Was kommt nach Entyvio?! Gibt es eine Alternative?

Austausch zu medizinischen Aspekten von Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und mikroskopischen Kolitiden.
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spieluhr97
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Was kommt nach Entyvio?! Gibt es eine Alternative?

Beitrag von spieluhr97 »

Hallo,

ich bin die Mutter eines 24jähriges Sohnes, bei dem mit 17 Jahren CU festgestellt wurde. Mein Sohn hat die Jahre über einen schweren Verlauf mit wenigen Ruhephasen. Sein Dickdarm ist komplett entzündet. In einem Bericht stand mal ein bestimmter Begriff drin, an den ich mich gerade leider nicht erinnere. Aber daraus ging hervor, dass die Colitis etwas weiter geschritten ist (so meine ich stand es da geschrieben).

An Medikamenten hat er eigentlich alles durch, was so "auf dem Markt" ist. Zwischendurch immer wieder Prednisolon. Vor einiger Zeit bekam er Remsima, welches mit Beginn von Corona abgesetzt wurde, da mein Sohn sich unter der Gabe von Remsima aufgrund des schlechten Immunsystems so ziemlich alles eingefangen hat, was "rumfliegt" (und die Gefahre, dass er sich mit Corona ansteckt, recht groß war). Sein Arzt riet ihm dazu, Remsima abzusetzen und statt dessen Entyvio zu testen. Nun bekommt er seit Mitte des letzten Jahres Entyvio, welches ihm bis vor zwei - drei Monaten recht gut geholfen hat. Er bekommt alles zwei Wochen eine Dosis über den Pen. Leider kamen die Beschwerden vor einiger Zeit voll zurück. Nun bekommt er aufgrund des heftigen Schubs wieder Prednisolon, welches ausgeschlichen wird.

Lt. seinem behandelnden Arzt gibt es nach Entyvio nicht mehr viel, was meinem Sohn helfen könnte. Es gibt wohl noch ein Medikament, welches oral verabreicht wird, aber sein Arzt (und auch andere Ärzte) den Patienten nicht gern verschreibt, da die Gefahr von Thrombosen extrem hoch ist. Ich als seine Mama mache mir große Sorgen und deshalb melde ich mich hier im Forum. Hat vielleicht bei irgendjemanden von euch die Wirkung von Entyvio auch nachgelassen? Und wenn ja, welche Medikamente habt ihr danach bekommen? Hattet ihr andere Alternativen? Mir hat jemand gesagt, dass dann eine OP nicht mehr weit weg ist, aber mein Sohn ist doch noch so jung...

Er wird jetzt noch ernährungstechnisch versuchen, etwas zu ändern und eine Ernährungsberatung besuchen. Evtl. lässt sich ja damit eine Verbesserung erreichen.

Es wäre toll, wenn sich jemand melden würde, der mir vielleicht weiterhelfen kann oder der ähnliches erlebt hat. Bin gerade sehr verzweifelt.

Liebe Grüße und Danke

Leinelchi
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Re: Was kommt nach Entyvio?! Gibt es eine Alternative?

Beitrag von Leinelchi »

Hallo,

bei mir hat Entyvio nicht gewirkt und ich hatte zu viele Nebenwirkungen. Derzeit nehme ich Budesonid. Nun werde ich auf Stelara umgestellt. Das sind nach der Aufdosierung mit Infusion auch Pens.
Bei mir MC dauerhaft aktiv und cortisonabhängig.

Alles Gute
Leinelchi

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neptun
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Re: Was kommt nach Entyvio?! Gibt es eine Alternative?

Beitrag von neptun »

Hallo Spieluhr,

Du meinst wahrscheinlich eine Back-wash-Ileitis? Die ist definitionsgemäß eine cu, auch wenn sie im terminalen Ileum zusätzlich auftritt.
Wobei dann auch die Diagnose sich später noch mal ändern kann in mc, denn der kann zusätzlich auch im gesamten Dickdarm auftreten.

Wegen der Wirkung von Entyvio, die ja ziemlich zeitverzögert eintreten soll, wurde denn der Talspiegel bestimmt und der Antikörpertiter? Denn es wäre ja gut, man hat einen Grund für die Wirkungslosigkeit.

Remsima hätte wegen Corona nicht abgesetzt werden müssen. Die häufigen Infektionen können aber eine Nebenwirkung des Infliximab sein.

