Hallo Elfe,
ich gehörte auch jahrelang zu den EM-Rentnern. Nun bin ich Rentner.
Nach meinem Antrag im Frühjahr 2004 ging mein Verfahren bis vor das SG und dann bekam ich im Herbst 2006 rückwirkend die volle EM-Rente auf unbestimmte Zeit zuerkannt.
So war es also 2 1/2 Jahre früher mit einem schweren Schub und anschließender dauerhafter AU im März mein letzter Arbeitstag. Zu dem Zeitpunkt war mir dies noch nicht bewußt.
Wie Du aber auch, mit der Zeit hat man sich schon etwas eingewöhnt in diese Zeit ohne Berufstätigkeit.
Ich bin dann ab Ende 2005 hier in das Forum eingestiegen.
Überprüft wurde ich nicht mehr, wahrscheinlich, weil ich vor Gericht gewann. Normal gibt es nach meiner Information bis zum 55. Lebensjahr die Zusendung von Überprüfungsbögen. Arbeitet man nicht nebenbei, es dürfte eher ein Selbstgänger sein, denn es müßte zumindest eine wesentliche Besserung von Seiten der Rentenversicherung nachzuweisen sein Und dann bliebe noch der Weg durch die Instanzen, während dessen die EM-Rente auch weiter gezahlt werden muß.
Ob Dein Arbeitsverhältnis wirklich endet, es ist eine Frage des Arbeitsvertrages, der Tarifverträge, der Betriebsvereinbarungen. Ich weiß nicht, wie es im öffentlichen Dienst ist.
Ich hatte mal einen Betrag im Bauchredner veröffentlicht zu Deinem Problem.
Ob er Dir hilft? Ich stelle ihn hier noch mal ein.
LG Neptun
Leben in langer Zeit der Arbeitsunfähigkeit oder als Erwerbsminderungsrentner
Wenn plötzlich der Arbeitsalltag durch lange Zeit der Arbeitsunfähigkeit wegfällt, man in Arbeitslosigkeit gedrängt wird durch Fehlzeiten, oder in EM-Rente gehen muß, welche Folgen ergeben sich daraus für die Betroffenen?
Sehr schnell ist man raus aus dem Arbeitsleben. Die anderen kommen ohne einen klar. Sie müssen. Vermißt wird man nur kurze Zeit. Somit gibt es zumeist wohl noch kurzfristig Nachfragen zum Befinden, wann man wieder kommen wird. Dann wird es ruhig.
Was häufig nicht thematisiert wird, was aber bedacht sein soll, besonders, wenn man wieder ins Arbeitsleben einsteigen will oder muß nach einiger Zeit, man gewöhnt sich an den arbeitslosen Zustand sehr schnell. Ohne Arbeit gibt es weder die tägliche Routine noch hat man den gewohnten Rhythmus des Tages. Dieser wird voraussichtlich ein anderer.
Das geht auch Rentnern so, wenn sie aus dem Arbeitsleben ausgeschieden sind. Nur können die sich darauf vorbereiten über längere Zeit, da der Termin fest steht.
Was ist aber mit CED-Betroffenen? Da kommt es ganz plötzlich zum Bruch. Von einem Tag zum anderen findet man sich in Arbeitsunfähigkeit über Monate. Daraus kann eine lange Zeit der Beantragung einer EM-Rente, mit Widerspruchs- und Klageverfahren werden. Die mag wie ein Damoklesschwert über einem schweben mit Unsicherheit und Ängsten. Und möglicherweise war es sogar der letzte Tag im Arbeitsleben, wie es mir passiert ist.
Auch wenn es eine zeitlich befristete Rente ist, man wird seine Einschränkungen durch die Erkrankung haben, kann nicht alles tun und zu jeder Zeit.
Dazu kommt, wahrscheinlich in jedem Lebensalter, daß man auch finanziell nicht die gleichen Möglichkeiten wie ein Altrentner hat, die Zeit zu gestalten.
Es ist eben kein Urlaub, dauert länger, hat ganze Tage voll von Alltäglichem, soll erlebt und bewältigt werden, möglichst ausgefüllt sein und ohne Langeweile. Ohne das Gefühl, etwas versäumt zu haben. Freude soll das Leben machen, aber das Gegenteil scheint für viele Betroffene vor der Tür zu stehen.
Oft wird berichtet, man weiß nichts mit sich anzufangen. Die Decke fällt einem auf den Kopf. Die Tage sind grau, sie vergehen und nichts geschieht, nichts bessert sich. Die Gedanken kreisen um die Erkrankung, um die Symptome und Beschwerden. Wer dazu neigt, das Gedankenkarussell dreht sich immer schneller und Aussteigen funktioniert nicht. Abwechslung bietet allenfalls der Gang zum Arzt. Welch Perspektive. So verlassen Betroffene dann fast gar nicht mehr die Wohnung, igeln sich ein. Der häufig vorhandene Stuhldrang oder auch schon die Ängste davor tun ihr Übriges.
