Pouch stilllegen und Stoma anlegen??

Über die sonstigen medizinischen Probleme.
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Barnaby11
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Pouch stilllegen und Stoma anlegen??

Beitrag von Barnaby11 »

Hallo!

Ich bin 45 Jahre alt und bei mir wurde 1992 Colitis Ulcerosa diagnostiziert. Nachdem dann 2006 eine Displasie in einer Gewebeprobe gefunden wurde, habe ich mir 2007 den Dickdarm entfernen lassen und einen Pouch anlegen lassen. Nachdem meine Colitis eigentlich recht gut unter Kontrolle war ( ca.4 Schübe in 14 Jahren) fing nach der OP ein nun schon 10 Jahre andauernder Leidensweg an. Gleich nach der OP bekam ich eine Pouchitis. Diese wurde mit Antibiotika behandelt, was zu einer Pilzinfektion führte. Nach ca. 6 Monaten bekam ich eine Thrombose. Ich litt dann bis 2013 unter einem ausgeprägten Kurzdarmsydrom mit immerwieder erhöhten Entzündungswerten. Am schlimmsten waren wiederkehrende Muskelkrämpfe im ganzen Körper. Ich musste mehrfach in die Krankenhaus Notaufnahme und bekam dort Flüssigkeit über die Vene.Ich litt unter heftigem Stuhldrang, ständigen Durchfällen und bis zu 20 Stuhlgängen am Tag. Im Jahr 2013 erfolgte dann der totale Zusammenbruch mit 14 Tagen Krankenhausaufenthalt. Bei einer Spiegelung stellte man eine starke Entzündung des Pouches und des anschließenden Dünndarms fest. Erst nach ca. einer Woche Krankenhaus bekam ich dann Antibiotika, worunter eine sofortige Besserung eintrat. Ich bin seitdem in Behandlung und bekam dann Remicade in Kombination mit Azathioprin. Diese Behandlung wirkte ca. 1,5 Jahre sehr gut, dann nicht mehr. Dann bekam ich Humira und Puri Nethol. Auch das wirkte ca. ein Jahr recht gut, dann aber nicht mehr. Zwischendurch wurde ich immerwieder mit Antibiothika behandelt (Metronidazol und Ciprofloxacin). Jetzt musste ich wieder in Krankenhaus, wegen heftiger Bauchschmerzen. Es wurde Wasser im Bauch festgestellt, Eiweißmangel und eine Schädigung der Leber (meine Vermutung durch Ciprofloxacin verursacht).

Ich überlege nun, den Pouch stillzulegen und mir ein Ileostoma anlegen zu lassen. Ich suche jemanden, der auch ähnliche Erfahrungen gemacht hat und den Schritt schon gemacht hat. Mein Arzt sagt, dadurch, dass sich bei mir die Entzündung so weit in den Dünndarm zieht, kann er mir dazu keine klare Empfehlung geben.
Wenn Ihr Erfahrungen mit einer Rückoperation des Pochen habt, berichtet mir doch einfach mal. Ich erhoffe mir damit natürlich eine deutliche Verbesserung meiner Lebensqualität und ein Leben ohne Medikamente und deren teils heftige Nebenwirkungen.

Viele Grüße Barnaby11

Picasso
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Re: Pouch stilllegen und Stoma anlegen??

Beitrag von Picasso »

Hallo Barnaby,
bei mir war es so, dass ich durch die ständigen Pouchitiden nun eine pouchovaginale Fistel bekommen habe. Das ganze muss in drei OP Folgen „saniert“ werden. Nun habe ich seit 2013 wieder ein Stoma. Sollte die Verschiebelappenplastik funktionieren wird das Stoma wieder zurück verlegt. Sollte dies nicht klappen, ( erfahre ich erst in 14 Tagen, da die 2. OP erst war), dann werde ich wohl mein Stoma behalten. Anfangs dachte ich, dass ich damit gar nicht mehr zurecht komme, aber ich habe mich recht schnell wieder an die Situation gewöhnt. ( Vielleicht auch, weil ich im Hinterkopf habe, dass es zu 60% wieder zurück verlegt wird...) Jedoch weiß ich, dass ich mir keine Immunsupressiva geben lassen würde, sondern hier das Stoma vorziehen würde.
Ich wünsche dir alles Gute und hoffe für dich, dass du den richtigen Weg für dich finden wirst.
Herzliche Grüße
Picasso

gelöschter Benutzer

Re: Pouch stilllegen und Stoma anlegen??