Als Behandlungsoption der 2. Stufe wären z.B. Azathioprin oder Purinethol, als der eigentliche Wirkstoff möglich. Es wäre leitliniengerecht und viele Betroffene nehmen eines dieser Medikamente.

Dann gäbe es noch in der 3. Behandlungsstufe weitere TNF-alpha-Hemmer wie Humira ud Simponi. Dazu Stelara als Interleukininhibitor und Xeljanz als Januskinasehemmer. Letzteres meist Du wahrscheinlich mit der Tablette.

Bekommt Dein Sohn denn leitliniengemäß das Prednisolon mit einer Anfangsdosierung von 1mg je kg Körpergewicht? Ein niedriger Einstieg wäre vermutlich Flickwerk. Und es muß mit System über lange Zeit ausgeschlichen werden.

Wenn Ihr über die Ernährung etwas tun wollt, für Kinder gibt es die mehrwöchige Einnahme von Astronautenkost (Fresubin, Modulen) als Therapie, wodurch der Dickdarm dann entlastet wird, weil es keine Ballaststoffe darin gibt, alles schon im Dünndarm aufgenommen wird. Vielleicht ein Denkanstoß.

Hier noch der Link zur Leitlinie cu.
http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/021-009.html

LG Neptun

spieluhr97
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Re: Was kommt nach Entyvio?! Gibt es eine Alternative?

Beitrag von spieluhr97 »

Hallo Neptun,

ja genau, in dem Bericht Stand Back-wash-Ileitis. Es ist alles sehr schwierig....und ich kenne mich nicht wirklich aus, obwohl ich in den vergangenen Jahren schon einiges dazu gelernt habe.

Deine Nachricht werde ich mir nochmal genauer vornehmen. Viele deiner Begriffe kenne ich gar nicht. Talspiegel und Antikörpertiter habe ich noch nie gehört, werde mich aber schlau machen und auch die von dir angefügte Leitlinie ausdrucken und lesen. Das einzige, was immer überprüft wird (wenn die CU wieder so akut ist), ist der Calprotectinwert, der schon oft sehr hoch war.

Mein Sohn war vor einigen Jahren mal bei einer Ernährungsberaterin, das hatte ihm damals nicht viel geholfen. Nun würde er gern nochmal probieren, ob er mit der Ernährung etwas verändern kann. Er ist ja nun auch mit 24 Jahren schon etwas älter. Sein Arzt stellt aber kein Rezept/Attest mehr aus. Hat er einmal gemacht und mehr gibt es nicht. Würde Probleme mit der Krankenkasse geben war die Auskunft. Nun versuchen wir es beim Hausarzt, der uns aber wieder sicher an den Facharzt verweisen wird. Schwierig, wenn man dann an solche Grenzen stößt.

Azathioprin hat mein Sohn früher schon mal genommen. Das hat ihm auch eine Weile gut geholfen. Vielleicht wäre es ja eine Alternative.

Prednisolon hat er nicht anhand seines Gewichtes bekommen, der Einstieg war tatsächlich niedriger. Wir waren nur erstmal wieder froh, dass es ihm hilft und es ihm im Ganzen erstmal wieder besser geht. Er hat mit 60mg angefangen (er wiegt schon etwas mehr als 60 kg ;-)) und ist jetzt bei 40mg. Er wird in 10er Schritten runtergehen, dann in 5er. Wann die 5er Schritte beginnen, weiß ich gerade nicht genau.

Ich habe schon oft deine Beiträge gelesen und bedanke mich für deine Antwort.

LG Spieluhr

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neptun
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Re: Was kommt nach Entyvio?! Gibt es eine Alternative?

Beitrag von neptun »

Hallo Spieluhr,

gerne. :)

Der Körper kann das Medikament schneller abbauen und dann wäre der wirksame Talspiegel möglicherweise zu niedrig. Oder es werden Antikörper gebildet, die das Medikament unwirksam machen.

Zum Calprotectinwert haben wir hier mehrere Threads und etliche Beiträge, wo es sehr viele Ungereimtheiten gibt in Bezug auf die Symptome und Beschwerden, teils sogar auch mit den Ergebnissen von Kolos, weil sie einfach nicht zu den Werten passen. Das geht leider dann auch in beide Richtungen.

