Überlegung Operation nach 14 Jahren CU

Über die sonstigen medizinischen Probleme.
Sophie_CU
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Überlegung Operation nach 14 Jahren CU

Beitrag von Sophie_CU »

Hallo, ich bin 22 Jahre alt und nun seit 14 Jahren an Colitis Ulcerosa erkrankt. Anfangs haben die Medikamente gut funktioniert, aber seit ein paar Jahren spreche ich nicht mehr darauf an. Nur Cortison hilft noch. Da ich nun alles probiert habe und es leider nur durch Cortison halbwegs in Schach gehalten wird, setze ich mich seit längerem mit dem Thema Operation und Pouch auseinander. Da ich noch so jung bin, möchte ich ein dauerhaftes Stoma gern vermeiden. Mein Freund und ich wollen dieses Jahr im August heiraten, danach ziehen wir die OP in Betracht. Ich habe in ein paar Tagen ein Termin bei einem Chirurgen. Nun möchte ich mich aber im Vorfeld schon mal nach Erfahrung erkundigen. Auch hinsichtlich, ob ein normales Leben nach der OP möglich ist und ob der Familienplanung etwas im Weg stehen könnte. Mir fallen tausend Fragen ein und ich verzweifel immer mehr. Kann mir jemand helfen und vielleicht seine Erfahrungen teilen? Wie seht ihr es, wann ist es Zeit für eine OP? Warten und Jahre lang Cortison nehmen oder OP und ohne Medikamente leben?
Letzten Monat wurden zwei kleine Polypen gefunden, ohne Hinweise auf Krebszellen. Aber nach so einer langen Krankheitsdauer ist es doch nur eine Frage der Zeit, oder?

Ich danke für jede Antwort. Liebe Grüße.

hopie
Dauergast
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Re: Überlegung Operation nach 14 Jahren CU

Beitrag von hopie »

Hallo liebe Sophie,

ich habe nach 10 Jahren CU im Dezember 2018 meinen Darm abgegeben. Auch alles an Medikamenten ausprobiert, was ging. Mich gegen die OP und Stoma gesträubt. Die meisten sagen hinterher, dazu gehöre ich auch, sie hätten die Kolektomie früher machen sollen. Wichtig ist, dass du in einer Klinik operiert wirst, die viel Erfahrung hinsichtlich dieser OPs hat.
Und du solltest dir auch überlegen, du wirklich noch ein halbes Jahr bis zur OP warten möchtest, wo du schreibst, dass du nur mit Kortison einigermaßen klar kommst, vermutlich auch in nicht allzu geringen Dosen? Denn je mehr und je länger du Kortison nimmst, desto größer die Gefahr der Komplikationen zwecks Wundheilung und co. Und der Nebenwirkungen des Kortisons an sich. Ich bin auch mit 60 mg in die OP, weil es nicht anders ging.
Obwohl die Zeit nach der OP nicht leicht war, habe ich es nicht bereut. Und mich auch gegen einen Pouch entschieden, weil es mit dem Stoma super klappt und keiner garantieren kann, wie gut es mit dem Pouch läuft. Ich auch mit der Stuhlfrequenz nicht zufrieden gewesen wäre. Wollte auch nicht auf Lebensmittel verzichten müssen, weil ich sie mit dem Pouch vielleicht nicht vertrage. Mit dem Stoma kann ich problemlos alles essen und trinken, da habe ich Glück gehabt. Sport geht auch, wenn die OP-Wunden erstmal verheilt sind. hab vor 1,5 Jahren mit dem Klettern angefangen, selbst sowas ist möglich.
Auch eine Schwangerschaft mit Stoma. Es heißt, mit Pouch wäre eine Schwangerschaft wohl noch schwieriger als mit Stoma, aber grundsätzlich ist beides möglich, wie Stoma- und Pouchträger zu genüge zeigen.
Wenn du Fragen hast, auch zu den OPs, melde dich gerne. :) Wie gesagt, mir geht´s super so nach der Kolektomie. Keine Medikamente und ich brauche auch nichts Stuhleindickendes zu nehmen wegen des Stomas. Klappt alles über die Ernährung.

