Stoma-Angst

Psychologischen Aspekte im Zusammenhang mit CED.
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MizBoom
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Stoma-Angst

Beitrag von MizBoom »

Hallo zusammen.

Mir steht am 23.3. der Eingriff zum Ileostoma bevor. Und ich habe Angst. Ich bin sehr OP-erfahren, trotzdem habe ich Alpträume zum Thema (nicht vorbereitet, falsche Ärzte, ewiges Warten im Flur, Narkose wirkt nicht...).

Und ich habe Angst vor dem Stoma an sich. Ich bin ziemlich dick, was das Ganze nicht risikoärmer macht. Also fürchte ich mich konkret vor Komplikationen. Aber ich fürchte mich auch abstrakt vor dem Loch im Bauch, der Verletzlichkeit, der Peinlichkeit.

Kann mir einer von den Stomaten hier vielleicht ein paar Tips geben, wie ich diese Panik in den Griff bekomme, oder mir einfach erklären, warum das schon nicht so schlimm werden wird, wie ich befürchte?

Das wäre toll!
Liebe Grüße, MizBoom

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Susanne
Dauergast
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Re: Stoma-Angst

Beitrag von Susanne »

Hallo MizBoom,

bis jetzt hast Du noch keine Antworten erhalten, daher versuche ich es mal. Meine Stomazeit ist allerdings schon lange her und mein Stoma konnte zurück verlegt werden. Aber erinnern kann ich mich schon noch daran...

Also, erstmal zum ersten Absatz und Deinen Ängsten bezüglich der falschen Ärzte, ewiges Warten etc.. Nun, dies auszuloten bzw. eine Klinik zu finden, die sich mit der geplanten OP auskennt, liegt schon auch ein wenig in Deinem Entscheidungsbereich. Fühlst Du Dich gut aufgehoben? Gab es ausreichende Gespräche, bei denen Du alle Fragen stellen konntest, die Dir durch den Kopf gehen? Informationen können helfen, bestehende Ängste abzumildern. Du schreibst, dass Du sehr OP-erfahren bist. Gab es denn in diesem Zusammenhang Situationen, in denen die von Dir befürchteten Umstände eingetreten sind? Ich habe auch schon die eine oder andere OP hinter mir und bis auf eine einzige Ausnahme wurde ich nicht lange auf den Fluren stehen gelassen sondern bin direkt vom Zimmer in den OP-Vorraum gebracht worden. Und gewirkt hat die Narkose auch immer.

Auch ich war zur Zeit der Stomaanlage nicht ganz schlank. Ehrlich gesagt habe ich mir darüber überhaupt keine Gedanken gemacht. Ich habe den Ärzten vertraut, die mir sagten, dass wird schon alles so passen. Kurz vor der OP wurde der bestmögliche Ort an meinem rechten Unterbauch festgelegt, an dem das Stoma dann angelegt werden sollte. Ich hatte auch das nicht auf dem Schirm, aber die Frage, welche Kleidung ich vorrangig trage und ob dann das Stoma eventuell direkt unter dem Bündchen sitzt, wurden besprochen. Für mich war das ein Anzeichen dafür, dass die Leute in der Klinik auch damals schon wussten, was sie tun.

Vor welcher Verletzlichkeit fürchtest Du Dich? Dass das Stoma sehr empfindlich ist und Du immer aufpassen musst? Nun ja, auch das habe ich nicht so eng gesehen. Direkt nach der OP war ich natürlich sehr vorsichtig, aber das lies mit der Zeit nach. Ich war ca. 1,5 Jahre Stomaträgerin (doppelläufiges Ileostoma) und mit jedem Tag wurde der Umgang mit dem Stoma inklusive Versorgung für mich einfacher und normaler. Tatsächlich habe ich eine längere Zeit überlegt, ob ich mir das Stoma überhaupt wieder zurück verlegen lassen sollte. Meine Erfahrungen damit waren überwiegend positiv. Natürlich war es eine Umstellung. Aber dabei ist meiner Meinung nach auch immer wichtig zu beachten, aus welcher Situation heraus ein Stoma gelegt wird und zumindest in meinem Fall war es ein Riesenunterschied. Mit meinem Stoma hatte ich eine deutlich höhere Lebensqualität als vor der OP.