Was aber sicher ist, es gibt Betroffene mit starker Entzündung, die subjektiv aber wenig Einschränkungen haben und eben umgekehrt.

Was hat denn Dein Sohn an Symptomen und Beschwerden aktuell, welche zum Einsatz von Prednisolon führten?
Also Anzahl Stühle, Stuhldrang, Konsistenz, Tenesmen, also Schmerzen kurz vor dem Stuhlgang, die dann wieder verschwinden, Blut am Stuhl oder auch nur Blutpropfen, anderweitige Schmerzen, Ort dieser Schmerzen?

Hier mal ein Thread über das Ausschleichen von Cortison und er enthält auch einige weitere Infos rund um die CED.
viewtopic.php?f=3&t=181

Der Dickdarm entwässert eigentlich nur den Stuhl und entzieht im Salze. Daher findet man auch quasi nichts an evaluierten Studien zur Ernährung. Die spielt sich im Dünndarm ab, weshalb dieeser lebenswichtig ist. Auf den Dickdarm kann man notfalls verzichten, z.B. durch Kolektomie.

Man kann ihn aber entlasten, was eine mögliche Heilung der Darmschleimhaut unterstützt.

LG Neptun

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curio
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Re: Was kommt nach Entyvio?! Gibt es eine Alternative?

Beitrag von curio »

spieluhr97 hat geschrieben:
Mi 21. Apr 2021, 13:45
Nun bekommt er seit Mitte des letzten Jahres Entyvio, welches ihm bis vor zwei - drei Monaten recht gut geholfen hat. Er bekommt alles zwei Wochen eine Dosis über den Pen. Leider kamen die Beschwerden vor einiger Zeit voll zurück. Nun bekommt er aufgrund des heftigen Schubs wieder Prednisolon, welches ausgeschlichen wird.
Hallo Spieluhr,

bevor ihr das Entyvio frühzeitig aufgebt: hat dein Sohn Entyvio bisher nur über den Pen bekommen oder evtl. vorher auch als Infusion?

Bei der Pen-Variante wird der subkutan verabreichte Wirkstoff über einen längeren Zeitraum vom Körper aufgenommen & sorgt so für einen recht gleichmäßigen Wirkspiegel. Demgegenüber steht die Gabe per Infusion:
Hierbei gelangt die volle Wirkstoffmenge sofort ins Blut, was für einen hohen Wirkspiegel sorgt, der sich dann zunehmend bis zur nächsten Infusion wieder abbaut. Diese Art der Verabreichung kann wegen den regelmäßigen Spitzen im Wirkspiegel Vorteile gegenüber den Pens haben. Patienten können unterschiedlich auf beide Varianten reagieren: bei meinem Gastro z.Bsp. gab es bereits einige Patienten die von den Pens wieder zurück zur Infusion gewechselt sind.

Hinzu kommt, dass man bei der Infusion das Intervall auf bis zu 4 Wochen verkürzen kann, was den Wirkspiegel nochmals erhöht (Pens: 216mg/4 Wochen; Infusion: 300mg/4 Wochen). Das kann natürlich auch für mehr Nebenwirkungen sorgen, aber die sind in den Griff zu kriegen.
Ich habe selbst eine Zeit lang Entyvio alle 4 Wochen intravenös bekommen und nur eine etwas erhöhte Infektanfälligkeit bemerkt. Durch regelmäßige Nasenduschen mit Emser-Salzen konnte ich das aber wieder auf Normalniveau runter drücken.

Da ich in deinen Beiträgen bisher nichts von Mesalazin gelesen habe: nimmt dein Sohn Mesalazin als Standardmedikation?
Bei schweren Schüben kann man auch schon mal mehr als die max. empfohlenen 3g/Tag einnehmen & zusätzlich kann man es noch mit Mesalazin-Klysmen versuchen. Das kann auch schon für eine Linderung der Beschwerden sorgen (Tipp: auch in Remission immer Mesalazin-Klysmen vorrätig halten, dann kann man sofort reagieren, wenn es mal knallt).
Bei Mesalazinunverträglichkeit (selten, aber kommt vor) könnte man stattdessen auch Mutaflor einnehmen.

Ansonsten natürlich alles was dir Neptun bereits geschrieben hat. ;)



Liebe Grüße,
curio

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