Beitrag von gelöschter Benutzer »

Picasso hat geschrieben: Sollte dies nicht klappen, ( erfahre ich erst in 14 Tagen, da die 2. OP erst war), dann werde ich wohl mein Stoma behalten. Anfangs dachte ich, dass ich damit gar nicht mehr zurecht komme, aber ich habe mich recht schnell wieder an die Situation gewöhnt. ( Vielleicht auch, weil ich im Hinterkopf habe, dass es zu 60% wieder zurück verlegt wird...) Jedoch weiß ich, dass ich mir keine Immunsupressiva geben lassen würde, sondern hier das Stoma vorziehen würde.
Hallo Picasso,

wie ist denn bei Dir der aktuelle Stand bzw. was ist nach den 14 Tagen "herausgekommen"?

Sorry für die Neugier! :lol:

VG Bernie

Barnaby11
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Re: Pouch stilllegen und Stoma anlegen??

Beitrag von Barnaby11 »

Hallo!

Inzwischen ist etwas Zeit vergangen und ich möchte von dem weiterer Verlauf meiner chronischen Pouchitis berichten.

Leider haben die Ärzte die Entzündung auch mit Vedulizumab nicht richtig in den Griff bekommen. Irgendwie hatte es weiter „geschwelt“ und ich habe 2 Stenosen im unteren Abschnitt des Dünndarms entwickelt. Totale Quälerei! Ich kam im Oktober 2018 ins Krankenhaus und bekam seit ca. 20 Jahren zum ersten Mal wieder eine Cortisontherapie. Mein Arzt beantragte bei meiner Krankenkasse (Barmer) eine Therapie mit Ustekinumap. Das Medikament ist ja eigentlich nur für Morbus Crohn zugelassen. Die Krankenkasse hat sich 8 Wochen Zeit gelassen, das Medikament zur genehmigen. In der Zwischenzeit bekam ich weiter Cortison. Das Ustekinumap benötigt leider auch weitere 8 Wochen bis es wirkt. Das war zu lange! Im Januar 2019 musste ich wieder zur Behandlung der Stenosen ins Krankenhaus und bekam eine Cortison Schocktherapie. Ich hatte die Schnauze voll und habe mich dazu entschlossen, den Pouch endgültig stilllegen zu lassen.Im Februar 2019 wurde mir im Krankenhaus Lüneburg ein doppelläufiges Ileostoma angelegt. Der Pouch und die unteren 30-50 Zentimeter des Dünndarms wurden somit stillgelegt. 4 Tage nach der Operation wurde ich aus dem Krankenhaus entlassen und nach 14 Tagen bin ich wieder arbeiten gegangen.

Seit Februar habe ich nun ein Stoma und kann endlich wieder schlafen. Auch Unternehmungen sind wesentlich entspannter, weil ich nicht andauernd eine Toilette suchen muss. Seit Februar benötige ich seit Jahren das erste Mal keine Medikamente mehr! Ein Stoma ist nicht besonders schön, aber echt sehr praktisch. Im Moment bin ich der Meinung, dass ich den Pouch schon viel eher stilllegen hätte sollen. Es waren fast 12 Jahre lang eine echte Quälerei. Ich hoffe, dass jetzt alles besser wird und werde mich in einigen Monaten wieder melden und von meinen Erfahrungen berichten. Derzeit bin ich 3 Wochen zur Reha und anschließend will ich mit meiner Frau in den Urlaub fahren.

Viele liebe Grüße an alle

Barnaby11

Korona
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Re: Pouch stilllegen und Stoma anlegen??

Beitrag von Korona »

Hallo Barnaby,

ich denke, es war eine gute Entscheidung, das Stoma anzulegen.

Ein paar Empfehlungen möchte ich Dir geben:
Du solltest Dich jetzt erholen, Urlaub machen und einige Monate oder ca. ein Jahr das Leben genießen und dabei die Reste der Medikamente loswerden. Unter den erfahrenen Chirurgen gibt es einige, die bei doppelläufigem Stoma empfehlen öfter den abführenden Schenkel öfter mit kurzkettigen Fettsäuren zu spülen, z.B. Butyrat. Ein Hartmannstumpf oder ein anderweitig stillgelegter Darmanteil neigt sonst dazu eine Diversionscolitis zu entwickeln.
Das muss bei Dir nicht passieren, aufgrund Deines bisherigen Verlaufs würde ich aber das Thema mal ansprechen.