Peinlich war mit das Stoma nicht, aber ich hatte auch meine Schwierigkeiten damit, Außenstehenden davon zu erzählen. Da will ich auch keinen Hehl draus machen. Die Menschen in meinem Umfeld sind super damit umgegangen, allen voran mein damaliger Partner, mit dem ich zu dem Zeitpunkt erst kurz zusammen war. Für ihn war das Stoma kein Problem und damit kommt ein häufig angewandter Spruch zum Tragen: Wenn für den Partner das Stoma kein Problem ist, dann ist es auch kein Problem. Für mich war es schwerer, mir nicht so nahe stehenden Personen zu erklären, was ein Stoma überhaupt ist und warum ich nun auch so etwas habe. Aber wie gesagt, die ganze Situation ist schon lange her und ich war zu dem damaligen Zeitpunkt noch nicht so Lebenserfahren wir heute. Mittlerweile würde ich in Bezug auf diese Angelegenheit bestimmt deutlich gelassener reagieren.

Ein künstlicher Darmausgang, der gut versorgt wird und mit einer passenden Versorgung versehen ist, sollte eigentlich keinen Anlass zur Peinlichkeit bieten. Denn wenn alles dicht ist, riecht nichts und den allermeisten Menschen wird überhaupt nicht auffallen, dass Du ein Stoma hast.

Wie gesagt, meine Erfahrungen liegen schon einige Jahre zurück. Vielleicht meldet sich ja noch Jemand, der aktuellere Infos hat. Ansonsten gibt es ja auch noch Stomaforen, wo Du eventuell noch weitere Erfahrungsberichte erhalten kannst. Die ILCO gibt es - glaub ich - immer noch, dort könntest Du auch nachfragen.

Für Deine geplante OP wünsche ich Dir alles Gute und sende liebe Grüße,

Susanne

PS: weil ich es so schön finde: mit dem Partner von damals bin ich mittlerweile seit knapp 25 Jahren verheiratet :D . Und geheiratet habe ich noch während meiner Stomazeit. Auch das ist möglich und mein Stoma hat einer tollen Hochzeitsfeier nicht im Wege gestanden.
Und dann Elfmeterschießen: alle hatten die Hose voll, aber bei mir liefs ganz flüssig. Paul Breitner

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neptun
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Re: Stoma-Angst

Beitrag von neptun »

Hallo MizBoom,

ich habe kein Stoma, schreibe aber aus Mangel an Beiträgen auch einiges.

Du schreibst,
"Ich bin dort schon dreimal operiert, es wurden Medikamente und ein Beckenbodenschrittmacher versucht und jetzt bleibt nur noch ein Stoma."
Wenn daraus zu entnehmen ist, Du bekommst ein endständiges Stoma auf Dauer, dann wird wohl auch eine Kolektomie geplant sein?
Da wären dann einige Fragen zu beantworten für Dich.
Ist die Klink erfahren in der Kolektomie?
Welches Verfahren wird angewandt, wird also ein Bauchschnitt gemacht oder wird minimalinvasiv operiert?
Wird auch der Schließmuskel entfernt und das Rektum verschlossen?
Wie oft wurde solch Operation in entsprechender Klinik bereits gemacht?
Ist der Arzt wirklich versiert, ist es quasi sein tägliches Geschäft?

Vor der OP sollte ein erfahrener StomatherapeutIn die für Dich beste Stelle zur Anlage des Stomas am Bauch anzeichnen, damit auch wirklich dorthin der Ausgang gelegt wird.