Wer aus dem Verlauf der Erkrankung folgert, es sei sein persönliches Versagen, seine Niederlage, der hat zusätzlich ein großes Problem, denn er zweifelt an sich, gibt sich die Schuld. Dabei kann niemand der CED und ihrer Ausprägung davon laufen.
Was kann folgen? Man fühlt sich nutzlos, alles erscheint sinnlos. Man wird mutlos, fällt in ein emotionales Loch, gibt sich auf. So ist man wohl auf dem besten Wege in die Depression. Da geht es schnell nicht mehr darum, daß die betroffene Person nicht mehr will, sondern es geht schlicht um das nicht mehr Können.
Schließlich werden in jungen Jahren plötzlich die ganzen Hoffnungen in die Zukunft zumindest erst mal über den Haufen geworfen. Alle Felle schwimmen einem weg. Die Ausbildung wird vielleicht nicht mehr abgeschlossen, ein Studium unterbrochen, der Ausbildungsbetrieb sieht keine Perspektive für einen erfolgreichen Abschluß.
Muß man möglicherweise weiter im Elternhaus leben, kann nicht selbständig werden und auf eigenen Füßen stehen? Oder muß man sogar zurückziehen?
Wer bereits weiter im Leben steht, der sorgt sich um die Familie, das Haus, die Wohnung. Oder auch um die Arbeitsstelle, die einen vielleicht wieder in Jahren aufnehmen soll, wenn man überhaupt dazu das Glück hat, nach einer befristeten EM-Rente wieder ins Arbeitsleben zurückkehren zu können. Und wie ist es, wenn plötzlich beide Partner zu Hause sind, oder die Berufstätigkeit auf den anderen Partner wechselt?
Man braucht sinnvolle Beschäftigung. Kein Hobby kann alle Tage ausfüllen und schon gar nicht über lange Zeit. Auch die Hausarbeit reicht da nicht. Jeder muß den eigenen Weg finden. Nach seinen Möglichkeiten, seinen Neigungen. Das erfordert die Reflexion, wie sich die Situation darstellen wird, welche Fähigkeiten man hat, welche Perspektiven man sieht. Die Auseinandersetzung muß erfolgen, damit sich ein Bild runden kann.
Wo und wie kommt man in leichte Gespräche, kann Gedankenaustausch pflegen, bekommt Lob, Anerkennung, Bestätigung, damit das Selbstwertgefühl nicht sinkt?
Man braucht einen geregelten Tagesablauf. Wer die Nacht zum Tage macht und immer später den Tag erst beginnt, der entfernt sich weiter von der Normalität. Es wird immer schwerer, sie aufrecht zu erhalten und Zurückkehren, das kann zur Illusion werden. Man hat Aufgaben und Verpflichtungen und die darf man nicht vernachlässigen. Man darf sich selbst nicht vernachlässigen.
Wie kommt man zur Vernachlässigung? Durch soziale Isolation. Es gibt nur wenige Kontakte, keinen Ansporn. Wenn man dann noch allein lebt, steht die Vereinsamung ins Haus. Wie auch bei älteren Menschen ohne den Austausch, die Zuwendung und das Kümmern der Familie. Der Freundeskreis schrumpft. Alle haben mit sich, ihrer Familie, dem Beruf zu tun. Die wenige Freizeit wird individuell erlebt.
Man selbst hat immer Zeit und steht außen vor. Alles muß durch einen selbst initiiert werden. Gleichbetroffene findet man kaum, denn wer ist in jungen oder auch mittleren Jahren schon draußen, außerhalb der arbeitenden Bevölkerung?
Das sind wohl nur die Langzeitarbeitslosen, die plötzlich und unverschuldet in die mißliche Lage kamen. Zu deren Situation es nach meiner Ansicht sehr viele Parallelen gibt. Kommt man in diese Situation, sie öffnet die Augen für die Probleme dieser Menschen, weil es die eigenen geworden sind.
Man kann Ängste entwickeln vor dem Beruf, vor der Arbeitsstelle. Unsicherheit macht sich breit, wenn der Termin des Wiedereinstiegs naht. Was erwartet einen? Wie wird man aufgenommen von Vorgesetzten und Kollegen? Was hat sich verändert? Wird man den Anforderungen gerecht? Macht sich die CED nicht wieder schnell bemerkbar, wenn die Belastung kommt, der Streßpegel steigt? Bei neuen Arbeitsstellen und nach Umschulung wird es wohl noch schwieriger.
Ein Antrag auf Erwerbsminderungsrente sollte immer ernsthaft erwogen werden. Dazu braucht es den Ratschlag des behandelnden Arztes, wie die Möglichkeiten der weiteren Behandlung aussehen, wie die Perspektive zur Besserung der Gesundheitssituation gesehen wird, welche Einschränkungen wohl dauerhaft bleiben werden. Die Antragsteller müssen sich Gedanken machen, was sie wirklich erwartet. Es ist eine wesentliche Entscheidung, weil die Situation existentiell ist, psychisch und finanziell.
Mit den geschilderten Problemen sollte jeder Betroffene überlegen, welche medizinische Intervention er noch ergreifen will, um die Gesundheitssituation zu verbessern, die Erwerbsminderung abzuwenden.
Neptun