Du hast den Pouch noch, und vermutlich ist der gesamte abführende Schenkel der Teil, der vor der Stomaanlage auch oberhalb des Pouches immer entzündet war?
Möglicherweise macht es Sinn, jetzt zu spülen und die alte Entzündung ausheilen zu lassen, Inder Folge dann das gesundete Teilstück wieder zu integrieren und damit zu „retten“, dadurch dass der Pouch endgültig entfernt wird.
Du brauchst den Pouch nicht mehr, er birgt ggfs. nur Risiken.
Die Konsequenz wäre ein endständiges Stoma.

Du solltest diese Variante mit einem sehr erfahrenen auf Kolonproktologie spezialisierten Visceralchirurgen (!) besprechen. Vielleicht kannst Du in der Reha auch schon erste Informationen bei den Gastros bekommen, bzw. Dich auch über das Spülen informieren.

Ich wünsche Dir gute Erholung und bin sicher, dass Du Deine Entscheidung weiter positiv beurteilen wirst.
Man kann sehr gut mit Stoma leben und kann im Grunde alles machen.
Lass es aber langsam angehen, hebe im ersten halben Jahr nur sehr moderat! Informiere Dich in der Reha auch über das Risiko der Hernienbildung.

Genieße Deinen Urlaub und Deine neue Freiheit!
LG, Korona

Barnaby11
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Re: Pouch stilllegen und Stoma anlegen??

Beitrag von Barnaby11 »

Hallo Korona,

Vielen lieben Dank für Deine Tips! Ich bin guter Dinge, weil keine Entzündung mehr im Körper ist und hoffentlich auch nicht wieder kommt. Ich habe im Oktober eine Endoskopie und bin schon gespannt wie der stillgelegte Teilabschnitt aussieht. Die Ärzte meinten, dass der Abschnitt durch die langjährige Entzündung eh keine große Funktion mehr hatte. Ich bin guter Dinge!!

Liebe Grüße Barnaby11

Korona
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Re: Pouch stilllegen und Stoma anlegen??

Beitrag von Korona »

Super, dann erhole Dich weiter gut.

Gruß, Korona

_Stephan
Dauergast
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Registriert: So 1. Feb 2015, 19:38

Re: Pouch stilllegen und Stoma anlegen??

Beitrag von _Stephan »

Hallo Barnaby,

eine PN hatte ich dir ja schon geschrieben, danke nochmal für deine Ausführungen.
Nach fast 25 Jahren mit chronisch aktiver CU (bzw. 15 Jahre Pouchitis / Ileitis mit ähnliche Ausprägung) bin ich nun auch mit der Geduld am Ende.

Die vorübergehende Anlage eines Entlastungsstomas dürfte die richtige Wahl sein, um erst mal zu sehen, ob die Entzündung sich wirklich legt und die letzten 30...40 cm vom Dünndarm endlich ausheilen können. Dazu werde ich mich demnächst beraten lassen.
Anschließend wäre wahrscheinlich ein endständiges Stoma die vernünftigste Lösung, die Entzündung scheint bei mir eine Reaktion des Immunsystems auf bestimmte Darmbakterien oder deren Stoffwechselprodukte zu sein, denn unter den von dir genannten Antibiotika hatte ich auch immer die geringsten Beschwerden. Demnach ist es nach meiner Vorstellung der Stau am Ende des Dünndarms und die Vermehrung der Bakterien in diesem Bereich, was die Entzündung stets aufrecht erhält.
Mit Stoma wäre das unkritisch, da der freie Abfluß aus dem Dünndarm (wie es der Normalfall ist ohne Pouch) gewährleistet ist.

Nachdem ich lange Zeit Immunsuppressiva gemieden habe, weil ich auch so einigermaßen zurechtgekommen bin, wurden in den letzten Jahren Therapien mit Remicade, Entyvio, Azathioprin und Stelara durchgeführt, leider ohne Erfolg.
Auch eine Mikrobiomtherapie (Stuhltransplantation) mit verkapseltem Präparat zum Einnehmen an der Uniklinik Jena konnte keine Besserung bewirken.
Budesonid nehme ich seit 6 Jahren, meistens 2 x 3 mg am Tag, aber das kann die Entzündung ebenso wie Decortin nur etwas lindern.

Vor 4 Jahren hatte ich schon mal ähnliche Gedanken bezüglich Ileostoma. Allerdings habe ich da gleich an die endgültige Lösung gedacht, bei der das entzündete Dünndarmende mit entfernt würde und die Gefahr eines Kurzdarmsyndroms noch größer ist.
Ein zweiläufiges Stoma läßt erst mal einen Vergleich mit der bisherigen Lage zu, auch wenn es eine Operation mehr bedeutet.
Falls ich die OP durchführen lasse und mich dann damit eingelebt habe, melde ich mich wieder.

LG Stephan

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