Nach der OP wird man Dir helfen, die richtige und passende Versorgung zu finden. Man kann sich auch verschiedene Proben/Platten zuschicken lassen, wie hier berichtet wurde.

Dann ist noch die Frage, soll hinterher eine Anschlußheilbehandlung AHB stattfinden?
Die müßte von der Klinik initiiert werden und spätestens 14 Tage nach der Entlassung angetreten werden.
Schließlich wäre die Kolektomie keine kleine OP im Gegensatz zur alleinigen Anlage eines Stomas.

Als Klinik wären die Heuschens in Limburg sicher zu empfehlen. Neben Kolektomie sind dort auch Pouchanlagen tägliche Praxis, welche für Dich aufgrund mc und der vorangegangenen OP's keine Option ist.

Vielleicht schreibt Dir noch jemand mit Erfahrung.

LG Neptun

MizBoom
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Re: Stoma-Angst

Beitrag von MizBoom »

Danke Susanne und Neptun für die Antworten! Besonders Susanne Hochzeitsgeschichte hat mit Mut gemacht. Was für eine süße Geschichte!

Nochmal zum klarstellen: das, was ich im ersten Absatz geschrieben habe waren tatsächlich buchstäbliche Alpträume. Also nachts, im Traum. :lol:

Ich habe wohl schon schlechte OP-Erfahrungen gemacht, aber die Narkose hat noch jedesmal gewirkt...

Zu Neptun: ich hatte mehrere Analfissuren und -fisteln und habe darum chronische Schmerzen. Das Stoma ist jetzt als Entlastung geplant, um dem Bereich Ruhe zu geben von meinen 4-7 Stühlen am Tag. Also erstmal wird nichts entfernt.

Mittlerweile hat sich auch noch eine Chance mit einer Weiterbehandlung in Bamberg bei Prof Langhorst ergeben, das ist eine psychosomatische Klinik mit CED-Schwerpunkt. Das hilft mir auch schon weiter.

Susanne, du hast mir schon sehr geholfen. Ängste sind halt irrational, und deine logische Beschreibung setzt dem ein bisschen Realität entgegen, danke dafür!

Prinzipiell fühle ich mich auch in guten Händen, aber von Stomaberaterin hat bisher noch keiner gesprochen. die Ärztin meinte, das müsse medizinisch passen mit der Anlage, das würden die Chirurgen bestimmen. Vielleicht muss ich in der Klinik nochmal nachhalten, ob sie mit einer Stoma Beratung zusammen arbeiten. Wäre ja schon hilfreich.

Jetzt gehe ich nochmal ins Reha-Forum und schaue mich nach einer passenden Klinik dafür um.

Vielen Dank und viele Grüße,
MizBoom

gelöschter Benutzer

Re: Stoma-Angst

Beitrag von gelöschter Benutzer »

Hi MizBoom,

ich empfehle dir, mal hier im Forum im Unterforum "Begleiterkrankungen, PSC, Pouch und Stoma" zu stöbern

Sehr viel Interessantes uns Lesenswertes dabei.
Mir hat es damals sehr geholfen vor allem die Beiträge zu Happy mit Stoma.

Gruß Bernie

MizBoom
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Re: Stoma-Angst

Beitrag von MizBoom »

Vielen Dank, Bernie, das kam gerade richtig. Erst hatten sie meine OP wegen Corona abgesagt, aber jetzt werde ich Mittwoch doch operiert. Und schlafe nachts wieder nicht. Da kam Dein Hinweis auf den „Happy“ Thread gerade gut. Es wirkt schon! 🤗

gelöschter Benutzer

Re: Stoma-Angst

Beitrag von gelöschter Benutzer »

Also ist heute (Mittwoch) deine OP!

Von hier aus alles Gute und vermutlich hast Du die OP jetzt bereits hinter dir.

Die ersten Tage werden komisch sein aber sei versichert "es wird immer besser!" 8-)

Best wishes!
Bernie

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