Alles Gute erstmal :)
Liebste Grüße

Matrix
Dauergast
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Re: Überlegung Operation nach 14 Jahren CU

Beitrag von Matrix »

Hallo,

ich war in einer ähnlichen Situation wie du und habe mit 2 Gastroenterologen über das Thema Op ja /nein und Darmkrebs gesprochen.
Zu dem Thema Darmkrebs waren sie sich in sofern einig, dass auch eine schwere CU nicht zu Darmkrebs führen muss.
Darmkrebs ist wohl auch recht selten der Grund für eine Kolektomie bei CU.
Ein Arzt war der Meinung das man vorallem als Frau auf Grund des Östrogens einen Vorteil bei Darmkrebs hat- es bezifferte das Risiko nach 25 Jahren mit 3,3%.
Mit den Polypen ist es gut das man sie entfernt- diese können nach Jahren zu Krebs werden müssen sie aber nicht.
Das Problme mit dem Cortison sehe ich da schon ehr.
Hast du das Gefühl den Gastro weiß was er macht?
Ich war auch jahrelang bei einer angeblichen Koryphäe-außer Cortison und Aza konnte er nicht viel.

Mein Tipp hohl dir eine 2. Meinung und dann überleg in Ruhe.
Die Kolektomie ist ganz sicher kein Weltuntergang, aber leider sehr endgültig.
(Mir hat der konsequente Zucker und Weizen Verzicht geholfen- nur eine Idee )

Sophie_CU
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Beiträge: 5
Registriert: So 14. Feb 2021, 19:57

Re: Überlegung Operation nach 14 Jahren CU

Beitrag von Sophie_CU »

Ganz lieben Dank für die bisherigen Antworten.
Mein momentaner Gesundheitszustand sieht so aus, dass ich 5 mg Prednisolon und 9 mg Entocord (=Budesonid) und Rektalschäume verwende und zwischen 1 und 3 mal am Tag auf die Toilette gehe. Mal sehe ich Blut, mal nicht. Alles in allem kann ich ja zufrieden sein, es gibt viel schlimmere Leidensgeschichten. Mir persönlich ging es auch schon bedeutend schlechter als jetzt. Da aber wie gesagt die Krankheit nur mit Cortison mehr oder weniger ruhig gestellt wird, habe ich das Gefühl, dass ich mich langsam entscheiden muss. Alle anderen Medikamente helfen leider nicht oder nicht ausreichend. Ich kann nicht Jahre lang Cortison nehmen, die Angst ist zu groß meinen restlichen Körper auch noch kaputt zu machen oder irgendwann auch darauf nicht mehr anzusprechen (nehme es jetzt bereits ein Jahr in immer unterschiedlichen Dosierungen).
Meine Meinung ändert sich momentan wirklich täglich, je nachdem wie es mir gesundheitlich geht. Ich habe große Angst davor, meine Entscheidung zu bereuen. Da mein Opa bereits an Darmkrebs gestorben ist, ist die Angst bei mir groß auch früher oder später daran zu erkranken. Eine OP würde dieses Risiko ja doch schon enorm senken.

Ich bin für jede weitere Erfahrung/Meinung wahnsinnig dankbar.

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neptun
Inventar - wird täglich mit abgestaubt
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Re: Überlegung Operation nach 14 Jahren CU

Beitrag von neptun »

Hallo Sophie,

Du hast eine Pancolitis?
Weil Du auch Entocort bekommst.

Wurden wirklich alle Medikamente versucht? Zum Beispiel Mesalazin oral und rektal als Basismedikation.
Aza oder Purinethol hattest Du und auch die Biologicals Remicade oder Humira, Simponie, Stelara, Entyvio und ein Januskinasehemmer?

Heutzutage gibt es so viele potente und unterschiedlich wirkende Medikamente, gerade auch die Biologicals, da erscheint es fast schon unerklärlich, wenn da nicht auch eines wirksam sein sollte.

Hast Du im Forum mal andere Geschichten zur Kolektomie gelesen und unter welchen Einschränkungen, Symptomen und Beschwerden sich andere Betroffene entschlossen, einen Pouch machen zu lassen?

Immerhin sind es zwei bis drei OP's, zwei davon groß und zeitlich lang. Mit allen Risiken, die eine OP schon an sich birgt, Wundheilung, etc., dann mit dem Krankenhausaufenthalt und den leider viel verbreiteten MRSA-Keimen. Und es ist ein ganz spezielles Gebiet, einen wirklich funktionierenden Pouch zu formen und anzuschlieeßen, im richtigen Volumen, mit der richtigen Versorgung an Nerven und Blutversorgung, ohne Nahtinsuffizienz.

