. Das nennt sich Azulfidine. Dies müsste eigentlich auch bei den Nervenschäden helfen.

Jana123
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Re: Die Small-Fiber-Neuropathie (SFN) als häufige aber oft unbekannte Begleiterkrankung bei CED

Beitrag von Jana123 »

Das tut mir Leid. :( Hoffentlich findet sich bald was, was dir hilft.

JayBee
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Re: Die Small-Fiber-Neuropathie (SFN) als häufige aber oft unbekannte Begleiterkrankung bei CED

Beitrag von JayBee »

Für alle Interessierten und Betroffenen hier ein Link zu einem sehr spannenden Vortrag von Anne Louise Oaklander passend zum Thread. Oaklander ist Spezialistin im Bereich autoimmune small fibre Polyneurophatien

https://youtu.be/s66LvWQ5Qso

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