Als Chirurg sollte unbedingt ein/eine wirklich mit Pouch versierter/versierte Chirurg*in gesucht werden mit entsprechendem Team, wie Kroesen, Jehle, Heuschen.

Wenn Du Mitglied bei der DCCV bist, hier gibt es den Arbeitskreis Pouch. Die können schon mal von Erfahrungen berichten, und es gibt auf deren Seite viele Fachartikel, Vorträge, die u.a. auch das Thema Kontinenz bei Nacht, Stuhlfrequenz, etc. behandeln.
https://www.dccv.de/die-dccv/arbeitskre ... ccv/pouch/

LG Neptun
Zuletzt geändert von neptun am Mo 15. Feb 2021, 14:48, insgesamt 1-mal geändert.

_Stephan
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Re: Überlegung Operation nach 14 Jahren CU

Beitrag von _Stephan »

Hallo Sophie,

wie Matrix so schön schrieb, ist die Kolektomie eine endgültige Angelegenheit, von daher kommt es stark auf deinen Leidensdruck an, ob eine solche OP ratsam ist.
Zu deinem Krankheitsverlauf und der medikamentösen Therapie sagst du leider sehr wenig, deinen zweiten Post habe ich zum Glück gerade noch gesehen. Warum nimmst du Entocort, das wirkt am Ende des Dünndarms und im aufsteigenden Dickdarm? Ist bei CU nicht Cortiment üblich, das mehr im Dickdarm wirkt?
Ich nehme Budesonid (Entocort) seit 7 Jahren ein weil ich unter chronischer Pouchitis leide und noch kein anderes Mittel gefunden habe (auch wenn die Anwendung nur für 4 Wochen gedacht ist). Auch bei mir mildert es nur die Entzündungssymptome. Ich bemerke aber keine Nebenwirkungen.

Hast du alle verfügbaren Behandlungen durchführen lassen (neben 5-ASA und Cortison auch Aza, TNF-alpha-Blocker, Xelianz)?

Nach einer Pouch-OP musst du mit 3-5 Stuhlgängen pro Tag rechnen, davon evtl. einer nachts, wenn sich alles nach 6-12 Monaten eingespielt hat. Zu möglichen Komplikationen (Pouchitis, Inkontinenz) gibt es hier im Forum reichlich Info.
Bei colitis ulcerosa totalis (wenn der ganze Dickdarm von der Entzündung betroffen ist) mit evtl. backwash ileitis ist die Gefahr chronischer Entzündungsbeschwerden mit dem Pouch erhöht.

Sicherlich hast du bereits die Meinung deines Gastroenterologen bei der zurückliegenden Darmspiegelung eingeholt.
Der Chirurg kann dir den Verlauf der OP und mögliche Komplikationen erklären (Chirurgen sind aber gewöhnlich auch relativ optimistisch, was Operationen angeht).
Ich würde mir die Entscheidung auf jeden Fall gut überlegen, ausreichend Zeit ist ja gegeben.

Bei 1-3 Stuhlgängen pro Tag und sonst wenig Beschwerden (wie ich gerade noch gelesen habe) würde ich keinesfalls zu einer OP raten. Wenn dein Darm nur geringgradig entzündet ist und keine dysplastischen Veränderungen bei der Gewebeuntersuchung aufgefallen sind, sollte die regelmäßige Darmspiegelung alle 1...2 Jahre ausreichen, um vor Darmkrebs zu schützen.
Auch abzuwarten kann eine Entscheidung sein, schließlich bleibt die Forschung nicht stehen, und es besteht immer Hoffnung, dass doch noch mal ein Heilmittel gefunden wird und nicht nur noch ein weiteres Mittel, um irgendeine Entzündungsreation zu unterdrücken. (Ich warte mittlerweile 26 Jahre darauf...)

LG Stephan

Sophie_CU
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Re: Überlegung Operation nach 14 Jahren CU

Beitrag von Sophie_CU »

Ich habe als Kind Entocord bekommen und habe immer gut darauf angesprochen, daher wurde es mir wieder verschrieben nachdem ich das Cortiment nicht vertragen habe. Mesalazin habe ich von Klein auf genommen, dies wurde aber letztes Jahr abgesetzt, weil nicht klar war ob meine damalige Bauchspeicheldrüsenentzündung daher kam. Ich habe bereits alle geläufigen Biologika durchprobiert, leider wurde hier keine ausreichende Wirkung festgestellt. Das letzte Mittel wären jetzt JAK-Tabletten, gegen die ich mich aber auf Grund der schweren Nebenwirkungen entschieden habe. Meine Hoffnung ist ja auch, dass sich die Medizin in den nächsten Jahren so weiter entwickelt, dass man ohne OP klar kommt.
Ich würde mir sehr wünschen, endlich ohne Medikamente leben zu können. Aber so wie ich es eben verstanden habe, ist nach einer Pouch-OP keine Garantie da, dass man dann ohne Medikamente leben kann, wenn sich der Pouch immer wieder entzündet. Dann hätte ich die selbe Situation, wie jetzt, nur mit mehr Einschränkungen. :|

Matrix
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Re: Überlegung Operation nach 14 Jahren CU

Beitrag von Matrix »

Ich meine das jetzt überhaupt nicht böse, aber kann es sein dass du dich mit einer Kolektomie und denn folgen noch nicht viel beschäftigt hast?
Cortison ist immer schlecht , aber deine Dosis ist nicht sehr hoch.
Du solltest dir wirklich die Zeit nehmen und dich intensiv mit dem Thema beschäftigen.
Wie meine Vorredner bereits sagten- beschönigen Chirurgen die OP oft etwas.
Ich kenne 2 Leute die mit Pouch auch nach Jahren 8-10 täglich auf die Toilette gehen.
Das klingt für Betroffenen die davor 20-30 täglich auf dem Klo waren gut in deinem Fall wäre es aber erstmal eine Verschlechterung.
Niemand kann sagen ob eine Pouch funktioniert oder nicht, manche nehmen gegen eine Pouchitis Biologicals oder wieder Cortisone.
Bei manchen funktioniert der Pouch ohne Medikamente super bei anderen nur mit Medikamenten und bei wieder anderen gar nicht(weshalb es dann eine Stoma sein muss).
Ein Pouch bedeutet nicht zwingender weise Beschwerde oder Medikamenten Freiheit.
Er kann aber (wie ein Stoma) eine erhebliche Verbesserung der Lebenssituationen darstellen .

Sophie_CU
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Re: Überlegung Operation nach 14 Jahren CU

Beitrag von Sophie_CU »

Ich beschäftige mich seit einem Monat gefühlt jeden Tag mit nichts anderem, daher weiß ich auch dass es für viele eine Erleichterung darstellt die täglich 20 Stuhlgänge und Schmerzen haben. Für mich wäre es eine Verschlechterung, wenn ich 5-10 mal auf die Toilette müsste. Aber mir macht halt die ständige Entzündung und permanente Gabe von Cortison große Sorgen. Aber du hast schon recht, man sollte sich viel Zeit mit der Entscheidung nehmen und abwägen, was in meinem Fall besser ist. Wenn es schlechter wird, kann man sich ja immer noch für die OP entscheiden.
Danke für eure Einschätzungen. :)

_Stephan
Dauergast
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Re: Überlegung Operation nach 14 Jahren CU

Beitrag von _Stephan »

Hallo Sophie,

das Xeljanz habe ich auch schon durch - ohne Nebenwirkungen, aber auch keine Besserung.
Bei den ganzen Medikamenten für CU / MC habe ich bisher nur mit Aza merkliche Beschwerden gehabt (und eine gewisse Unverträglichkeit bei 5-ASA Präparaten).

Hast du schon ergänzend Probiotika probiert? Manchen Leuten hilft das zur Remissionserhaltung.
Bei CED-Betroffenen ist gewöhnlich die Darmflora "verarmt".
Zur offiziellen Therapie ist nur Mutaflor zugelassen, das enthält aber nur einen EC-Bakterienstamm. Mir hat es eher Blähungen verursacht damals. Es gibt aber im freien Handel reichlich Präparate, teils mit 20 und mehr Stämmen. Falls du das noch nicht versucht hast.
Natürlich sind auch Lebensmittel mit probiotischen Bakterien empfehlenswert, wenn sie vertragen werden: (Natur-)Joghurt & Kefir eher in geringeren Mengen wegen der restlichen Laktose, Kombucha...

LG Stephan

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